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Trotz Sparpakets Bundesregierung will der Post eine halbe Milliarde an Steuern nachlassen

Um die Schuldenbremse einzuhalten, kratzt der Bund alle verfügbaren Einnahmen zusammen und verteuert Heizen und Tanken. Trotzdem plant die Ampelkoalition nach SPIEGEL-Informationen einen Steuerrabatt für die Post.
aus DER SPIEGEL 51/2023
Post-Tower in Bonn: Wettbewerbsverzerrung zugunsten des Marktführers

Post-Tower in Bonn: Wettbewerbsverzerrung zugunsten des Marktführers

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Oliver Berg / picture alliance / dpa

Klammen Kassen und dem jüngsten Sparpaket zum Trotz: Die Bundesregierung verschafft der Deutschen Post eine Steuererleichterung in Höhe von Hunderten Millionen Euro. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) wollen den ehemaligen Staatsmonopolisten weitgehend von der Umsatzsteuerpflicht bei Geschäftskunden befreien, im Rahmen des sogenannten Postrechtsmodernisierungsgesetzes.

Dadurch drohten »Steuerausfälle für Bund und Länder von grob geschätzten 500 Millionen Euro«, schreibt der Bundesverband Briefdienste BBD), ein Zusammenschluss privater Konkurrenten der Post, in einem Protestbrief an Lindner. »Das sind in Zeiten knapper öffentlicher Kassen auch keine Peanuts.«

Postkonkurrenten befürchten Wettbewerbsnachteile

Lindners Fachleute haben die Maßnahme nach SPIEGEL-Informationen durchgerechnet. Anders als üblich findet sich zur Höhe der Steuerausfälle aber keine Angabe im Gesetzentwurf. Bei der Frage nach den Gründen verweist das Finanzministerium auf das federführende Wirtschaftsministerium.

DER SPIEGEL 51/2023

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Die Post-Konkurrenten befürchten eine Wettbewerbsverzerrung zugunsten der marktbeherrschenden Post, an der noch immer der Bund über die staatliche Förderbank KfW beteiligt ist. Denn die privaten Anbieter müssen weiterhin 19 Prozent Mehrwertsteuer bezahlen. Das stelle eine »akute Existenzgefährdung der verbliebenen unabhängigen Brieflogistiker« dar, heißt es in dem Brief an Lindner.

Gestärkte Position

Tatsächlich kann die Post, wenn die Umsatzsteuerpflicht für größere Geschäftsbereiche wegfällt, ihre Dienstleistungen preiswerter anbieten als die Konkurrenz, sofern sie ihre Preise senkt. Tut sie dies nicht oder nicht in vollem Umfang, verbleibt der Steuernachlass in ihrer Kasse. Beides stärkt ihre Position gegenüber den Herausforderern.

Der BBD fordert Lindner in seinem Schreiben auf, sich für den Status quo bei der Umsatzbesteuerung einzusetzen. »Anderenfalls würden die positiven, den Wettbewerb stärkenden Elemente des Gesetzentwurfs ins Leere laufen, denn die Deutsche Post erhielte einen gewaltigen Preisvorsprung frei Haus geliefert.«

Doch Lindners und Habecks Plan ist kein Selbstzweck. Die Minister wollen mit dem Erlös aus dem Verkauf von Post- und Telekom-Aktien das Eigenkapital der Bahn aufpolstern. Die geplante Bevorzugung der Post dürfte deren Börsenwert steigern.

Die Post teilt am Freitag mit, dass der BBD mit seiner Kritik »auf dem Holzweg« sei. Die geplante Befreiung von der Umsatzsteuerpflicht sei kein Steuergeschenk, der Bund setze damit nur geltendes EU-Recht um. Der Bund wende mit der Klarstellung »Risiken aus der Vergangenheit für den Fiskus« ab, argumentiert der Konzern. »Es hätten sonst Milliarden an zu Unrecht erhobenen Umsatzsteuern rückabgewickelt werden müssen.«

Anmerkung der Redaktion: Wir haben den Text nachträglich um eine Stellungnahme der Post ergänzt.

rei
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