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FAQ Giftige Goldalgen in der Oder: Woher sie kommen. Und warum sie so gefährlich sind

Die Goldalge Prymnesium parvum unter dem Mikroskop
Die Goldalge Prymnesium parvum unter dem Mikroskop
© Katrin Preuss/IGB
Im Jahr 2022 verendeten in der Oder Millionen Fische an dem Gift einer Alge. Und bis heute scheint die Gefahr einer weiteren massenhaften Vermehrung nicht gebannt. Woher kommt der Einzeller? Und was hilft, ihn einzudämmen?

Inhaltsverzeichnis

Was sind "Goldalgen" eigentlich?

Die Goldalge ist eine eiförmige, einzellige Mikroalge, die bis zu 10 Mikrometer (Tausendstelmillimeter) lang und bis zu 7 Mikrometer breit wird. Im Gegensatz zu den meisten anderen Algen kann sie sich mithilfe von zwei Geißeln im Wasser aktiv fortbewegen. Sie betreibt Photosynthese, ernährt sich aber auch von anderen Mikroorganismen – die sie mit einem Halteorgan festhält. In der Wissenschaft werden mindestens 40 genetisch verschiedene Stämme unterschieden. Die Goldalge, die im Sommer 2022 ein Massensterben in der Oder verursachte, gehörte zum Typ B. 

Woher kommt die Goldalge?

Die Alge ist weltweit verbreitet und lebt bevorzugt in Brackwasser, also in Wasser, dessen Salzgehalt zwischen Meerwasser und Süßwasser liegt. Zum ersten Mal wissenschaftlich beschrieben wurde die Goldalge im Jahr 1937. Die Proben stammten damals aus einem Brackwasserteich auf der Isle of Wight vor der Südküste Englands. In Nordamerika gelang der erste Nachweis im Jahr 1985. Ob sie dort schon vorher heimisch oder aus Europa eingeschleppt worden war, ist nicht bekannt. Mittlerweile liegen Nachweise aus Europa, Nordamerika, Südamerika, Australien und Asien vor.

Verbreiten kann sich die Alge nicht nur durch Wasservögel, sondern auch durch Menschen, zum Beispiel Angler. Denkbar ist sogar eine Verbreitung durch Aerosole – also über die Luft.

Was macht die Goldalge gefährlich?

Gefährlich an der Goldalge ist ihre Fähigkeit, Gift zu produzieren, mit dem sie ihre Beute lähmt. Kommt es zu einer Massenblüte, kann das umgebende Wasser auch für höhere Organismen wie Fische und Muscheln zu einer tödlichen Umgebung werden. Im Sommer 2022 starben Schätzungen zufolge Fische mit einem Gesamtgewicht von rund 1000 Tonnen.

Die Zellgifte, Prymnesine, zerstören zuerst die Kiemen von Wasserorganismen, dann deren Blut und innere Organe. Die meisten Fische sterben, nachdem das Gift ihre roten Blutkörperchen zersetzt hat, an Sauerstoffmangel und Kreislaufversagen.

Toxische Massenblüten wurden schon vor der Katastrophe in der Oder in norwegischen Fjorden, im salzhaltigen englischen Fluss Thurne oder im Jasmunder Bodden beobachtet. In reinen Süßgewässern ist das Phänomen jedoch selten. Neben der tödlichen Massenblüte in dem deutsch-polnischen Fluss ist nur ein weiteres Beispiel aus dem Nordosten der USA bekannt.

Seit ihrem plötzlichen Auftreten und der massenhaften Vermehrung im Jahr 2022 in der Oder ist die Alge nicht wieder verschwunden. Und wie im Sommer 2023 wurden auch im Jahr 2024 schon kritische Werte gemessen. Die Gefahr einer Wiederholung der Umweltkatastrophe scheint nicht gebannt.

Was ist der Grund für die massenhafte Vermehrung der Goldalge in der Oder?

Nach aktuellem Forschungsstand hängt die Vermehrung der Goldalge von verschiedenen Faktoren ab, darunter dem Salzgehalt, einer hohen Wassertemperatur und hohen Nährstoffgehalten, darunter Stickstoff und Phosphor. In der Forschung besteht heute Einigkeit darüber, dass neben hohen Wassertemperaturen und einem niedrigen Wasserstand salzhaltige Bergbauabwässer aus Polen maßgeblich zu der Umweltkatastrophe 2022 beigetragen haben.

Unter idealen Bedingungen braucht die Goldalge für eine Verdoppelung ihrer Biomasse nur wenige Tage.

Was kann man gegen die Goldalge unternehmen?

Goldalgen werden zwar von räuberisch lebenden Einzellern, Rädertieren, Wasserflöhen und Muscheln gefressen, zudem können sie von Pilzen oder Viren befallen und dezimiert werden. Die natürlichen Feinde können aber, wenn die Bedingungen für die Alge günstig sind, eine Massenblüte nicht verhindern. Die wirksamste Vorsorgemaßnahme ist laut dem Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB), den Salzgehalt des Flusses zu senken, beziehungsweise die Einleitungen salzhaltiger Abwässer zu reduzieren – zumal in den Sommermonaten. Zusätzlich sollte die Einleitung von nährstoffhaltigen Abwässern aus Haushalten und der Landwirtschaft verringert werden. Auch eine Vertiefung der Oder sehen die Forschenden kritisch, weil dadurch die Selbstreinigungskraft des Flusses verringert wird.

Eine direkte Bekämpfung der Algen mit Chemikalien wie Wasserstoffperoxid und Eisenchlorid, wie sie in Polen getestet wurde, sieht das IGB skeptisch. Eine nachhaltige Wirkung sei damit nicht erreicht – zumal die erforderlichen Chemikalienmengen negative Nebenwirkungen auf andere Wasserorganismen hätten.

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