Verwunderlich, dass so ein dicht besiedeltes Bundesland so viel Platz für Radfahrerinnen und Radfahrer haben kann. Fast 18 Millionen Menschen und 30 Großstädte gibt es in Nordrhein-Westfalen. Aber dafür auch jede Menge Naturparks, das Dreiländereck und die Mittelgebirge. Eine Übersicht der zehn schönsten Radtouren in NRW:
Flamingo-Route: Vögel im Münsterland beobachten
Wer es wirklich wissen will, der fährt mit dem Fahrrad die gesamten 450 Kilometer der Flamingo-Route – zu sehen gibt es auf der familienfreundlichen Rundtour genug. Wer es gemütlicher mag, sucht sich einfach eine Teilstrecke der Route zwischen Enschede und Borken aus. Angelegt ist die gesamte Radtour auf insgesamt sieben Tage.
Das niederländische Grenzgebiet und das Münsterland haben viel Kultur und Natur. Highlight ist sicher die nördlichste Flamingokolonie Europas. Im Naturschutzgebiet Zwillbrocker Venn bei Borken sind die rosanen Flugkünstler zwischen März und September zu beobachten.
Als niederländisches Gegenstück lockt auf der Fahrradtour das 600 Hektar große Halsberger Veen mit Mooren, Heide blauen Moorfröschen und mehr als 30 Libellenarten. Aber auch mit viel gemütlicher Gastronomie, kleinen Dörfern und Städtchen bis hin zu Sehenswürdigkeiten wie dem Handwerksmuseum in Bocholt oder der Brauereitour in Enschede hat die Flamingo-Tour einiges zu bieten – vor allem auch schöne Hotels und Pensionen für die Zwischenstopps auf der Kompletttour.
Ruhrtalradweg: Mit dem Rad durch das Ruhrgebiet
Einmal Ruhrgebiet mit Abstecher zur Skisprungschanze – das bietet der Ruhrtalradweg. Auf insgesamt 240 Kilometern Strecke führt der Radweg von Winterberg im Sauerland bis nach Duisburg. Entsprechend vielfältig sind Landschaft und Eindrücke auf der Fahrradtour durch NRW.
Ob beim Start im 668 Meter hohen Winterberg mit seinem Ski- und Rodelmuseum, im malerischen Fachwerkstädtchen wie Arnsberg, der Burgruine Hardenstein, beim Schnapsbrennen in Iserlohn oder dem Blick auf Industriekultur-Highlights im Ruhrgebiet – der Ruhrtalradweg ist unglaublich vielfältig. Das geht bis zur kostenlosen Ruhrtalfähre in Witten, wo der Radweg die Flussseite wechselt: Das Radfahren auf dem Ruhrtalradweg ist ein Erlebnis voll spannender Industriekultur.
Rennradfahrer sollten sich vorher über die Beschaffenheit der Teilstrecken im Ruhrgebiet informieren. Es gibt auch mal Schotterpisten auf der Route, dafür gibt es keine großen Steigungen. Unterkünfte lassen sich in der Woche gut spontan finden. Wer am Wochenende fährt, sollte die Übernachtung am Ende der Teilabschnitte besser vorher buchen.
Römer-Lippe-Route: In die Vergangenheit radeln
Historischer geht es kaum: Die Römer-Lippe-Route führt auf den Spuren einer alten Römerstraße aus der Zeit um Christi Geburt. 479 Kilometer geht es mit dem Fahrrad durch NRW, vom Hermannsdenkmal in Detmold entlang des Flusses Lippe bis nach Xanten am Niederrhein.
Der Startpunkt legt nah, worum es thematisch geht: Die Route versucht den Verlauf der römischen Truppenbewegung und den Ablauf der legendären Varus-Schlacht nachzuvollziehen. Dabei geht es neben der wunderschönen Natur links und rechts der Lippe vor allem auch um das Wassererlebnis und die Kultur der Römer.
