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Gestorben Vera Molnár, 99

aus DER SPIEGEL 51/2023
Foto: Catherine Panchout / Sygma / Getty Images

Neues zu entdecken reizte die Grande Dame der Computerkunst augenscheinlich ein ­Leben lang. Die als Vera Gács in Budapest geborene Künstlerin begann während des Zweiten Weltkriegs an der Ungarischen Akademie der Bildenden Künste zu studieren. In Paris, wo sie bald François Molnár heiratete, setzte sie ihre Auseinandersetzung mit abstrakter, geometrisch-konstruktiver Malerei fort. ­Dabei spielte das Quadrat von Anfang an eine ­Hauptrolle. Vera Molnár arbeitete nach der »méthode imaginaire«: Innerhalb einer quadratischen Fläche setzte sie nach eigenen Regeln (ima­ginäre) Punkte und variierte das Ganze dann mit minimalen Abweichungen, um Überlagerungen, Bewegungen, Leerräume zu erschaffen. Gern spielte sie auch mit Farben. Das Komplexe im Simplen und umgekehrt, die Spannung ­zwischen Ordnung und Unordnung, das waren ihre Themen. 1968 entdeckte Molnár den Computer als Werkzeug und Assistenten für sich. Damals nahmen Rechner noch ganze Räume ein. Molnár lernte die Programmiersprache Fortran und schaffte es, im Forschungslabor eines Computerherstellers experimentieren zu ­dürfen: »Damals hatten die Männer alle das Gefühl, ich wäre ein wenig verrückt«, sagte sie später. Die international gefeierte Künst­lerin hatte zuletzt für eine Ausstellung in Paris den Kupferstich »Melencolia I« (1514) von ­Albrecht Dürer mithilfe künst­licher Intelligenz neu in­ter­pretiert. Das Centre Pompidou wird ihr im kommenden Fe­bruar eine große Retro­spek­tive widmen. Vera Molnár starb am 7. Dezember in Paris.

ks
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