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Ruhr Weltweit erster Lift hilft wandernden Fischen

Kein Hindernis mehr: Der Lift transportiert die Fische am Baldeneysee neun Meter hoch und übers Stauwerk
Kein Hindernis mehr: Der Lift transportiert die Fische am Baldeneysee neun Meter hoch und übers Stauwerk
© picture alliance/dpa | Fabian Strauch
Markus Kühlmann hat den weltweit ersten Aufzug für Fische konstruiert – und gibt den Tieren so ihre verlorene Heimat zurück

Springende Lachse in der Ruhr, mitten im Pott? "Klar, davon träumen jetzt manche hier", sagt Fischereiexperte Markus Kühlmann. Er freut sich lieber erst einmal über den Schwarm von 200 Rotaugen, der vor ein paar Wochen den Baldeneysee im Süden von Essen erreicht hat. Und zwar mit dem Lift.

Denn Kühlmann hat für das dortige Stauwehr eine weltweit einmalige Anlage entwickelt: einen Aufzug für Fische. Seit einem Jahr sorgt das 6,8 Millionen Euro teure System an der Ruhr dafür, dass viele Arten nun wieder flussaufwärts wandern können – vorher waren sie am unüberwindbaren Stauwerk gescheitert, das hier vor 90 Jahren errichtet wurde. Viele heimische Arten verschwanden deshalb aus dem Oberlauf der Ruhr: der Maifisch beispielsweise, die Meerforelle oder auch die Nase, die ihren Namen einem stark vorgezogenen Oberkiefer verdankt. "Einige Fische vertragen beschnittene Habitate gut. Andere Arten aber erreichen ihre Laich- und Nahrungsplätze nicht mehr und sterben in den abgetrennten Flussabschnitten aus", erklärt Kühlmann, der als Fischökologe beim Ruhrverband in Essen arbeitet.

Das Wohlergehen von Fischen im Blick: Markus Kühlmann kämpft für die Artenvielfalt in Flüssen. "Machen ist besser als Wollen, sagt er
Das Wohlergehen von Fischen im Blick: Markus Kühlmann kämpft für die Artenvielfalt in Flüssen. "Machen ist besser als Wollen, sagt er
© Bernd Evers

Für eine Fischtreppe aber – die sonst übliche Variante, um an Wehren die Fischwanderung zu unterstützen – war der Platz am Baldeneysee zu eng. Fast sechs Jahre lang plante und betreute Kühlmann deshalb den Bau des neuen Systems. In Spitzenzeiten nutzen es mehrere Tausend Fische pro Tag. Als erstes System dieser Art befördert es ganz unterschiedliche Arten: Bisherige Anlagen sind deutlich kleiner und transportieren jeweils nur bestimmte Fischarten. Kühlmanns Lift kann nun als Prototyp für ähnliche Aufzüge weltweit dienen. "Ohne ein engagiertes Team aus Fachleuten – von Ingenieurinnen bis Handwerkern – wäre das nicht möglich gewesen."

"Fische sind fühlende Lebewesen, die unseren Schutz verdienen"

Eine besondere Herausforderung war zum Beispiel das Leitsystem: Allein durch die Strömung des Wassers mussten die Experten und Expertinnen dafür sorgen, dass die Fische den Eingang zum Lift finden. Er besteht aus zwei wassergefüllten Kabinen, die in senkrechten Röhren auf- und absteigen. Wird eine Röhre geflutet, schwimmt die runde Fischkammer darin aufwärts. Im Gegenzug sinkt die Kabine in der zweiten Röhre zum Grund: "Die Tiere treffen so immer auf eine offene Tür, ganz gleich, ob sie flussauf- oder -abwärts schwimmen", erklärt Kühlmann.

"Fische sind vielleicht nicht so niedlich wie Hunde oder Eichhörnchen", sagt der 53-Jährige. "Aber sie sind auch keine Eiswürfel, die im Wasser schwimmen, sondern fühlende Lebewesen, die unseren Schutz verdienen."

Gespannt wartet Kühlmann auf die neuen Wanderbewegungen der Tiere in der Ruhr. Bewährt sich die Anlage, soll das System auch an einer der zwei noch verbliebenen Staustufen des Flusses errichtet werden. An der letzten Hürde wird eine neue Fischtreppe gebaut. Dann hätte die Ruhr wieder auf voller Länge Anschluss an den Rhein. "Und vielleicht kommt dann sogar der Lachs zurück", sagt Kühlmann.

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Dieser Beitrag ist Teil der Nachhaltigkeitswoche "Packen wir’s an! – Damit es auch morgen noch läuft" der Bertelsmann Content Alliance, zu der auch GEO gehört. Mit der vereinten Kraft und Reichweite unserer journalistischen Angebote wollen wir maximale Aufmerksamkeit und ein Bewusstsein für die Themen Wasserqualität, Wasserknappheit und Wasserverbrauch schaffen.

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