GEOplus: Herr Hörren, als einer der Autoren der "Krefelder Studie" haben Sie das Insektensterben erstmals ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt. Basierend auf Ihren Daten weist nun eine neue Studie darauf hin, dass der Insektenschwund zu 75 Prozent auf bestimmte Wetterbedingungen und ein verändertes Klima zurückzuführen sei. Was halten Sie davon?
Thomas Hörren: Ich finde die Ergebnisse der Studie durchaus interessant und begrüße es natürlich grundsätzlich, wenn andere Forschende sich unsere Daten ansehen. Nicht umsonst fahren wir eine Open-Science-Strategie, stellen unsere Informationen online zur freien Verfügung. Zunächst einmal bestätigen die Autoren die Erkenntnis aus unserem Datensatz – und zwar den massiven Rückgang der Insektenbiomasse in den von uns untersuchten Naturschutzgebieten.
Wie aber lässt sich erklären, dass das Wettergeschehen einen so enormen Einfluss auf die Biomasse von Insekten hat?
In meinen Augen lässt sich das kaum erklären. Die Studie findet zwar eine Korrelation. Aber eine Korrelation liefert eben noch keine Erklärung. Offen gestanden halte ich die Kernaussage der Studie für etwas fragwürdig, für zu einseitig. Natürlich hat das Wetter, hat der Klimawandel einen Einfluss, da würde ich überhaupt nicht widersprechen. Doch Stand der wissenschaftlichen Forschung ist: Ein Gefüge ganz unterschiedlicher Faktoren ist für den Insektenschwund verantwortlich. Dazu gehören neben dem Wettergeschehen die intensive Landwirtschaft, die Zerstörung wichtiger Refugien, fehlende wirksame Maßnahmen im Naturschutz.