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Kalifornische Schweinswale Nur noch zehn Tiere weltweit: Hat der Vaquita noch eine Chance?

Ein Vaquita im Netz eines Fischers in Golfo de Santa Clara, am nördlichen Rand des Golfs von Kalifornien in Sonora, Mexiko
Dem kleinsten Schweinswal der Welt droht die weltweite Ausrottung
© picture alliance / Cristian Faesi/WWF/dpa | Cristian Faesi
Seit Jahren betonen Experten: Es muss mehr Schutz für den Vaquita geben, sonst verschwindet die nicht in Gefangenschaft zu haltende Art von der Erde. Doch kaum etwas passierte. Nur zehn Tiere gibt es nun wohl noch. Ist das Ende der Art damit unabwendbar

Gerade einmal zehn Kalifornische Schweinswale soll es noch geben, womit das Schicksal der Art besiegelt scheint. Doch ein Forschungsteam macht im Fachblatt "Science" Hoffnung: Auf Basis genetischer Analysen kommt es zu dem Schluss, dass die winzige Population der auch Vaquita genannten Tiere eine hohe Chance hätte, sich trotz Inzucht und kleinem Genpool zu erholen - allerdings nur, wenn die illegale Fischerei mit sogenannten Kiemennetzen in ihrem Lebensraum sofort eingestellt wird.

Der Kalifornische Schweinswal (Phocoena sinus) oder Vaquita ("Kleine Kuh") ist der kleinste Vertreter der Familie der Schweinswale. Die bis zu anderthalb Meter langen Tiere leben im Golf von Kalifornien an der Westküste Mexikos und gelten als weltweit am stärksten bedrohte Meeressäuger: Nur noch zehn Exemplare soll es laut Studienautoren geben.

Die Weltnaturschutzunion IUCN berichtete auf der Roten Liste bedrohter Arten mit Stand von 2017 von 18 erwachsenen Tieren. Versuche, einige Tiere zu fangen und das Überleben der Art durch Zucht sicherzustellen, scheiterten.

Vaquitas leiden unter der illegalen Kiemenfischerei

Die Population leidet vor allem an der illegalen Jagd nach den im gleichen Bereich lebenden Totoabas (Totoaba macdonaldi), die in einigen Ländern wegen ihrer angeblichen medizinischen Eigenschaften geschätzt werden. Die ebenfalls bedrohte Fischart wird mit Stellnetzen gefangen, in denen auch Vaquitas hängenbleiben und qualvoll verenden, weil sie nicht mehr zum Luftholen auftauchen können.

Angesichts der wenigen verbliebenen Tiere sehen manche Expertinnen und Experten das Aus für den Vaquita selbst bei einem Stopp der illegalen Kiemenfischerei als unabwendbar an. Die genetische Vielfalt sei inzwischen zu gering. Bei kleinen und begrenzten Populationen kann etwa eine höhere Anfälligkeit für Krankheiten oder bestimmte Erbleiden die Folge sein.

Das genetische Risiko scheint bei den Kalifornischen Schweinswalen aber gering, ergab die Analyse nun. "Interessanterweise haben wir herausgefunden, dass der Vaquita nicht durch genetische Faktoren wie schädliche Mutationen dem Untergang geweiht ist, von denen viele andere Arten betroffen sind, deren Genpool in ähnlicher Weise geschrumpft ist", erklärte der Biologe und Studienautor Christopher Kyriazis.

Die Forschenden hatten Gewebeproben von 20 Vaquitas, die zwischen 1985 und 2017 lebten, analysiert. "Die Genomik gibt uns Aufschluss über die Vergangenheit der Art, lässt uns aber auch in die Zukunft blicken", so Mitautor Lorenzo Rojas-Bracho. Ihm zufolge habe die Häufigkeit der Art in den vergangenen 250.000 Jahren zwischen einigen Tausend und etwa 5000 Tieren geschwankt, was Vaquitas im Vergleich zu vielen anderen Meeressäugern zu einer ohnehin seltenen Art mache.

Genetische Vielfalt der Vaquitas

"Sie sind im Grunde das marine Äquivalent einer Inselart", erläuterte Mitautorin Jacqueline Robinson. Von den zwölf Meeressäugerarten, die die Forscher analysierten, wiesen Vaquitas die geringste Anzahl potenziell schädlicher Mutationen auf. "Die genetische Vielfalt der Vaquitas ist nicht so gering, dass sie eine Bedrohung für ihre Gesundheit und ihren Fortbestand darstellt. Sie spiegelt lediglich ihre natürliche Seltenheit wider."

In Computersimulationen modellierten die Forscher die Entwicklung der Population unter verschiedenen Schutzszenarien. Eine sofortige und vollständige Beseitigung der durch Kiemennetze verursachten Sterblichkeit würde demnach mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Erholung der Art führen. Selbst eine geringe anhaltende Sterblichkeit durch die Stellnetze würde die Überlebenschancen der Spezies hingegen schnell sinken lassen.

Wie die Wissenschaftler betonen, hätten die wenigen noch lebenden Exemplare bei der letzten Erhebung gesund ausgesehen. Einige hätten Kälber gehabt, was auf eine kürzliche Fortpflanzung hindeutet. "Wenn wir es diesen Tieren ermöglichen, zu überleben, können sie auch den Rest schaffen", sagte Jacqueline Robinson.

Dafür bliebe den Vaquitas indes nur noch sehr wenig Zeit, ergänzte Christopher Kyriazis: "Wenn wir sie verlieren, wäre das das Ergebnis unserer menschlichen Entscheidungen und nicht genetischer Faktoren."

Alice Lanzke, dpa

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