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Radtour im Ostallgäu So erobern Sie Schloss Neuschwanstein per Rad

Neuschwantsein
© Vojtech Herout / Fotolia
Radeln im alpinen Süden ist zu anstrengend? Nicht unbedingt: Mit eingebautem Rückenwind und Blick auf Bilderbuchpanoramen radelte unsere Autorin durch die mehrfach prämierte Rad-Reise-Region um Neuschwanstein. Darum lohnt sich der Ausflug per Rad

Zum Soundtrack aus Glockenläuten und Schafblöken sause ich durch Bergwiesen. Hahnenfuß, Schleierkraut und Klee verwischen zu gelb-weiß-violetten Pinselstrichen auf grasgrünem Grund. Mit dem E-Bike rolle ich über die Wellen des Ostallgäus, hinter denen sich die rauen Wände des Ammergebirges und der Tannheimer Berge erheben. Seit Herbst 2016 ist die auch Schlosspark genannte Region rund um Neuschwanstein und Hohenschwangau offiziell ein Radlerparadies: Als eine der ersten vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC) zertifizierte Rad-Reise-Region mit elf Themenrouten und dem 219 Kilometer langen Fernradweg Schlosspark-Radrunde. Die ist mit fünf ADFC-Sternen prämiert für ihre Befahrbarkeit, Wegweisung und Routenführung. Auf vier Etappen zwischen 40 und 50 Kilometern sehe ich mir das Radelrevier mal genauer an.

Entdeckungen auf der Schlosspark-Radrunde

Von Gennach bis in den alpinen Süden um Füssen und Fronten zeigt die Schlosspark-Radrunde alle Facetten der gletschergeformten Landschaft, deren Hügel mein E-Bike einfach glatt bügelt. Es geht an Fichtenwäldern, Seen, Mooren vorbei, und die lockere Beinarbeit wird auch bei der Etappe von Stötten nach Halblech immer wieder mit Alpenpanoramen belohnt. Zum Verschnaufen zieht es mich auf den Oberen Lechsee. Vom Dorf Lechbruck aus fährt im Sommer zweimal wöchentlich ein traditionelles Holz- floß über das blaugrüne Wasser des Lechs. Männer in Lederhosen, einer mit Pfeife im Mundwinkel, steuern das breite Gefährt, während Bürgermeister Helmut Angl erzählt, wie schon im Mittelalter bis Anfang des 20. Jahrhunderts auf dem Lech die Waren per Floß transportiert wurden und dass früher die Flößerei als Haupterwerb in Lechbruck galt.

Die Stille und Demut des spiegelglatten Sees sucht man an der Wieskirche in Steingaden meist vergeblich. Als Wallfahrtsort und eine der schönsten Rokoko-Kirchen Bayerns ist sie UNESCO- Weltkulturerbe, das pompöse Innere wird deshalb von Selfie-Stangen und Wanderstöcken bevölkert. "Man sagt, die Wieskirche sei das McDonald’s der Kultur: schnell hin, schnell konsumieren, schnell wieder weg." Bei seinen Worten lachen Reinhard Walks Augen hinter der rahmenlosen Brille. Er weiß, wie man es besser macht: genießen statt schlingen. Walk betreute die Zertifizierung der Radstrecken. "Damit ist das Ostallgäu Vorreiter. Wir haben hier ein hohes Qualitätsbewusst- sein entwickelt." Einzige Gefahr: vom Weg abzukommen, wenn sich der Blick in der Heidi-Szenerie verliert.

Wieskirche
Die Wieskirche in Steingaden (Hintergrund) ist Wallfahrtsort, UNESCO-Welterbe und eine der schönsten Rokoko-Kirchen Bayerns.
© Hans Bernhard Huber/Laif

Himmlische Ziele im Ostallgäu

Der draht zum Himmel scheint hier besonders kurz. Das zeigt auch die Klosterrunde der Rad-Reise-Region, die von Irsee einen rund 50 Kilometer langen Kreis über Kaufbeuren beschreibt. Dort steht eines der wenigen Kloster ohne Nachwuchsproblem. Woran das liegt? "Ganz ehrlich, ich weiß es nicht!", sagt Schwester Daniela. Ihr Zuhause, das Crescentia-Kloster, befindet sich inmitten der Kaufbeurer Altstadt. Fast jedes Jahr tritt den Franziskanerinnen eine Nonne bei. Als ich mit der 35-jährigen Schwester den treppenförmigen Klosterberggarten erklimme, wo Kinder zwischen Beeten spielen, Einheimische rasten und wir den Logenblick auf die Pastellfassaden ihrer Heimatstadt genießen, verstehe ich, warum es Menschen hierherzieht.