Die Solequellen in Bad Waldliesborn sind ebenso einen Besuch wert wie das Römermuseum in Haltern am See oder im Mittelalterschloss Oberwerries. Die vielen Thermal- und Spaßbäder an der Strecke machen die Route ebenso familientauglich wie der sanfte Streckenverlauf auf glatten Pisten.
Eifel-Höhen-Route: Mit dem Fahrrad hoch hinaus
Charmante 230 Kilometer führt die Eifel-Höhen-Route durch den Nationalpark Eifel als Teil des gleichnamigen Mittelgebirges. Mit Höhenlagen zwischen 200 und 600 Metern ist die Strecke durchaus sportlich, aber für Rennradfahrer nur abschnittsweise geeignet.
Mittelpunkt der Rundtour in NRW ist naturgemäß die Natur. Das Hohe Venn als eines der letzten intakten Hochmoore Europas ist mit seinen Wanderstrecken über Holzstege ein wirkliches Erlebnis. Für Familien lohnt sich ein Abstecher in Mechernich mit Sommerrodelbahn, Minigolfanlage und Quadfahren für Kinder.
Durch die wechselnden Höhenlagen ergeben sich auf der Fahrradtour einige Steigungen, aber auch atemberaubende Panoramablicke – wie auf die Oleftalsperre bei Hellenthal oder die Eifeler Seenplatte mit Rursee und Obersee. Kein Wunder, dass die Römer von hier aus ihr Trinkwasser bis nach Köln geleitet haben. Eindrucksvolle Abfahrten wie die "Himmelsleiter" zeigen warum: Der Abschnitt führt über drei Kilometer sage und schreibe 134 Höhenmeter hinunter – oder wahlweise hinauf.
100-Schlösser-Route: Zu historischen Prunkbauten
So beeindruckend wie die Schlösser in Deutschland sind, ist auch die Länge der 100-Schlösser-Route:sage und schreibe 960 Kilometer. Im Münsterland verbindet die Strecke dabei beeindruckende und schöne Schlösser, Burgen, Herrensitze, Parks und zauberhafte Schlossgärten.
Wer die Zeitreise auf dem Fahrrad nicht komplett antreten will, kann zwischen vier Touren wählen: Nord, Süd, West und Ost. Jede Variante hat ihre Sehenswürdigkeiten und Besonderheiten. So gibt es auf dem Westkurs den Naturpark Hohe Mark oder die Wasserburg Anholt, die zu den schönsten Bauwerken dieser Art im Münsterland gehört. Auf dem Ostkurs liefert die Pferdehauptstadt Warendorf mit immer neuen optischen Verbindungen zu Pferd und Reiter eine wunderbare Kulisse auf der Route.
Der malerische Radweg führt nicht nur durch die Geschichte und Baukultur im Münsterland, sondern auch kulinarisch durch die Region. Das Essen auf den Touren ist so vielfältig wie die Schönheit der einzelnen Routen und bezaubert durch Landgasthöfe, kleine Cafés und auch den Verkauf von kleinen Leckereien direkt vom Bauernhof.
Erft-Radweg: Radfahren und entspannen
Klein, aber fein und besonders für Familien geeignet: das ist der Erft-Radweg in NRW. Bereits beim Start im kleinen Eifelörtchen Nettersheim-Holzmühlheim zeigt sich, dass die 110 Kilometer lange Strecke für entspanntes Radfahren steht. Immer am Fluss Erft entlang geht es durch die Eifel bis zur Mündung in den Rhein.
Auf der gut sechsstündigen Fahrt mit dem Fahrrad wartet nicht nur eine Region mit den meisten Wasserschlössern in Deutschland, sondern auch eine Vielzahl von Sehenswürdigkeiten. Ein Besuch im UNESCO-Welterbe Schloss Augustusburg bei Brühl lohnt ganz unbedingt und auch das Museum Insel Hombroich bei Neuss-Holzheim.
