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Ökotechnik: Erhöhter Klärungsbedarf

Seit 80 Jahren ist das Baden in der Spree wegen bakterieller Verseuchung verboten. Jetzt hat ein Ingenieur ein Konzept entwickelt, damit die Berliner ab 2011 wieder im Fluss baden können

Lange war Berlin europaweit Vorreiter in der Flussbadekultur: Zwischen 1781 und 1891 öffneten zwischen Müggelsee und Havelmündung etwa 30 Spreebäder, davon allein 20 im innerstädtischen Bereich. Hier wurden Wellenbad und Unterwasserbeleuchtung erfunden. Und es war ein preußischer General - Ernst von Pfuel -, der beim Militär die Pflicht einführte, dass Rekruten schwimmen zu lernen hatten. 1925 aber begannen die Behörden, alle Berliner Flussbäder zu schließen - wegen Epidemiegefahr.

Daran hat sich nichts geändert: Bei Starkregen schwemmen Fäkalien und Schmutz von Dächern und Straßen in die Kanalisation; Überlaufrohre leiten die Abwässer ungeklärt in die Spree. "Das sind im Stadtgebiet Berlin etwa sieben Millionen Kubikmeter pro Jahr", sagt Ralf Steeg. Der Diplom-Ingenieur für Landschaftsarchitektur und Umweltplanung hat vor fünf Jahren sein Projekt "Spree2011" begonnen, das bis 2011 die Spree zum Badefluss machen soll. Darin wird er mittlerweile von einer Umweltfirma unterstützt und vom Senat der Stadt Berlin finanziell gefördert.

Steegs Prinzip klingt einfach: "Eimer drunter, Deckel drauf." Er möchte an vielen Stellen des Flusses Auffangbehälter am Ende der Abwasserrohre installieren, von denen die Abwässer nach der Regenflut zurück in eine zentrale Kläranlage gepumpt werden können. Alternativ sollen die 7 x 10 x 2,75 Meter großen Container eine Minikläranlage enthalten, "um das Wasser sofort zu reinigen und sauber in den Fluss zu leiten".

Flexibel und preiswert sollen die Module sein: Boden und Deckenplatte aus Stahl, und die Seitenwände aus Hypalon, das auch im Bootsbau verwendet wird. "Im Flussgrund verankert, können die Module auf einer fast beliebig großen Fläche verbunden werden", sagt Steeg. Auf den Inseln könnten Open-Air-Kinos, Cafés, Camping- oder Volleyballplätze gebaut werden, zur Refinanzierung und als "Symbole der ökologischen Veränderung im Wasser". Im Juni 2004 ergab eine Studie unter Leitung von Norbert Engel, Professor für Siedlungswasserwirtschaft der Berliner Fachhochschule für Technik und Wirtschaft, das Projekt sei durchführbar - und spare sogar Geld: Ein Kubikmeter Off-Shore-Speicher koste 75 Prozent weniger als herkömmliche Betonspeicher an Land, für die dort auch vielfach nicht genug Platz wäre.

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