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Frankreich Wie es wirklich ist, ein Ferienhaus im Süden zu kaufen

Blick durch Olivenzweige auf das alte Steinhaus, die Schule.
Gut versteckt: unsere Dorfschule in einem kleinen Ort am Fuß der Pyrenäen
© Michael Engelhardt/Eyemented
Es war ein "Coup de coeur", Liebe auf den ersten Blick: Drei Geschwister kaufen gemeinsam eine alte Dorfschule in Südfrankreich - als Rückszugsort und Familienferienhaus für drei Generationen. Ein Wahnsinnsprojekt? Ja, vielleicht! Aber eines mit hohem Glückspotenzial

Ankommen, das Tor öffnen, über den knirschenden Kies, durch den Garten ins Haus stürmen und die verwitterten, dunkelgrünen Holzläden aufstoßen – Licht, Luft und den Süden hereinfluten lassen. Die Zitronen- und Mandarinenbäume, der Olivenbaum, die Bougainvillea und der Hibiskus leuchten, es duftet nach Pinien, nach Rosmarin, nach Sonne und Ferien. Die Augen schließen, einen tiefen Atemzug nehmen... wie sehr liebe ich diesen Moment! Wie sehr habe ich darauf gewartet! Der Winter war lang, dieser ganz besonders, und meine Sehnsucht wuchs und wuchs. Hier im südfranzösischen Roussillon ist schon Frühling, die Obstbäume blühen rosarot und weiß. Unser Dorf liegt am Ende einer Serpentinenstraße an den Hügeln über Perpignan. Dahinter erheben sich die Berge des Les Albères, die östlichen Pyrenäenausläufer. Nur etwa hundert Menschen leben hier, es gibt nicht einmal Hausnummern.

Links das Klassenzimmer der Mädchen, rechts das der Jungs

Wir begrüßen jeden Baum, jede Blume, Pferd und Schaf auf der Nachbarsweide, durchstreifen die Räume, um zu schauen, ob nach dem Winter alles ok ist. Die dunklen Dielen, alten Wände, hohen Decken und bröselnden Fensterrahmen haben viel erlebt: Von 1870 bis 1940 wurden hier die Kinder der umliegenden Dörfer unterrichtet, links war das Klassenzimmer der Mädchen, rechts das der Jungs. Später zogen hier das Rathaus, ein Kultur-, Jugend- und Gemeindezentrum ein,  in den 1980er-Jahren wurde das alte Gebäude zum Ferienhaus umgemodelt. Die Steinstufen, die ausgetretenen Böden, die Mauern, die für die Region typischen, wunderschönen grünen Keramik-Regenrinnen mit Drachenköpfen, alles hier erzählt Geschichten.

Junge in kurzen Hosen schaut auf verschneiten Berg.
Vom Hügel hinter dem Haus blickt man bis zum Pic du Canigou, der oft bis in den April noch verschneit ist
© Michael Engelhardt/Eyemented

Am Abend spazieren wir zum Sonnenuntergang auf den Hügel hinter dem Haus. Jedes Mal zieht es uns da hoch. Oben steht eine kleine Kapelle mit meterdicken Mauern. Ziegen dösen zwischen den sonnenwarmen Felsen. Auf der einen Seite fällt der Blick weit über die Ebene bis zum Mittelmeer. Direkt hinter uns erhebt sich der bis April oft noch schneebedeckte Canigou, der heilige Berg der Katalanen, 2748 Meter hoch. Unter uns liegen das Dorf und die Schule. Wir stehen lange da, sprachlos. "Was für ein magischer Ort“, denke ich. Jedesmal.

Niemals hätte ich gedacht, dass ich mal ausgerechnet hier, in einem kleinen südfranzösischen Dorf ein Haus haben würde.

Wir sind zwölf Menschen, darunter fünf Kinder und ein Hund

Wie sind wir überhaupt darauf gekommen, als Familie ein Ferienhaus zu kaufen? Da muss ich etwas weiter ausholen: Mein Bruder Christoph, meine Schwester Annick und ich sind in Belgien aufgewachsen. Wir leben verstreut in drei verschiedenen Ländern und sind, wenn wir alle zusammenkommen, an die zwölf Menschen, darunter fünf Kinder zwischen neun und 24, plus Hund. Also brauchten wir einen Ort, wo wir uns auch mal spontan treffen können, gemeinsam Urlaub machen, Feste feiern können.... Wir wollten ein echtes, neues Zuhause im Süden, zum Einrichten, selbst Gestalten und Wohlfühlen. Nach dem Tod unseres Vaters haben wir unser Elternhaus in Brüssel nach 50 Jahren verkauft und mit meiner Mutter beschlossen, das Geld in ein neues Familiendomizil zu stecken.

