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HannoverGEN Agro-Gentechnik im Schülerlabor?

Seit 2008 konnten Schüler in Niedersachsen zum Thema Gentechnik experimentieren. Im Rahmen des Modellprojekts HannoverGEN bekamen vier Schulen Laborgeräte, Arbeitsmaterial und wissenschaftliche Unterstützung gestellt. Finanziert wurde das Projekt zum größten Teil aus Mitteln des Niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums; drei Prozent des Budgets stellten der Saatguthersteller KWS und der Fonds der Chemischen Industrie. Doch seit Sommer 2013 ist vorerst Schluss mit Hightech im Biounterricht. Die neu gewählte rot-grüne Landesregierung hat HannoverGEN eingestellt.
HannoverGEN: Als Akzeptanzbeschaffungsmaßnahme für die Grüne Gentechnik kritisieren Gentechnik-Gegner das Programm HannoverGEN
Als Akzeptanzbeschaffungsmaßnahme für die Grüne Gentechnik kritisieren Gentechnik-Gegner das Programm HannoverGEN
© TEK IMAGE/Science Photo Library/Getty Images

Was sagen die Unterstützer des Schulprojekts?

Als technikfeindlich und ideologiegetrieben kritisieren Politiker von CDU und FDP die Entscheidung der Landesregierung. "Die Einstellung von HannoverGEN ist eine Katastrophe. Hier wurde ein bewährtes Bildungsangebot aus rein ideologischen Gründen abgeschafft", sagt auch Wolfgang Nellen, Professor für Genetik an der Universität Kassel. Nellen leitet in Hessen das Schülerlabor Science Bridge. Seine Beobachtung: Schüler, die experimentieren, wissen mehr über Gentechnik - "ohne dass sie gleich eine Stelle bei Monsanto anstreben". So sehen es auch die projektbeteiligten Wissenschaftler und Lehrer: Bis zum Abitur müssten die Schüler molekularbiologische Methoden beschreiben können.

Allerdings sei das dafür so wichtige Experimentieren im herkömmlichen Biologieunterricht oft nicht zu machen, beklagen sie. HannoverGEN habe solche Experimente ermöglicht. Für Nellen ist das Aus des Projekts auch ein Zeichen dafür, dass ein unbefangener Umgang mit Gentechnik in Deutschland kaum möglich ist. Seine Sorge: "Als eines der Länder, die maßgeblich an der Entwicklung der 'Grünen Gentechnik' in der Landwirtschaft beteiligt waren, verlieren wir langsam das Mitspracherecht, weil uns Expertise verloren geht."

Was sagen die Kritiker?

Die Notwendigkeit von Praxisunterricht sei unbestritten, sagt David Petersen, der die Greenpeace-Kampagne gegen HannoverGEN leitete. Aber Schülerlabore dürften nicht als Plattformen für allzu industriefreundlichen Unterricht missbraucht werden. "HannoverGEN wurde dem nicht gerecht und daher folgerichtig beendet", sagt Petersen. Gentechnik in der Landwirtschaft sei als Schlüssel- und Zukunftstechnologie präsentiert worden - mit dem Ziel, die Kritik daran nachhaltig einzudämmen.

Auch Niedersachsens Landwirtschaftsminister Christian Meyer sieht Lobbyismus hinter dem Projekt. Der Grünen-Politiker verweist auf eine Studie vom Bündnis für Gentechnikfreie Landwirtschaft. Demnach arbeiteten die Lernunterlagen mit Halbwahrheiten, Kritiker würden verunglimpft. "Die Folge ist eine voraussagbare und einseitige Bewertung der Agro-Gentechnik", so Meyer. Im Kultusministerium wird zurzeit ein Konzept zur Nachnutzung der Labore entwickelt. Es gebe auch Überlegungen, die Räume wieder für mikrobiologisches Experimentieren zu nutzen. "Die Konzentration auf Themen der "Grünen Gentechnik" wird allerdings aufgegeben", so eine Sprecherin.

GEO Nr. 11/13 - Mut: Vom klugen Umgang mit einer riskanten Tugend

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