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Bernhard von Clairvaux Der Mönch und die Lizenz zum Töten

Bernhard von Clairvaux
Der Zisterzienserabt Bernhard von Clairvaux verfasst die Schrift „Lob des neuen Rittertums“ und erhebt den christlichen Streiter, der für Jesus lebt und stirbt, zum Ideal eines gottgefälligen Kriegers
© Filippino Lippi
Als ruhmsüchtige und gierige Sünder schmäht Bernhard von Clairvaux, einer der berühmtesten Theologen des Abendlandes, um 1140 die mittelalterlichen Ritter. Doch der Kirchenmann weist den Reiterkämpfern auch einen Weg aus der ewigen Verdammnis: den heiligen Krieg

Schon seine Nähe soll Segen bringen: Scharen von Kranken folgen dem hageren Asketen durch die Lande, kaum dass er sein Kloster im Osten Frankreichs verlässt. Abt Bernhard von Clairvaux, so glauben sie, kann sie heilen. Doch es ist vor allem seine rednerische Gabe, die die Menschen anzieht – gleich welchem Stand sie angehören. Sogar Päpste und Könige fragen den Zisterzienser um Rat. Und ausgerechnet dieser hochgelehrte, vergeistigte Mönch wird der abendländischen Ritterschaft die Legitimation zum Töten liefern.

Bernhard, 1090 als dritter Sohn eines Burgherrn in Burgund geboren, geht mit Anfang 20 ins Kloster, lebt von da an in strengster Enthaltsamkeit. Blutarmut und heftige Magenbeschwerden werden ihn deshalb immer wieder plagen.

Im Jahr 1115 wird er zum Abt des gerade gegründeten Zisterzienserklosters Clairvaux bestimmt. Bernhards Ruf lässt die Zahl der Mönche rasch wachsen. So erfolgreich ist die Gemeinschaft, dass sie bald Dutzende weitere Ableger gründet, in Frankreich, aber auch in England, Deutschland, Portugal, Italien und Schweden.

Templer sprengen die christliche Ordnung des Abendlandes

Die Stimme des jungen Abts hat Gewicht im Orden und darüber hinaus. Da erreichen Bernhard um das Jahr 1129 mehrere Briefe eines Verwandten. Der Kreuzfahrer Hugo von Payns steht den Templern vor, einer kleinen Bruderschaft, deren Mitglieder seit 1120 die Pilger im Heiligen Land mit Waffen beschützen, um so Buße zu tun für die eigenen Sünden.

Doch tatsächlich missachten sie damit die Hierarchie der Kirche: Denn niemandem ist es erlaubt, sich selbst ohne Zustimmung des Papstes geistliche Regeln zu geben. Als mönchsgleiche Ritter sprengen die Templer zudem die christliche Ordnung des Abendlandes, die nach theologischer Vorstellung aus den drei strikt voneinander getrennten Ständen Kämpfer, Geistliche und Bauern besteht.

Bernhard von Clairvaux verfasst ein Meisterwerk der Rhetorik

Schon zweifeln sie sogar selbst an der Gottgefälligkeit ihrer Mission. Hilfesuchend wendet sich Hugo von Payns daher an seinen einflussreichen Verwandten, mit der Bitte, ihnen doch eine Ermutigung zu schreiben.

Das kurze Traktat, das Bernhard schließlich verfasst, trägt den Titel „An die Tempelritter: Lob des neuen Rittertums“ – und ist ein Meisterwerk der Rhetorik. Geschickt verwebt Bernhard darin Jesu Wirken mit dem Tun der Templer. Wie einst der Heiland Händler und Geldwechsler aus dem Tempel in Jerusalem vertrieben habe, würden die frommen Ritter nun die Ungläubigen aus dem Heiligen Land verjagen. Wer ehrenvoll diesen Weg beschreite und im Namen Christi lebe und sterbe, dem sei der Himmel sicher.

Ein neues Ideal vom Rittertum

Diese neue Ritterschaft, so Bernhard, habe rein gar nichts gemein mit den weltlichen Kämpfern zu Pferde, die sich in Seide kleideten, Turniere ritten und die Haare lang trügen wie Weiber. Jene Ritter würden nicht für Gott streiten, sondern allein aus Wut, Ruhmsucht und Gier. Sie seien keine militia, Ritterschaft wie die Templer – sie seien malitia, eine Gemeinschaft der Boshaftigkeit.

Mit seiner Schrift entwirft Bernhard von Clairvaux ein neues Ideal vom Rittertum: Er kritisiert dessen weltliche Ausschweifungen und legitimiert zugleich den Kampf der Templer im Namen des Kreuzes als gottgefällig. So hegt er den kriegerischen Berufsstand ein in die christliche Heilslehre und weist allen frommen Rittern einen Weg aus ewiger Verdammnis: Der Templer „nimmt wahrlich den Tod des Feindes als Sühne gern an. Ein Ritter Christi, sage ich, tötet mit gutem Gewissen, noch ruhiger stirbt er.“

Kampagne für die Teilnahme an einem weiteren Kreuzzug

1139 erkennt der Papst die Templer als ersten geistlichen Ritterorden überhaupt an. Unterdessen gründen sich im Heiligen Land weitere kämpfende Gemeinschaften nach ihrem Vorbild. Sie alle folgen der von Bernhard propagierten Lehre: Der Krieg im Namen Gottes macht den Kämpfer zum gerechten Ritter Christi, der auf die Vergebung seiner Sünden hoffen darf.

Ab 1146 verbreitet Bernhard im Auftrag des Papstes diese Botschaft im Abendland, um für die Teilnahme an einem weiteren Kreuzzug zu werben. Die anstrengende Kampagne in zahlreichen Ländern Europas bringt ihn immer wieder an seine körperlichen Grenzen. 1153 stirbt er völlig ausgezehrt im Kloster von Clairvaux. Der Feldzug ins Heilige Land, für den er geworben hatte, war da bereits zu Ende gegangen – mit einer demütigenden Niederlage der Kreuzritter.

Dieser Artikel ist ein Zusatzinhalt zur GEOEPOCHE-Ausgabe „Die Welt der Ritter“. Das Heft finden Sie hier.

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