Großfamilie positiert fürs Foto vor dem Haus am Rand des Pools neben einem Tisch. Auf diesem stehen Kerzen. Abendstimmung.
Posing am Pool: die ganze Family versammelt (nur Victor fehlt)
© Michael Engelhardt/ Eyemented

Die Reaktionen unserer Freunde waren unterschiedlich. Einige erklärten uns für verrückt: "Ein Haus mit meinen Geschwistern kaufen? Niemals! Da ist Stress vorprogrammiert." Andere waren genauso von der Idee verzaubert und beseelt wie wir und fieberten bei jedem Schritt mit.

Ganz im Süden Frankreichs im Hinterland von Perpignan zu suchen, war Christophs Idee. Mein Bruder wollte Berge und Meer. Ich wollte lieber in die Nähe von Montpellier, 200 Kilometer weiter nordöstlich, weil ich die Stadt liebe und wir dort als Familie urlaubten, seitdem wir Kinder sind. In Montpellier habe ich meine ersten Schritte gemacht, weil unser Vater dort mal ein paar Jahre gearbeitet hat.

Erstmal testeten wir die Gegend – in einem Ferienhaus

Aber wir gaben Christophs Wunschgegend eine Chance, probierten es aus, mieteten ein Ferienhaus nahe des Künstlerstädtchens Cerbère in Sichtweite der spanischen Grenze. Und verliebten uns in die Region: So viele Möglichkeiten! So viel Neues zu entdecken! Die Berge, die Katharerschlösser und Thermalquellen, die Märkte, Städte und Dörfer, Katalonien und der Rest von Spanien, die Steilküste mit ihren schönen Buchten von Collioure bis Cadaquès, lange Sandstrände und Lagunen bei Leucate, immer genug Wind für Christoph, der leidenschaftlich gern kitet. Ein weiterer Vorteil: Die Immobilienpreise waren deutlich niedriger als im Einzugsgebiet von Montpellier. Wir kamen unserem Traum ein großes Stück näher.

Nahaufnahme einer Dachrinne mit Drachenkopf.
Typisch für die Gegend: Die Regenrinnen mit Drachenköpfen gibt’s in Grün, Blau oder Gelb
© Michael Engelhardt/ Eyemented
Pralle orangenähnliche Früchte zwischen den Blättern.
Mandalimes vor dem Fenster: Sieht aus wie eine Orange, ist aber eine Kreuzung aus Mandarine und Limette (also schön sauer)
© Michael Engelhardt/ Eyemented

Noch während des Urlaubs schauten wir uns einige Häuser an. Doch es war keines dabei, das wirklich passte: zu klein, zu verwinkelt, zu verfallen oder zu neu. Das eine lag zu einsam, das andere direkt im Ort oder an der Durchgangsstraße. Immerhin bekamen wir so langsam ein Gefühl für die Region, die Orte und Objekte, die uns gefielen.

Es war ein wunderschönes Weihnachtsgeschenk

Im Dezember 2021 überschlugen sich plötzlich die Ereignisse: Christoph entdeckte die Anzeige, eine alte Schule von 1870. Es hörte sich wunderbar an und die Bilder sahen sehr vielversprechend aus! Am nächsten Tag fuhr er aus Paris hin und seine Begeisterung war so ansteckend, dass wir anderen ihm blind vertrauten: 48 Stunden später gaben wir ein Angebot ab, ohne das Haus selbst gesehen zu haben. "Die Schule hat uns gefunden", sagte mein Bruder, "nicht wir sie". Zwei Wochen später bekamen wir den Zuschlag – es war das schönste Weihnachtsgeschenk, das man sich vorstellen kann. Die Freude trug uns durch den ganzen zweiten Corona-Winter.