Wer mit Kindern unterwegs ist, wird sich auf der Strecke über den nahen Freizeitpark Phantasialand freuen. Wer den Radweg in zwei bis drei Teilabschnitten fährt, hat mit Sicherheit eine gemütliche Zeit. Aktuell können Teile des Radweges wegen des Unwetters im Jahr 2021 gesperrt sein. Auskunft geben die örtlichen Tourismusverbände.
Vennbahn-Route: Auf alten Bahntrassen durch drei Länder
Grenzgänger sind auf dieser Fahrradtour herzlich willkommen und werden sich freuen. Die Vennbahn-Route ist ein grenzüberschreitender Radweg zwischen Deutschland, Belgien und Luxemburg, der entlang der ehemaligen Trasse der Vennbahn entlangführt.
Entsprechend der Anzahl der durchradelten Länder ist die Sprachvielfalt. Deutsch, belgisch, französisch – die 130 Kilometer lange Strecke von Aachen nach Troisvierges (deutsch: Ulfingen) begeistert während der gut zwölf Stunden langen Radtour durch ihre kulturelle Abwechslung. Das reicht vom leckeren Essen und die Baudenkmäler bis zur Natur.
Der Naturpark Hohes Venn-Eifel, die Ardennen, das zauberhafte Ourtal mit dem gleichnamigen Flüsschen und der anheimelnden Wasserlandschaft – die Vennbahn-Route bietet reichlich Abwechslung und Erlebnisse für die ganze Familie und entspannte Tourenradler.
Balkantrasse: Auf den Spuren des Balkanexpresses
Nicht ins Balkangebirge, aber durch das Bergische Land bis zum Rhein führt dieser Radweg. Ihren Namen hat die Balkantrasse durch die ländliche Lage und die Bahntrasse bekommen, an der sie entlang führt. "Balkanexpress" wurden früher Züge genannt, die im Bummeltempo über Land fuhren.
Wer mit dem Fahrrad am Bahnhof in Remscheid startet, merkt bereits, was das Hauptthema dieser Tour ist: Kleine Fachwerkhäuser, gepflasterte Marktplätze, bergische Gastlichkeit. Mit 28 Kilometern Länge ist die Balkantrasse ein Teil des rund 300 Kilometer langen Panorama-Radwegs in Nordrhein-Westfalen und lässt sich prima mit anderen Fahrradtouren verknüpfen –falls eine längere Tour gewünscht ist.
Die Balkantrasse ist durch die fast steigungsfreie Strecke besonders für entspanntes Radeln und Familien geeignet. Das Deutsche Röntgenmuseum in Remscheid ist einen Besuch wert und auch die gemütliche Gastronomie entlang der Strecke.
Apropos gemütlich: Wer sich auf der Balkantrasse oder auf dem Panoramaradweg NRW mal ausruhen will, kann das gut im Bus tun: Der Bergische Fahrradbus nimmt im Anhänger bis zu 20 Räder mit und hält an zahlreiche Punkten auf der Strecke.
Senne-Radweg: Rundkurs durch Senne und Teutoburger Wald
Eine einzigartige Natur- und Kulturlandschaft in NRW bietet der gut ausgeschilderte Senne-Radweg. Die rund 80 Kilometer lange Fahrradtour führt einmal rund um die gleichnamige Landschaft zwischen Schloss Holte-Stukenbrock und Detmold.
Als größtes zusammenhängendes Heidegebiet in Nordrhein-Westfalen ist die Senne die Heimat für mehr als 5000 verschiedene Tier- und Pflanzenarten. Rund 900 davon stehen auf der Liste der Roten Liste der gefährdeten Arten.
Mit den vielen Seen und Mooren ist das 250 Quadratkilometer große Gebiet am Rande vom Teutoburger Wald eine wahre Augenweide und fürs entspannte Radfahren auch durch die flache Strecke perfekt. Einen Anteil an der geringen Bebauung und der Naturvielfalt hat tatsächlich auch der Truppenübungsplatz Senne. Er deckt rund 116 Quadratkilometer der Gesamtfläche ab und ist durch die inzwischen seltene Nutzung zum Rückzugsgebiet für viele Tier- und Pflanzenarten geworden.
