Gestorben Vera Molnár, 99
Neues zu entdecken reizte die Grande Dame der Computerkunst augenscheinlich ein Leben lang. Die als Vera Gács in Budapest geborene Künstlerin begann während des Zweiten Weltkriegs an der Ungarischen Akademie der Bildenden Künste zu studieren. In Paris, wo sie bald François Molnár heiratete, setzte sie ihre Auseinandersetzung mit abstrakter, geometrisch-konstruktiver Malerei fort. Dabei spielte das Quadrat von Anfang an eine Hauptrolle. Vera Molnár arbeitete nach der »méthode imaginaire«: Innerhalb einer quadratischen Fläche setzte sie nach eigenen Regeln (imaginäre) Punkte und variierte das Ganze dann mit minimalen Abweichungen, um Überlagerungen, Bewegungen, Leerräume zu erschaffen. Gern spielte sie auch mit Farben. Das Komplexe im Simplen und umgekehrt, die Spannung zwischen Ordnung und Unordnung, das waren ihre Themen. 1968 entdeckte Molnár den Computer als Werkzeug und Assistenten für sich. Damals nahmen Rechner noch ganze Räume ein. Molnár lernte die Programmiersprache Fortran und schaffte es, im Forschungslabor eines Computerherstellers experimentieren zu dürfen: »Damals hatten die Männer alle das Gefühl, ich wäre ein wenig verrückt«, sagte sie später. Die international gefeierte Künstlerin hatte zuletzt für eine Ausstellung in Paris den Kupferstich »Melencolia I« (1514) von Albrecht Dürer mithilfe künstlicher Intelligenz neu interpretiert. Das Centre Pompidou wird ihr im kommenden Februar eine große Retrospektive widmen. Vera Molnár starb am 7. Dezember in Paris.