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Blue Tears Dieses traumschöne Naturphänomen ist in Wirklichkeit ein Warnsignal des Meeres

Meeresblüte
Strandbesuchern in Taiwan bietet sich in den Sommermonaten ein verblüffend schöner Anblick
© Yu-Xian Yang
Eine blau schimmernde Meeresblüte rund um die taiwanesischen Matsu-Inseln verzaubert jedes Jahr im Sommer vor allem chinesische Touristen. Der Grund für dieses Phänomen ist allerdings besorgniserregend

Unter chinesischen Touristen ist das Phänomen schon seit Jahren bekannt: Bilder von blau leuchtenden Stränden und Klippen, besonders rund um die Taiwanesischen Matsu-Inseln, gingen um die Welt. Enthusiasten tauften das ungewöhnliche Naturspektakel „Blue Tears“. Doch die romantische Verklärung verdeckt, dass es sich bei dem Phänomen in Wirklichkeit um ein Warnsignal des Meeres handeln könnte.

Denn Ausdehnung und Intensität des Phänomens, das durch einzellige leuchtfähige Lebewesen, so genannte Dinoflagellaten, ausgelöst wird, deuten möglicherweise auf eine Verschmutzung des Ostchinesischen Meeres durch den Jangtse, Chinas größten Fluss hin. Diesen Zusammenhang deckt nun eine aktuelle chinesisch-amerikanische Studie auf.

Einzeller vergiften das Meerwasser

Um das Phänomen besser zu verstehen, haben Chuanmin Hu von der University of South Florida und seine Kollegen fast 1000 Satellitenbilder aus 19 Jahren ausgewertet. Denn selbst aus dem All ist der gesuchte Organismus, die rote Variante von Noctiluca scintillans dank seiner Farbe sicher zu erkennen. Die Analyse der Satellitendaten zeigte: Die Meeresblüte breitet sich im Verlauf der Jahre aus – und erreicht immer tiefere Schichten des Meeres.

Das könnte für Meeresorganismen zum Problem werden. Denn der Einzeller selbst ist zwar ungiftig. Aber Noctiluca scintillans ernährt sich von giftigen Algen und setzt durch seinen Stoffwechsel unter anderem Ammoniak frei. Zudem entziehen die Einzeller dem Meereswasser Sauerstoff – der für andere Meereslebewesen überlebensnotwendig ist. Beides zusammen stellt etwa für Fische und Meeresschildkröten – so Chuanmin Hu – eine ernsthafte Gefahr dar. Belastetes Wasser kann selbst für Menschen gesundheitsschädlich sein, sagt der Ozeanograf.

Ist künstlicher Dünger schuld?

Auch zwei Verdächtige haben die Forscher ausgemacht: die moderne Landwirtschaft und den Jangtse. Hu und seiner Kollegen registrierten nämlich eine signifikante Abnahme der Blüte in den Jahren 2000 bis 2003 – das ist exakt die Bauzeit des umstrittenen Drei-Schluchten-Damms. In dieser Zeit gelangte weniger Wasser mit dem Jangtse in das Ostchinesische Meer. Und damit weniger Nährstoffe von den angrenzenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen. Im Jahr der Fertigstellung, 2003, breitete sich die Blüte erneut aus.

Die Forscher wollen mit ihrer Methode, Meeresblüten aus dem All zu erkennen, nicht nur rechtzeitig vor dem massenhaftem Auftreten problematischer Einzeller warnen. Die Informationen sollen auch dem Tourismus zugute kommen. Denn mit besseren Prognosen könnten künftig zielsicher Schaulustige zu den leuchtenden Stränden gelotst werden.

Dinoflagellaten, die zur Bioluminiszenz fähig sind, leben in allen Küstengewässern rund um den Globus. Auch in nördlicheren Breiten, etwa an Nord- und Ostsee, ist das Phänomen in warmen Sommern zu beobachten.

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