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Reisetipps Falun: Die schwedische Provinz Dalarna entdeckt man am besten auf Kufen

Falun, Schweden
Präperierte Strecken zieren die Seen rund um Falun und laden zu ausgiebigen Touren auf Schlittschuhen ein
© PR
On the Rocks! Die Seen rund um die mittelschwedische Provinzhauptstadt wandeln sich jetzt zu Eisbahnen. Das ideale Revier für Touren auf Langstreckenschlittschuhen

Inhaltsverzeichnis

Vom Schnee befreite Eisbänder, an die zehn Meter breit, kurven in die weisse Weite hinaus. Vorbei an Felsnasen, die in den See ragen, umkreisen sie von Birken bestandene Inselchen und führen zu Buchten, in denen froststarres Schilf in der Sonne leuchtet. An den Ufern dösen rostrote Sommerhäuser im Winterschlaf. Luchse haben ihre Spuren im Schnee hinterlassen.

Unter mir schnurrt die Strecke dahin. Schlittschuhkufen haben filigrane Ornamente ins Eis gezeichnet, die sich mit windverwischten Schneeflecken zu einer dahinhuschenden Kalligrafie verbinden. Das Endlosvideo unter mir wird begleitet von Knarzen, Schrappen und Gnubbern – einem Soundtrack, den die Schlittschuhschienen dem Resonanzraum des Sees entlocken. Nur ab und zu erscheint ein Riss, der meine Aufmerksamkeit fordert und mich aus dem quasi meditativen Zustand reist. Seit sechs Jahrzehnten treibe ich mich als Eishockeyspieler auf Kunsteisbahnen herum. Aber seit ich in der mittelschwedischen Provinz Dalarna unterwegs bin, weiß ich: Das wahre Schlittschuhlaufen gibt es nur hier. Die Seen rund um die Provinzhauptstadt Falun, deren Bergwerke, Industriereviere und Arbeitersiedlungen zum UNESCO-Weltkulturerbe gehören, verwandeln sich im Winter in ein Schlittschuhparadies, wie es weltweit vermutlich kein zweites gibt.

Falun, Schweden
Tief verschneit können die Straßen von Falun den ganzen Winter über sein
© mauritius images / Johner

Die ersten Schritte waren allerdings verblüffend unsicher. Irgendetwas ging da einfach zu schnell. Vielleicht lag es am Eis: raue, knirschende, knallharte Natur. Vielleicht an den Skates: superlange Stahlschienen, nur vier Zentimeter hoch, direkt unter die Langlaufschuhe geklickt. Ich brauche einen halben Kilometer, um warm und locker zu werden. In den Knien federn, lange Wiegeschritte ausfahren. Lässig und fokussiert zugleich.

Jan Ola schaut sich zu mir um und nickt. Geht doch. Er, 72, und Sportsfreund Tommy, 70, sind von November bis März fast täglich unterwegs. Die beiden Schweden präparieren Eislaufpisten. Mit Schneepflügen, Eishobeln und Bürsten schaffen sie und andere Freiwillige ein Streckennetz, das allein auf seinem größten See Runn 50 Kilometer misst.

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In den ersten drei Stunden, in denen ich rund 25 Kilometer auf Kufen zurücklege, begegne ich nur einer Handvoll Menschen. Das sieht am großen Runn-See anders aus. In Kompaniestärke lasten Holländer das Resort Främby Udde aus. Zwei schwedische Brüder haben die auf einer Halbinsel liegende Fabrikantenvilla von 1897 renoviert und das Anwesen mit gut 40 kuscheligen Ferienhütten bestückt. Kurz darauf stieß der Deutsch-Holländer Christian van Dartel dazu und hatte ein Problem im Gepäck: Die Landsleute in Friesland hatten seit den 90er-Jahren ihr legendäres, 200-Kilometer-Schlittschuhrennen "Elfstedentocht" nicht mehr austragen können, weil wegen des Klimawandels die Grachten nicht mehr zufroren. Van Dartel bewog die Schweden, Schnee zu schieben. Bis dahin nämlich waren diese nur von See zu See gezogen und dort gelaufen, wo der Wind das Eis frei gefegt hatte. Präparierte Pisten kannten sie nicht. Mittlerweile veranstaltet van Dartel jährlich im Februar die "Runn Winter Week", Rennen für Profis und Amateure. "Das Beste ist, dass du auf den breiten Pisten entspannt nebeneinander laufen und dich unterhalten kannst. Der Sport hier ist eine sehr soziale Angelegenheit", sagt der Veranstalter. Geht er selbst an den Start? Da muss van Dartel passen: "Ich bin kein guter Schlittschuhläufer. Ich bin ja nur ein halber Holländer."