Königlicher Abstecher auf das Schloss Neuschwanstein

Spätestens nach den letzten 240 Höhenmetern preise ich den wie eine Katze schnurrenden Akku, der mich sicher wie Papas Hand am Rücken zur Falkenstein-Burg hinaufschiebt. Der kurze Abstecher zur Burgen- und Schlösserrunde ist buchstäblich der Höhepunkt meiner Tour: Das Alpenvorland erstreckt sich bis zum Horizont, Pfronten liegt mir zu Füßen, als geschliffener Türkis strahlt der Forgensee. Ein Alphorn erschallt. Manchmal ist Bayern wie Bayernwerbung. Ich glaube nicht, dass ich mich erhabener fühlen könnte. Bis ich am nächsten Tag mit einer Schar Chinesen in 30 Minuten durch Neuschwanstein geschleust werde. Ludwigs Märchenschloss ist die Wartezeit wert. Schloss Hohenschwangau, das Museum der Bayerischen Könige, vertieft das Wissen. Aber schon bald zieht es mich zurück auf den Sattel – wer braucht schon einen Thron?

Essen und Schlafen im Ostallgäu

Burghotel Falkenstein
Residieren wie der Landadel: Im Burghotel Falkenstein werden fleißige Radreisende mit Köstlichkeiten wie Kässpatzen belohnt.
© André Schönherr/Burghotel Falkenstein

Explorer Hotel Neuschwanstein

Der moderne Bau in Holz und Grasgrün steht direkt an der Alpspitze in Nesselwang, ganz nah an Neuschwanstein. (www.explorer-hotels.com/neuschwanstein, DZ/F ab 80 Euro).

Irseer Klosterbräu

Hinter den dicken Klostermauern schlafen Gäste in den urgemütlichen, liebevoll restaurierten Zimmern des Irseer Klosterbräu. Vom Biergarten blickt man auf weiß getünchte Kirchtürme (www.irsee.com, DZ/F ab 104 Euro).

Wellnesshotel Sommer

In der Gegend gibt es zahlreiche Bett+Bike-Betriebe (www.rad-ostallgaeu.de). Bestes Beispiel ist das Wellnesshotel Sommer am Forggensee in Füssen, wo Wolfgang Sommer als begeisterter Radler Tourentipps gibt, während Reisende sich beim Sportlerfrühstück mit Müsli, Omelett und Dinkelbrötchen für die nächste Etappe stärken (www.hotel-sommer.de, DZ/F ab 182 Euro).

Burghotel Falkenstein

Wer erfolgreich den Falkenstein bezwungen hat, dem kredenzt Familie Schlachter im Restaurant ihres Burghotels Falkenstein neben der Ruine so Köstliches wie Kässpatzen (Pfronten, www.burghotel-falkenstein.de, DZ ab 190 Euro). Käsesuppe, Alpschnitzel und eine Maß Waldbräu.

Walder Käskuche

Die Walder Käskuche, Schaukäserei, Brauerei und Gaststätte, ist ein Familienprojekt am Emmentaler Radweg - Simon Babel macht den Käse, Tobias versorgt die Kühe, Michael kocht, und Herbert, der Vater, hält die Fäden zusammen (Wald, www.walder-kaeskuche.de).

Mit dem Fahrrad im Allgäu: Themenrouten und Tagestouren

Die Themenrouten sind Tagestouren und überschneiden sich teils mit der Schlossparkradrunde, für die man mindestens drei Tage einplanen sollte. Radel-Infos für das Ostallgäu hat der Tourismusverband, über die Rad-Reise-Region Schlosspark der ADFC. Ein Füssener Unternehmen fährt das Gepäck auf Wunsch von Etappe zu Etappe. Die Königscard berechtigt zur Gratisnutzung von Bergbahn-, Bus-, Boots-, Lechsee-Floßfahrten.

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