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Was die Uhrenwelt 2023 bewegte – und was 2024 kommen wird

Oyster Perpetual 36 Rolex UHRENrückm126000-0009_2301jva_002_cmjn Oyster Perpetual 36 Rolex UHRENrückm126000-0009_2301jva_002_cmjn
Kaum zu glauben – aber Rolex kann tatsächlich auch verspielt: „Oyster Perpetual 36“
Quelle: ©Rolex/JVA Studios
Eine gut besuchte Messe, verspielte Modelle bei Rolex und viel Bewegung bei Audemars Piguet: 2023 war für Uhrenfreunde wieder alles andere als langweilig. Im kommenden Jahr wird vor allem ein Trend besondere Beachtung finden.

Als gesichert gilt: Es war ein äußerst eigenwilliges Jahr für all jene, die sich als Uhren-Enthusiasten verstehen. Die Watches & Wonders in Genf, der Branchentreffpunkt schlechthin, war nach der Covid-Krise endlich wieder so richtig gut besucht. Mechanische Zeitmesser galten vielen auch 2023 noch als durchaus interessante clevere Ergänzung zu Aktien und Anleihen, Immobilien, Gold, Kunst und Kryptowährungen.

Wer sich auf Social Media dem mitunter eigenwilligen Humor der Uhrenfreunde hingab, stieß zugleich auf Memes, mit denen Sammler mit ihrer Suche – man könnte auch sagen: Sucht – nach dem nächsten gehypten Modell kokettierten, oder sich über die fallenden Preise auf dem Zweitmarkt verzweifelt amüsierten. Denn die alternative Assetklasse „Mechanische Uhren“ geriet mächtig unter Druck. Selbst Rolex-Konzessionäre berichten von Anrufen, in denen sich Sammler über den sinkenden Wert ihrer Zeitmesser sorgten – dabei gab es noch immer längst nicht genug Ware für alle Interessenten.

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Bekanntes Gesicht, bekannte Uhr: George Clooney mit einer Omega „Speedmaster ’57“
Quelle: Omega

Klar, fast alle Modelle waren immer noch über dem Listenpreis, aber die Rendite-Exzesse der Corona-Jahre waren auf einmal vorüber. Obendrein blieb auf den großen Uhren-Auktionen von Genf bis Hongkong vieles liegen. Und obendrein säte ein unter dem Instagram-Namen Perezcope agierender investigativer Journalist stets begründete Zweifel an der Herkunft von Uhren, die in Auktionskatalogen als erstklassig beschrieben wurden.

Man kann dies allerdings als eine eher erfreuliche Entwicklung betrachten: Denn ja, alles in allem war 2023 eher ein Jahr der Konsolidierung, spektakuläre Neu-Lancierungen waren dagegen rar. Aber nein, noch können weder Marken noch Kunden so richtig klagen. Die meisten Manufakturen machten weiter blendende Geschäfte, und als Kunde hatte man wieder das gute Gefühl eine Uhr in erster Linie aus intrinsischen Motiven zu kaufen – weil es das Modell, die Marke, die Handwerkskunst waren, die einen zutiefst berührten. Und nicht etwa, weil man die Uhr jederzeit mit maximalem Profit verkaufen kann, oder die Neuanschaffung mit einer zumindest in der Theorie möglichen Rendite vor sich selbst und dem Freundeskreis rechtfertigt.

Und sonst? IWC schenkte der Welt die Neu-Auflage der „Ingenieur“, Breitling revitalisierte die „Avenger“-Kollektion, und bei Omega feierte man die „Seamaster“. Auf die „Moonswatch“ folgte mit der „Bioceramic Scuba Fifty Fathoms“ die Kooperation von Blancpain und Swatch. Porsche Design erinnerte sich an seine Militär-Uhren-Vergangenheit, und ließ sich zum „Chronograph 1 Utility“ inspirieren. Grün blieb eine dominierende Farbe, und Titan wurde nun hochoffiziell zum Trend-Material.

