Sie umarmen sich, stecken ihre Köpfe durch Zeitungen, albern herum, spielen Gitarre und setzen sich sogar auf ein Fahrrad: Hugh Mangum porträtierte in seinem Atelier Menschen in allen erdenklichen Posen. Vor allem aber öffnete er seine Türen für Weiße und Schwarze – in Zeiten der Rassentrennung. Wie kaum ein anderer Weißer dokumentierte er so das Leben im Süden der USA im frühen 20. Jahrhundert.
Mangum, geboren 1877 in Durham, North Carolina, zog etwa ab den 1890er-Jahren als Wanderfotograf mit seiner Ausrüstung im Süden der USA umher. Hauptsächlich in North Carolina und Virginia bot er Porträtfotografien an, damals eine immer noch junge Technik.
Hugh Mangum fotografierte alle Menschen ohne Unterschied
Offiziell waren Afroamerikaner seit der Abschaffung der Sklaverei 1865 zwar gleichberechtigte Staatsbürger der USA, tatsächlich aber wurden sie vielerorts weiterhin ausgebeutet. Zudem schrieben Lokalregierungen die Trennung von Weißen und Schwarzen vor – in Wohngebieten, Schulen, Restaurants und öffentlichen Toiletten, in Zügen, Parks und Krankenhäusern, in Gefängnissen und selbst auf Friedhöfen. In North Carolina etwa durften Schwarze Krankenpfleger*innen keine Weißen behandeln.
Die Einrichtungen für Afroamerikaner waren offiziell gleichwertig, in Wirklichkeit aber oft mangelhaft. Von Weißen geführte Geschäfte durften Schwarze, wenn überhaupt, nur durch die Hintertür betreten und mussten warten, bis die Weißen bedient worden waren.
Hugh Mangum fotografierte trotzdem alle Menschen ohne Unterschied. Seine nomadische Arbeitsweise, hauptsächlich in provisorischen Räumen, ermöglichte es ihm, relativ unabhängig von örtlichen Normen und Verordnungen der Rassentrennung zu arbeiten.
Was trieb Mangum an? Wer waren die Menschen, die er fotografierte? Warum zog er von einer Stadt zur nächsten? Und was dachte er selber über die Rassentrennung? Informationen, die heute verloren sind. Was bleibt, sind Bilder von jenen, die mit ihm einen Moment in seinem Atelier teilten. Sie alle lichtete Mangum in ihrer Individualität ab, ungeachtet ihrer Hautfarbe – und war der Porträtfotografie damit weit voraus. 1922 starb der Fotograf in Virginia im Alter von nur 44 Jahren.