Mit etwas Fantasie erinnern diese lappigen Pflänzchen an kleine grüne Lebern. Daher rührt auch ihr aus dem Mittelalter stammender Name: Lebermoose (später wurde der Begriff auch auf anders aussehende Vertreter dieser botanischen Gruppe übertragen). Dem Brunnenlebermoos sprach man damals aufgrund seiner Form besondere Heilkräfte zu. Denn in der Medizin galt zu jener Zeit die sogenannte Signaturenlehre nach dem Prinzip „Similia similibus curantur“: Ähnliches wird mit Ähnlichem geheilt.
So sollte ein aus Moos und Wein gebrauter Extrakt gegen Leberleiden aller Art helfen. Heute ist diese Rezeptur außer Gebrauch. Und doch sind Lebermoose weiterhin von pharmazeutischem Interesse: Stoffe in ihnen haben fungizide Wirkung und können etwa gegen Haut- und Nagelpilze eingesetzt werden.
Wie Miniaturpalmen sehen die Auswüchse aus, die aus dem blattähnlichen Körper des Mooses wachsen. Dabei handelt es sich um die Träger männlicher oder weiblicher Geschlechtsorgane. Bei Regen werden die männlichen Samenzellen durch Tropfenkraft zu den weiblichen Eizellen gespritzt und vereinigen sich mit ihnen. Es entstehen dann Sporen, teils Millionen pro Pflanze, die der Wind davonträgt.
Doch das Brunnenlebermoos kann sich auch auf anderem Wege – ungeschlechtlich – vermehren: Auf der Oberfläche erkennt man winzige Becher, in denen Brutkörperchen stecken. Werden die – zum Beispiel wieder einmal durch die Wucht von Regentropfen – aus ihren kleinen Behausungen geschwemmt, kann aus ihnen andernorts ein neues Pflänzchen wachsen. Das Brunnenlebermoos ist also eine Art Vermehrungsexperte. Und vor allem robust. Vielleicht ist es daher nicht verwunderlich, dass Marchantia polymorpha das am weitesten verbreitete aller Lebermoose ist: in den Tropen wie in arktischen Gefilden heimisch. Und in der Natur genauso wie in manchen Blumentöpfen.