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In Kooperation mit dem Designer Matthew Williams und dessen Label 1017 ALYX 9SM präsentierte Audemars Piguet die wohl puristischste „Royal Oak“ aller Zeiten
Quelle: AUDEMARS PIGUET

Der Branchenführer Rolex zeigte sich ungewohnt verspielt: Bei der Präsentation der „Puzzle-Day-Date“ und der „Celebration-Oyster-Perpetual“ dachte manch einer zunächst an einen Scherz, so sehr hoben sich die Modelle von der gewohnten Denke der Genfer ab. Der kinderlose Jörg Bucherer starb Anfang November mit 87 Jahren – kurz nachdem er sein Einzelhandels-Imperium an Rolex verkauft hatte. Thierry Stern, der Eigentümer von Patek Philippe, wurde auf seiner „Watch Art Grand Exhibition“ in Tokio von den japanischen Freunden der Marke wie ein Kaiser verehrt. Unzählige haben nun ein Selfie mit Mr. Patek Philippe höchstpersönlich in ihrem Fotostream.

Und François-Henry Bennahmias, der scheidende CEO von Audemars Piguet, bescherte der Sammler-Gemeinschaft er gemeinsam mit Designer Matthew Williams und dessen Label 1017 ALYX 9SM die wohl monochromste und puristischste „Royal Oak“ aller Zeiten – und dann vor wenigen Wochen gemeinsam mit Travis Scott eine „Royal Oak“ aus brauner Keramik. Uhren also, die den Spagat zwischen Establishment und Fashion- bzw. Hip-Hop-Subkultur wagen.

Beim Blick in die Zukunft müssen wir zuerst bei Audemars Piguet bleiben. François-Henry Bennahmias geht, und Ilaria Resta kommt. Viele Experten sind davon überzeugt, dass Uhren ein ganz besonderes Produkt sind, das nur diejenigen in Gänze verstehen und verkaufen können, die viel Erfahrung in der Branche gesammelt haben. Resta aber war lange bei Procter & Gamble, und zuletzt beim Aromen- und Duftstoffhersteller Firmenich. Entsprechend groß ist die Spannung, in welche Richtung die Italo-Schweizerin die Marke für die Eigentümerfamilien lenken wird. Folgt sie dem Kurs ihres Vorgängers, und setzt auf Zeitgeist und Street-Culture? Oder schlägt sie einen anderen Weg ein?

Auf 30 Stück limitiert

Das kann nur die Zeit zeigen – genauso verhält es sich bei der Frage, was die Übernahme von Universal Genéve durch Breitling bedeutet. Für viele Sammler ist „UG“ eins der wunderbarsten Unternehmen überhaupt, reich an Geschichte und Stil. Doch dieses Erbe hatten die Eigentümer der Markenrechte nicht mehr gepflegt. Nun hofft man auf ein behutsames Revival, das den zurückhaltenden Maßen und schlanken Linien der Vintage-Modelle Respekt erweist – immerhin sind kleinere Uhren nach wie vor sehr gefragt.

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Sehr genau wird auch verfolgt werden, was rund um die Charity-Auktion „Only Watch“ geschieht. Nachdem Kritik an der mangelnden Transparenz über die Verwendung der generierten Millionen laut wurde, verschob der in Monaco ansässige Veranstalter die Auktion auf 2024. Nun warten Sammler gespannt, ob es tatsächlich zu einem Comeback der Veranstaltung kommt, die ausschließlich Unikate zugunsten der Erforschung der Duchenne Muskeldystrophie versteigert.

Im Übrigen werden auch 2024 mehr oder weniger große Jubiläen marketingtechnisch mehr oder weniger maximal ausgeleuchtet werden: Darunter 100 Jahre Seiko-Uhren, 140 Jahre Breitling und der 70. Geburtstag der Rolex „GMT-Master“. Betriebswirtschaftlich herrscht Spannung: Nach den Boom-Jahren wird in der Branche spekuliert, dass 2024 für jene Marken fordernd werden könnte, die im Sog des Uhren-Hypes rund um eine Handvoll Industrie-Giganten rasant expandiert haben. Nun aber müssen diese Manufakturen zeigen, dass sie auch in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheiten stark genug dafür sind, die Kundschaft zum Kauf zu bewegen.

