Die Geschäftsidee ist folgende: Auf Chrono24 können private und gewerbliche Uhrenverkäufer weltweit ihre Zeitmesser zum Kauf inserieren. Kommt es über die Homepage zum Deal, verdient auch die Plattform. Laut Eigenaussage sind in der letzten Finanzierungsrunde über 100 Millionen Dollar von Investoren eingesammelt worden, was den aktuellen Buch-Wert von Chrono24 auf über eine Milliarde Dollar hebt und das Unternehmen zu einem sogenannten „Unicorn“ – also Einhorn unter den Start-ups – macht. Schließlich ist der Sekundärmarkt für Uhren ein riesiger, der weltweite, jährliche Umsatz mit Modellen aus Vorbesitz wird schon jetzt auf einen zweistelligen Milliardenbetrag geschätzt. Tendenz wachsend.
Chrono24 ist in diesem Geschäft ein allgegenwärtiger Spieler. Gleichzeitig ist die Konkurrenz groß, und der Erfolg hart umkämpft: Der Richemont-Konzern versucht aus seinem teuer erworbenen Unternehmen Watchfinder ein Geschäft zu machen, während die Konkurrenten von Watchmaster in die Insolvenz rutschten und vom Konkurrenten Chronext übernommen wurden. Ein Prominenter Investor wie der 26-jährige Charles Leclerc ist da von Vorteil, bringt der Monegasse doch Celebrity--Power ins sonst eher schnöde Handelsgeschäft.
Die Allianz zwischen Uhren-Industrie und prominenten Unterstützern ist dabei ungefähr so alt wie das Geschäft selbst. Waren es einst Könige und Kaiser, die als Kunden von Abraham-Louis Breguet & Co. das Image aufwerteten, so waren es in der jüngeren Vergangenheit Prominente der unterschiedlichsten Bereiche. Vielen gilt Omega mit Markenbotschaftern wie Cindy Crawford und George Clooney dabei als Begründer des Celebrity-Marketings.
Charles Leclerc, der als Rennfahrer sein mehr als zehn Jahren eng mit der High-End-Marke Richard Mille verbandelt ist, und der in der Vergangenheit auch mit Modellen wie der Patek Philippe „Nautilus Ref. 5990“ oder der Hublot „Big Bang MECA-10“ gesehen wurde, ist als Investor mit anerkanntem Uhrenfaible sicherlich eine passende Wahl als Star-Teilhaber. Bei Chrono24 trifft er im Gesellschafterkreis sogar auf einen weiteren prominenten Co-Investor: Cristiano Ronaldo.
Als Ferrari-Pilot verdient Leclerc inzwischen pro Saison angeblich 34 Millionen Dollar. Bei der Vermehrung dieses eingefahrenen Vermögens vertraut er auf die Beratung durch seinen Bruder Lorenzo. Dieser wird dann auch den Markt genau überprüft haben, und die bislang nicht ganz so erfolgreichen Passion-Investments anderer Prominenter im Uhrensektor in die Bewertung einbezogen haben: So brachten der Singer-Songwriter John Mayer und NFL-Football-Legende Tom Brady im Jahr 2020 Kapital in das Uhren-Venture Hodinkee ein, das sowohl als Online-Magazin als auch als Handelsplattform Geld verdienen will. Jüngst war allerdings viel über finanzielle Probleme zu lesen, die dem Unternehmen durch die gesunkenen Preise auf dem Zweitmarkt entstanden sind. Gewinne: Werden vorerst nicht gemacht.
Letztlich ist es bei Beteiligungen dieser Art ähnlich wie bei jedem einzelnen Geschäft mit gebrauchten Uhren: Wichtig ist vor allem der Kurs, zu dem man gekauft hat. Wer zu teuer einsteigt, wird nur schwerlich Profit machen. Gerade bei bekannten Investoren ist es aber üblich, dass der Celebrity--Faktor sehr wohlwollend eingerechnet wird, egal ob das Unternehmen nun Eistee, Schokolade, Socken oder eben Luxus-Uhren verkauft, die mitunter hunderttausende Euro kosten. Das Risiko dürfte sich für die Leclerc-Brüder also in Grenzen halten. Zu gut funktioniert die Mischung aus Star-Power und Luxus-Uhr bis heute: Seien es die Gründer der noch jungen Marke Norqain, die kaum eine Gelegenheit verstreichen lassen, ohne zu erwähnen, dass Mark Wahlberg Besitzer der türkisen Norquain „Wild One“ ist. Oder sei es Audemars Piguet, die für Top-Stars wie Ed Sheeran selbstverständlich auch Einzelstücke anfertigen, auf dass er diese dann publikumswirksam auf der Bühne trägt.
Nur aus Sicht des Konsumenten hat das Investment vielleicht einen Beigeschmack: Schließlich werden via Chrono24 auch all jene Uhren von Rolex & Co. verkauft, die so hochbegehrt sind, dass sie auf dem Zweitmarkt oft über dem offiziellen Listenpreis gehandelt werden. Und ausgerechnet Leclerc, der auf derlei Modelle aufgrund seiner Star-Power und seines Vermögens sicherlich bevorzugten und direkten Zugriff hat, und sie durch sein Interesse noch begehrenswerter macht, verdient künftig am Hype um diese Uhren zumindest indirekt mit.