Falun. Schweden
Malerisch auf einer Halbinsel gelegen und in Falun-Rot: das Resort Främby Udde
© PR

Was es in Falun zu entdecken gibt

Rumms! schon wieder knalle ich in dem niedrigen Stollen mit dem kopf unter das Hangende, das Gestein oberhalb der Lagerstätte. Und bin dankbar für die Helmpflicht in der Erzgrube Stora Kopparberg. Es ist duster, weshalb mir einleuchtet, dass die Kumpel ordentlich bechern mussten, wenn sie nach der Schicht ans Tageslicht kamen. Im 17. Jahrhundert deckte die Kupferproduktion aus Falun zwei Drittel des Weltbedarfs und ließ Schweden zur Großmacht aufsteigen. Des Landes hochgelehrter Tourist Carl von Linné notierte 1734: "Alle Beschreibungen der Hölle hat man hier vor Augen." Die Mine liegt seit 1992 still. Der Besuch ist so lohnend und sicher, dass sich selbst König Carl XVI. Gustav schon mit goldenem Graffito an einer Höhlenwand verewigt hat. Vor 200 Jahren pflegten die Knappen ihren täglichen Anspruch auf vier Liter Bier auszuschöpfen. Bergmannswitwen erwarben mit dem Verlust des Ernährers das Recht, einen Ausschank zu eröffnen, um über die Runden zu kommen. Die Arbeitsbedingungen und der Suff trieben die Kumpels zum Aufruhr. Die Bergwerksherren verboten Waffenbesitz – bis auf ein Brotmesser pro Mann – und riefen ein prägendes Element schwedischen Alltags ins Leben: Systembolaget, das staatliche Alkoholmonopol (www.falugruva.se).

Heute wird das Volk über die Preise zur Vernunft gebracht. Für vier Liter Bier wären in der ansonsten empfehlenswerten Gastronomie von Falun umgerechnet 80 Euro hinzublättern. Die auf Schlacke gebauten engen Bergarbeiterquartiere im Ortsteil Elsborg, durch deren feuchtes Elend einst die Schwefeldioxidschwaden der Kupferrösterei zogen, wurden in ein Idyll für Besserverdienende umgewandelt. Die schmucken Holzhäuschen sind natürlich in Faluröd gestrichen. Die ikonische Holzschutzfarbe wird als aktives Relikt des Bergbaus noch immer aus Kupfererz und Eisenoxidpigmenten hergestellt. Heimat von Rot und Verbot: Falun verdient es, als Schwedens schwedischste Stadt bezeichnet zu werden.

Was Sie in Falun nicht verpassen sollten

Das jährliche Highlight auf dem See Runn ist das 200-Kilometer-Rennen für Profis und Amateure (www.runnwinterweek.se). Die Doppelskischanze im Sportpark Lugnet, einem Komplex mit Trainings- und Wettkampfstätten für rund 60 Sportarten, war mehrfach Austragungsort der Nordischen Skiweltmeisterschaften. Eissportfreunde sollten unbedingt dem Bandy-Team von Falu BS beim Training zusehen (www.falubs.com). Wer das Dalarnas Museum besucht, versteht, wie schwedisches Design und Mode in der Volkskunst verwurzelt sind. Zu sehen sind lokale Malerei, Inneneinrichtungen, Textilien – und die rekonstruierte Bibliothek der Schriftstellerin Selma Lagerlöf, die etliche Jahre in Falun zubrachte (www.dalarnasmuseum.se).

Gute Restaurants und Unterkünfte in Falun

Köttbullar oder Heringshappen? Weder noch. Im Smak, dem Gewölbe nahe der Kristine Kyrka, sind Tapas die Spezialität der Küche, die lokale Produkte mit mediterranem Touch verarbeitet. Banken: In den Räumen einer ehemaligen Bank wird gegen gehobene Gebühren aufgetischt. Zum Beispiel Halmstad-Hummer oder erstklassiges Steinbuttfilet. In den geräumigen Zimmern des Hotels Bergmästarenin der Innenstadt kollaboriert schwedische Gediegenheit mit sicherem Stilgefühl. Im Preis sind Frühstück und ein ordentliches Dinnerbuffet enthalten (DZ/HP ab 130 €). Rund 40 Selbstversorgerhütten bilden das Resort Främby Udde am See Runn. Die ideale Homebase für Schlittschuhläufer, die ihre Langlaufkufen direkt am Steg unterschnallen und zu Tagestouren über die Seenlandschaft rund um Falun starten können (DZ ab 109 €, Hütte/Woche rund 1200 €).

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