Anzeige

Euclid-Mission Woraus besteht das Universum? Ein Teleskop ergründet die dunkle Seite des Weltalls

Im Moment könne kein anderes Teleskop einen gesamten Kugelsternhaufen beobachten und gleichzeitig die schwachen Sterne seiner äußeren Bereiche von anderen kosmischen Lichtquellen unterscheiden, sagt der Astronom Davide Massari. Er und seine Kolleg*innen suchen in Kugelsternhaufen nach "Gezeitenschweifen": einer Spur von Sternen, die sich aufgrund einer früheren Wechselwirkung mit einer Galaxie weit über den Haufen hinaus erstreckt.
Ein neuer Blick in die kosmische Geschichte: erste Aufnahmen des Weltraumteleskops Euclid CC BY-SA 3.0 IGO 
© ESA/Euclid/Euclid Consortium/NASA, image processing by J.-C. Cuillandre (CEA Paris-Saclay), G. Anselmi; CC BY-SA 3.0 IGO
Die Esa hat ein Teleskop ins All gesandt, um zwei der großen Rätsel unserer Zeit zu ergründen: das Wesen Dunkler Materie und Dunkler Energie. Gelingt endlich, woran die Wissenschaft seit Jahrzehnten scheitert? 

Niemand hat sie je direkt vermessen, und niemand kennt die mysteriösen Teilchen, aus denen sie besteht. Dennoch ist die Physik sich weitgehend sicher: Dunkle Materie existiert. 

Denn ohne ihre Schwerkraft würden sich Galaxien nicht zu Haufen zusammenballen, flögen die äußeren Sterne schnell rotierender Galaxien aus ihrer Bahn. Wie unsichtbarer Klebstoff hält Dunkle Materie das Universum zusammen und verleiht ihm Struktur.

Dem entgegen wirken die Kräfte der Dunklen Energie. Sie zerren unsere Welt auseinander, kaum merklich und doch immer schneller. Unser Universum dehnt sich aus. 

Dunkle Materie und Dunkle Energie, so postuliert es die heute gültige Lehrmeinung, machen über 95 Prozent unseres Universums aus. Zu fassen bekommen Forscherinnen und Forscher sie dennoch nicht. Zumindest bislang. 

Das zu ändern ist das Ziel einer aktuellen Esa-Mission. Im Juli schickte die europäische Raumfahrtagentur ihr Teleskop Euclid ins All. Es soll "den Abdruck des Unsichtbaren auf das Sichtbare aufspüren", wie Missionsleiter Giuseppe Racca sagt: jenen messbaren Einfluss, den Dunkle Materie und Dunkle Energie auf den sichtbaren Kosmos ausüben.

"Schon in zwei Jahren könnten wir die ersten kosmologischen Resultate präsentieren", sagt Racca und ringt seinen spröden Lippen ein müdes Lächeln ab. Es ist der 7. November, Journalisten und Mitglieder der Euclid-Mission haben sich im Satellitenkontrollzentrum der Esa in Darmstadt versammelt. Seit den Morgenstunden spricht Racca unentwegt in Kameras und Mikrofone, beantwortet geduldig Fragen, verkündet die frohe Botschaft: Das Weltraumteleskop hat erste verwertbare Bilder zur Erde geschickt. "Atemberaubend", nennt Racca die Aufnahmen, mehr noch: "einen Meilenstein der Kosmologie!" 

Euclid soll binnen sechs Jahren die Form und Position vieler Milliarden Galaxien in bis zu zehn Milliarden Lichtjahren Entfernung erfassen. Das Weltraumteleskop erschafft eine gigantische 3-D-Karte der Bereiche rund um die Milchstraße. Und wird, so hoffen die über 2000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Euclid-Konsortiums, die Verteilung Dunkler Materie in unserem Universum kartieren. "Wenn wir diese Daten zusammen mit der Verteilung sichtbarer Materie im Universum analysieren", sagt Racca, "können wir neue Einsichten darüber gewinnen, wie und in welchem Ausmaß auch Dunkle Energie zur Entstehung unseres Universums beigetragen hat."  

Doch von vorne.

Mehr zum Thema