Panorama-Radweg Niederbergbahn: von Essen bis nach Haan
Nicht über sieben Brücken, sondern gleich über 16 Brücken und drei Viadukte führt der Panorama-Radweg-Niederbergbahn. Kein Wunder: Die gut 40 Kilometer lange Strecke in NRW führt exakt auf der alten Trasse der Niederbergbahn entlang. Durch den asphaltglatten Ausbau der drei Meter breiten Piste lässt es hervorragend auf dem Radweg fahren.
Nach dem Start am Bahnhof in Essen-Kettwig beginnt eine bequeme, gut dreistündige Radtour durch das Ruhrgebiet, die vor allem für Familien geeignet ist. Der Zeittunnel in Wülfrath mit 400 Millionen Jahren Erdgeschichte in einem stillgelegten Bergwerkschacht, das Neanderthal Museum in Mettmann, der Mariendom in Velbert: die Highlights auf der Route sind vielfältig und eindrucksvolle Zeugnisse der Ingenieurskunst der vergangenen hundert Jahre.
Allein schon die Fahrt über Deutschlands einzige Waggonbrücke, über die der Radweg führt – einer Brückenkonstruktion aus einem alten Eisenbahnwaggon – ist ein besonderes Erlebnis.
Der Radweg ist durchgehend mit dem Logo des "PanoramaRadweg niederbergbahn" gekennezeichnet, verläuft weitgehend ohne große Steigungen und endet schließlich in Haan, wo er auf den Bergischen Panorama-Radweg in Solingen trifft.
Möhnetal-Radweg: Radfahren durch das Sauerland
Charmantes Radfahren mit Naturerlebnis – das bietet der Möhnetal-Radweg. Auf rund 65 Kilometern geht es von der alten Hansestadt Brilon nach Arnsberg-Neheim. Große Teile der Route führen auf einer alten Bahntrasse entlang. Autoverkehr ist deshalb selten in Sicht.
Der Radweg folgt dem kleinen Fluss Möhne von der Quelle bis zum Übergang in die Ruhr. In den schönen Auenlandschaften im Möhnetal gibt es jede Menge Tier und Pflanzen zu entdecken. Mitten in der sanften Hügellandschaft liegt der Möhnesee, einer der größten Stauseen in Nordrhein-Westfalen mit seiner beeindruckenden 100 Jahre alten Staumauer.
Orte wie das Waldfreibad Gudenhagen laden zur erfrischenden Pause und zum Picknick ein. Der Skywalk Möhnetal bei Niederbergeim hält in 78 Meter Höhe einen atemberaubenden Blick über das Möhnetal bereit. Wer die 65 Kilometer nicht in einem Stück fahren will, findet entlang der Strecke gemütliche Gasthöfe und Pensionen.
Radroute Wasserquintett: Tour zu den fünf Talsperren
Wasser marsch und das auch noch im Kreis herum: Die Radroute Wasserquintett verbindet gleich fünf Talsperren im Bergischen Land miteinander. Der etwa 80 Kilometer lange Rundkurs lässt sich gut in Marienheide am Bahnhof starten. Gleich danach ist mit einer Höhe von 460 Metern in Dannenberg auch schon der höchste Punkt der Route erreicht und bietet einen tollen Ausblick.
In mehreren Etappen ist die Strecke auch für Familien gut geeignet. Kleine Städtchen wie Hückeswagen laden in der Altstadt zur Pause beim Eis, Pizza oder Steak mit Pommes ein. In Marienheide lockt die Klosteranlage mit Wallfahrts- und Klosterkirche aus dem 15. Jahrhundert Gäste an und mit Wipperfürth liegt die älteste Stadt im Bergischen Land entlang der Strecke.
Perfekt ist auch, auf dem Radweg entlang der Brucher-, Lingese-, Neye-, Bever- und Wuppertalsperre das eigene Picknick im Rucksack oder der Satteltasche dabei zu haben. Die Panoramablicke von den Talsperren sind jedes Mal eine Pause und mindestens ein Foto wert.