Anzeige

Damit sie nicht aussterben Leiser und netter: Buckelwale ändern Paarungsverhalten

Ein Buckelwal springt aus dem Wasser
Ein Buckelwal springt aus dem Wasser: Seitdem Buckelwale an einigen Orten der Welt weniger gefangen werden, hat sich dort das Paarungsverhalten der Tiere verändert
© Cavan Images/ Imago/
Bis in die 1960er Jahre wurden ostaustralische Buckelwale kommerziell gejagt und fast ausgerottet. Mittlerweile hat sich die Population deutlich erholt. Der Grund: Das Paarungsverhalten hat sich geändert – damit die Buckelwale nicht aussterben

Sich erholende Populationen nach Ende des massiven Walfangs haben bei männlichen Buckelwalen zu einem veränderten Paarungsverhalten geführt. Die Bullen verzichten immer öfter auf ihren charakteristischen Gesang, wie Rebecca Dunlop und Celine Frere von der australischen University of Queensland im Fachjournal "Communications Biology" schreiben. Sie hatten singende und nichtsingende Wale genauer untersucht und Daten von 117 männlichen Tieren analysiert, die von 1997 bis 2015 an insgesamt 123 Tagen vor der Küste Ostaustraliens gesammelt wurden.

Weniger Kämpfe mit anderen Männchen, weniger Gesang

Eine bekannte Paarungstaktik männlicher Buckelwale ist ihr unverwechselbarer Gesang. Zwar gebe es unter Fachleuten eine Diskussion über die genauen Funktionen dieser Laute, schreiben die Forscherinnen. Es herrsche aber weitgehend Einigkeit, dass der Gesang mit dem Anlocken der Weibchen und der Konkurrenz der Bullen untereinander zu tun haben. Männchen schließen sich einem Weibchen an und begleiten es dann auf ihrem Weg, um sich später mit ihm paaren zu können.
Eine andere Taktik der Buckelwalmänner besteht darin, sich ohne Gesang einem Weibchen zu nähern und es dann ebenfalls zu eskortieren. Stoßen zu einem dieser Zweiergespanne dann andere Männchen hinzu, kommt es in der Regel zu einem körperlichen Kampf, Drängen und Konkurrieren zwischen den Walmännern, wobei sich der Größere häufig durchsetzt.

Nach Ende des Walfangs: Zahl der ostaustralischen Buckelwale stieg von 3700 auf 27.000

Dunlop und Frere wollten herausfinden, wie sich die Erholung der Population nach einem Walfangmoratorium in den 60er Jahren auf das Paarungsverhalten der Tiere ausgewirkt hat. Im Untersuchungszeitraum kletterte die Anzahl der ostaustralischen Buckelwale von etwa 3700 auf 27 000 Tiere. Dabei waren die Männchen proportional in der Überzahl, was folglich zu einer größeren Konkurrenz führte.

Die Forscherinnen konnten zeigen, dass die männlichen Buckelwale im Laufe der Jahre nach dem Einstellen des Walfangs im Schnitt immer weniger häufig sangen, um eine Partnerin anzulocken. Außerdem kommen sie zu dem Schluss, dass auch die meisten singenden Walmännchen aufhören zu singen, je mehr Konkurrenten sich in ihrer näheren Umgebung aufhalten. Stattdessen wechseln auch diese Tiere zu der lautlosen Paarungstaktik.

Nichtsingende Walbullen erfolgreicher bei den Weibchen

Dunlop und Frere vermuten, dass die Tiere mit der lautloseren und oft aggressiveren Paarungstaktik vermeiden wollen, dass andere paarungswillige Männchen durch ihre Laute angelockt werden und ihnen dann ihre potenzielle Partnerin streitig machen. Und diese Strategie scheint aufzugehen: Laut der Studie waren die nichtsingenden Wale 2014/2015 4,8 Mal erfolgreicher bei der Partnersuche als jene, die ihr Unterwasserlied anstimmten. Zum Vergleich: Im Jahr 1997, als die Walpopulation wesentlich kleiner war, hatten noch die singenden Walbullen einen Vorteil.

Die Autorinnen weisen darauf hin, dass Buckelwale nicht die einzigen Wildtiere sind, die dazu fähig sind, ihr Paarungsverhalten an veränderte Gegebenheiten individuell anzupassen. Auch männliche Huftiere, Elefanten, Fische und Amphibien würden experimentellen Studien zufolge unterschiedliche Taktiken wie Territorialverhalten, Bewachung der Partnerin oder Kämpfe anwenden, um sich erfolgreich fortpflanzen zu können. Auch hier komme es unter anderem darauf an, wie viele weibliche, beziehungsweise männliche Tiere einer Population angehören. Empirische Studien an Wildtieren seien jedoch rar, weil für die Untersuchung eine starke Veränderung der Populationsdichte erforderlich ist.

Im 20. Jahrhundert etwa 1,8 Millionen Großwale getötet


Der Walfang, bei dem im 20. Jahrhundert etwa 1,8 Millionen Großwale im Südpolarmeer getötet wurden, zielte seinerzeit in erster Linie vor allem auf ausgewachsene Wale ab. Die Anzahl der ostaustralischen Buckelwale, die auch im Südpolarmeer nach Nahrung suchen, schrumpfte dabei auf nur noch 200 Tiere. Nach dem Einstellen des Walfangs erholte sich die Population um jährlich elf Prozent. Laut Dunlop und Frere ist es wahrscheinlich, dass auch das veränderte Paarungsverhalten der Männchen dazu geführt hat, dass das Aussterben der ostaustralischen Buckelwale verhindert werden konnte.

Lena Johanna Philippi/ dpa

Mehr zum Thema

VG-Wort Pixel