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Independent, der bleiben wird: MB&F „HM11 Architect 2023“
Quelle: MB&F

Rolex ist dabei, die Produktionskapazitäten massiv auszubauen. Im schweizerischen Bulle sollen ab 2029 mehr als 2000 Mitarbeiter noch mehr Zeitmesser schaffen, und bis diese Fabrik fertig ist, sollen temporäre Einrichtungen aushelfen. Das Ganze ist nicht nur ein Milliarden-Investment, es verstärkt auch den Kampf der Manufakturen und Uhren-Konzerne in der Region um Mitarbeiter.

Was zu der Frage führt, was bleiben wird. Der Romantiker denkt: Die Liebe zum Handwerk, zu der Kunstform, die Uhrmacherei im Bestfall darstellt. Ein wenig sachlicher ausgedrückt: Neben all den Jobs und Aktienkursen, die an den Branchenriesen hängen, hat die Begehrlichkeit für mechanische Zeitmesser auch viele kleine Häuser hervorgebracht, die von der Sehnsucht nach Individualität leben. Max Büsser erdenkt mit MB&F „horologische Maschinen“, die uhrmacherische Konventionen sprengen und extrem verspielt sind. Francois-Paul Journe baut rund 1000 Modelle im Jahr, was für einen „Independent“ schon sehr viel ist, und trotzdem ist die Nachfrage um ein Vielfaches größer. Eine der Hauptsorgen bei Micro- und Mini-Manufakturen ist gemeinhin: Was mache ich mit meiner Uhr, wenn es die Marke in ein paar Jahren nicht mehr gibt? Büsser und Journe aber zeigen, dass Independents bleiben wollen und werden.

Nicht mehr wegzudenken ist das Gespräch über Nachhaltigkeit. Sicherlich bleiben Design, Preis und Status die drei ganz großen Kauf-Anreize. Aber die Bedeutung einer nachhaltigen Produktion, die Verwendung von ethisch einwandfreien Metallen und Edelsteinen, kleinere Verpackungen und Recycling werden laut der Deloitte Swiss Watch Industry Study zumindest wichtiger. Das Investment von Leonardo DiCaprio in die junge Sustainability-Marke ID Genève zeugt davon.

Wenn die Zeiten hässlich werden, kommt dem Exklusiven eine besondere Bedeutung zu

Schon lange geht es beim Blick auf die eigene Uhr nur noch bedingt darum, die Zeit abzulesen. Hat einen die Leidenschaft erst einmal richtig gepackt, dann steht das gute Gefühl beim Anblick des eigenen Zeitmessers mit seinen Funktionen, seinem Zifferblatt und Gehäuse im Vordergrund. Was genau dieses gute Gefühl auslöst, ist dabei zutiefst individuell. Warum sollte es nicht auch mit Umweltbewusstsein zu tun haben?

Wer dieser Tage im Feiertags-Trubel dann durch große Städte eilte, sah unweigerlich viele Uhren-Boutiquen, die auf den Prachtstraßen immer mehr Räume einnehmen. Nun mag einem Befangenheit vorgeworfen werden, aber: Das Interesse an Uhren wird nicht nachlassen. Schließlich handelt es sich und handwerklich faszinierende kleine Zeitmaschinen, die einen Geschichte erleben lassen, und die uns zugleich das Gefühl geben, den Alltag und die Zukunft im Blick zu haben. Außerdem spiegeln mechanische Zeitmesser die Sehnsucht nach Schönheit wider, nach technischem Fortschritt, aber sie umweht oft auch diese gewisse Nostalgie. Daran wird sich ebenfalls nichts ändern – und das macht zuversichtlich.

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