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Braunalgen Größte Algenblüte der Welt: Was tun mit den stinkenden Bergen der Karibik?

Braunalgen bedecken einen Strand in der Nähe von Cancún, Mexiko
Braunalgen bedecken einen Strand in der Nähe von Cancún, Mexiko
© B. Mete Uz / Alamy Stock Photo / mauritius images
Angespülte Braunalgen verschmutzen seit 2011 immer mehr Strände zwischen Westafrika und der Karibik – und bedrohen sensible Ökosysteme. Doch statt die Algenberge auf Deponien zu entsorgen, könnte die Biomasse auch kommerziell genutzt werden

Die größte Algenblüte der Welt ist sogar vom Weltraum aus zu sehen: Über 9000 Kilometer erstreckt sich ein bräunlicher, schwimmender Teppich aus geschätzt 35 Millionen Tonnen frei schwimmenden Sargassum-Braunalgen. Etwa seit 2011 hat sich die gigantische Ansammlung gebildet, die inzwischen auch als "Großer Atlantischer Sargassum-Gürtel" bekannt ist. Als Treiber des explosive Wachstums kommen unter anderem der steigende Nährstoffgehalt im Meerwasser und die steigenden Wassertemperaturen in Frage.

Treffen die braunen Teppiche auf Land, richten sie erheblichen Schaden an: Wegen der einsetzenden Fäulnis stinken sie buchstäblich zum Himmel; Ammoniak und Schwefelwasserstoff können beim Einatmen sogar gesundheitsschädlich für Menschen sein. Die Algenberge blockieren Fischerboote, schrecken Touristen ab, verstopfen sensible Ökosysteme wie Seegraswiesen, Korallenriffe und Mangroven – und versperren geschlüpften Meeresschildkröten den Weg in den Ozean. Im Jahr 2018 riefen einige Karibik-Inseln sogar den Notstand aus, Tausende Tonnen Algen werden jedes Jahr von Stränden gesammelt und auf Deponien entsorgt.

Was tun mit den Algenbergen?

Lässt sich aus der Not eine Tugend machen? In einer aktuellen Studie, erschienen in der Fachzeitschrift PNAS, geht ein Forschungsteam der Frage nach, ob die unerwünschte Biomasse sich kommerziell verwerten lässt. Die Voraussetzungen scheinen günstig, denn die chemische Zusammensetzung der Algen ist ganzjährig konstant – eine wesentliche Bedingung für die Aufbereitung im industriellen Maßstab. Zwar enthält die Biomasse gesundheitlich relevante Mengen Arsen, doch für die Produktion von Biomaterialien, Biogas oder Treibstoffen könnten die braunen Berge interessant werden.

Im Wasser treibende Braunalgen bieten jungen Meeresschildkröten Schutz. Doch am Strand kniehoch angespült, versperren sie frisch geschlüpften Babys den Weg ins Meer
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© J.Freund / WILDLIFE / picture alliance

Dem Forschungsteam gelang auch der Nachweis, dass die Braunalgenblüte auch von zusätzlichen Nährstoffeinträgen befeuert wird: Wenige Wochen, bevor die Forschenden vor Jamaika ihre Proben sammelten, war auf der Insel St. Vincent, 1700 Kilometer entfernt, der Vulkan La Soufrière ausgebrochen. "Da der große Sargassum-Gürtel auch zusätzliche Nährstoffe aus dem Saharastaub erhält, der über den Atlantik weht, dürften große Mengen des Seetangs, die an die Küsten gespült werden, zur neuen Normalität werden", sagt der Biologe und Co-Autor der Studie, Thierry Tonon von der Universität York in einer Presseerklärung.

Das Phänomen der Braunalgen-Blüte im Ozean ist nicht neu: Schon Christoph Kolumbus berichtete im 15. Jahrhundert von einem Algenteppich mitten im Nordatlantik, fernab jeder Küste. Damals erfüllten die Braunalgen wichtige Funktionen im Ökosystem: "Die kleinen Mengen von Sargassum, die früher in der Karibik angeschwemmt wurden, boten Lebensraum für Schildkröten, Krebse und Fische und trugen zur Strandbildung bei, da sie sich zersetzten", sagt die Erstautorin der Studie, Carla Machado von der Universität York. "Aber die riesigen Sargassum-Blüten des letzten Jahrzehnts sind ein globales Problem, das weiter zunehmen und große Auswirkungen auf die betroffenen Länder haben wird."

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