Der erste Schultag: Im Juni 2022, nur einen Tag, nachdem wir endlich, nach allen Formalitäten, Notaren und zähem Warten den Schlüssel in den Händen hielten, kam schon der Umzugswagen, vollgeladen mit all dem Hausrat aus unserem Elternhaus in Brüssel! Eine Punktlandung und keine einfache Aktion, da die Gassen für den großen LKW zu schmal waren. Zwei junge Männer aus Perpignan halfen, stapelten Möbel, Kisten und Bilder in einen kleinen Transporter, der bis zur Schule fahren konnte.

Der Umzugswagen passte nicht durch die Gassen

Als sie oben am Haus die Türen der Ladefläche öffneten, schwappte plötzlich unsere Kindheit heraus: der alte Schrank, der Esstisch, das blauweiße Geschirr, sogar der alte Puppenwagen, der Globus, die Kinderski. Später saß unsere Mutter im ehemaligen Klassenzimmer im Lieblingsohrensessel meines Vaters, inmitten von Kartons und Krempel. Was für ein merkwürdiges Déja vu.

Großer Raum bei Tageslicht mit Holzboden.
Willkommen in der Schule: der ehemalige Klassenraum der Jungs ist heute das Wohnzimmer
© Michael Engelhardt/ Eyemented
Junge Frau steht auf Leiter und streicht eine Wand.
Nur kleine Schönheitsreparaturen hier und da: Die Autorin lässt es langsam angehen 
© Michael Engelhardt/ Eyemented

Irgendwann tauchten natürlich auch die ersten Probleme auf (war ja irgendwie klar). Die Fenster, das wussten wir, aber auch das Dach müssen gemacht werden – eine böse Überraschung und eine große Investition. Außerdem hat es Monate lang nicht geregnet, Wasser ist eine ständige Sorge in der Region. Natürlich haben wir auch alle unseren eigenen Geschmack. Ich lege Kissen aufs Sofa, Christoph packt sie wieder weg. Meine Schwester mag denselben Raum beziehen wie unser Bruder. Der findet eh, dass die Schlafzimmer nicht zugeordnet werden sollen. Ich aber brauche einen Rückzugsort, den ich mir auch selbst herrichten will. Alle haben wir das Gefühl, viele Kompromisse zu machen und tun es ständig auch. Was für einige hitzige Diskussionen sorgt.

Wir haben viel Zeit. Das dachten wir zumindest

Worüber wir uns alle einig sind: Wir wollen unsere kleine Dorfschule mit ihrem ganz besonderen Charakter so lassen, wie sie ist. "Dans son jus", "in ihrem Saft", wie man in Frankreich sagt. Wir werden sie nicht komplett renovieren oder modernisieren, sondern nur das Nötigste machen, damit wir uns wohl fühlen. Vielleicht irgendwann mal streichen, wenn die Farbe zu sehr abblättert. Wir haben ja Zeit, viel Zeit. So dachten wir zumindest. Die Schule sollte ein Langzeit- und auch ein Lebensprojekt werden.

Familie sitzt unter altem Baum und Lichtergirlanden beim Abendessen.
Unser Lieblingsrestaurant: Le Mas à Vin, wo Camille und ihr Vater leckere Tapas und eigenen Wein servieren
© Michael Engelhardt/ Eyemented

Die Sommerferien verbringen wir alle in der Schule. Wie immer ist es wie im Taubenschlag: Die einen reisen an, die anderen ab. Aber irgendwie schaffen wir es auch 2023, ein paar Tage als komplette Familie da zu sein. Full house! Wir genießen den Pool, faulenzen im Schatten, feiern beim Dorffest auf dem Kirchplatz mit, essen am langen Tisch unter den bunten Lichtergirlanden, liegen nachts auf der Terrasse und zählen die Sternschnuppen, machen Strand- und Bergausflüge und zelebrieren mit Wein, Saft, Oliven, Tapas oder Chips den Apéro. Der Apéritif zum Abend ist unser absoluter Lieblingsmoment!

Sommerstimmung am Pool vor dem alten Haus. Einer scwhimmt, der Rest liegt in der Sonne und liest und döst.
Full House: Wir hatten nicht viele gemeinsame Sommer
© Michael Engelhardt/ Eyemented

Hätten wir geahnt, wie wenig gemeinsame Zeit uns noch bleibt, hätten wir uns noch weniger gestritten, noch mehr genossen, mehr gefeiert und so viele Tage wie möglich zusammen in der Schule verbracht. 

Womit wir alle nicht gerechnet haben: Es war unser letzter gemeinsamer Sommer. Mein Bruder Christoph starb im letzten November mit 55, völlig überraschend, er schlief ein und wachte einfach nicht mehr auf. Ein tiefer Schock und eine Zäsur für uns alle. Denn irgendwie war diese Schule sein Projekt. Jetzt werden wir dieses, sein Haus, in seinem Gedenken ehren, pflegen und hüten. Wir werden versuchen, es mit Leben zu füllen, so schwer es sich im Moment auch anfühlt.

Die Schule hat uns gefunden

Es ist Frühling geworden. Ich sitze in meinem Lieblingscafé an einem kleinen Platz unter einer Platane in der Kleinstadt Thuir, wo samstags immer ein netter Wochenmarkt ist. Die Sonne flimmert durch die Blätter, die Kellnerin bringt ein Croissant und einen großen Café Crème. Eine Frau im Pünktchenkleid geht vorbei, wie in einem nostalgischen französischen Film. Nur die Baguette unter dem Arm und das Béret, die Baskenmütze, fehlen. Ich muss lachen. Und plötzlich weiß ich es wieder, was ich an Südfrankreich so sehr liebe. Warum ich niemals genug davon bekommen werde, warum die Schule (inzwischen mit neuem Dach) trotzdem genau die richtige Entscheidung war. 

Drei Cocktails und eine Flasche auf einem Tisch.
Unser Lieblingsmoment: Apéro-Hour mit Byrrh, einem Bitterlikör aus der Region
© Michael Engelhardt/ Eyemented

L'école du village, unsere Dorfschule, hat es schon lange vor uns gegeben – und sie wird es auch hoffentlich noch lange nach uns geben. Wir alle haben unser Herz an diese alten Mauern verloren. Wir lieben diesen Garten, das Leben unter diesem Dach, die Dielen, die Zitronenbäume. Wir sind ab jetzt mit dieser Schule verbunden und deshalb werden wir die Geschichte zusammen weiterschreiben. Und wenn es nur ein kleines Stück ist.

Wie es mit der alten Schule weiter geht, kann man auf dem Blog der Autorin https://www.nathalieschwaiger.de/ lesen.

Was ich gerne vorher gewusst hätte: acht Tipps für den Ferienhauskauf in Frankreich

1 Am besten mal ganz unverbindlich ein Ferienhaus in der Wunschregion mieten und vorfühlen, ob Traum und Wirklichkeit zusammenpassen.

2 Anzeigen und Angebote findet man im Internet, bei lokalen oder überregionalen Agenturen und Maklern oder auch auf Kleinanzeigen-Seiten wie www.leboncoin.fr oder www.topannonces.fr.

3 Auf www.meilleursagents.com/prix-immobilier/ finden sich Infos zur Preisentwicklung für jede Region und Gemeinde.

4 Ausländer können in Frankreich ohne Einschränkungen ein Haus kaufen. Ein französisches Konto ist nicht Vorschrift, aber sehr zu empfehlen.

5 Dokumente sind allesamt auf Französisch und es gilt französisches Recht. Sie sollten gut Französisch sprechen oder sich von einer Agentur oder einem deutschsprachigen Notar beraten lassen: Notare dürfen im Unterschied zu Deutschland auch Immobilien vermitteln. Drei bis acht Prozent des Kaufpreises sind als Maklerprovision üblich. Außerdem fallen Notargebühren, Grunderwerbs- und Katastersteuern an.

6 Diverse Gutachten (Baumaterialien, Energiebilanz, eventuelle Mängel) müssen vom Verkäufer vorgelegt werden.

7 Es wird üblicherweise ein Vorvertrag “Compromis de vente” und erst etwa drei bis vier Monate später ein Kaufvertrag “Acte de vente” geschlossen (letzterer muss notariell beglaubigt werden). Mit dem Vorvertrag sind zehn Prozent Anzahlung fällig. Oft kann man Dokumente und Vollmachten auch auf Distanz per Videokonferenz oder digital unterzeichnen (es werden Geburtsurkunden, Ausweise, eventuell auch Eheverträge und andere Papiere gebraucht).

8 Mehr Infos z.B. beim Zentrum für Europäischen Verbraucherschutz https://www.cec-zev.eu/de/themen/immobilien/immobilie-in-frankreich-kaufen/ Oder auch auf der Immobilienplattform Properstar https://www.properstar.de/achat-immobilier/france/acheter-maison-comme-etranger

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