WELCOME TO
ICON MAGAZINE
ICON MAGAZINE
SAY HI!
  1. Home
  2. Icon
  3. Watches
  4. Uhren: Ein Tag in der Rolex-Wohngemeinschaft

Watches „Rolex-Wohngemeinschaft“

Wie Rolex die nächste Generation von Uhrmachern fit macht

Es geht um Bruchteile von Millimetern: Uhrmacher-Ausbildung bei Rolex Es geht um Bruchteile von Millimetern: Uhrmacher-Ausbildung bei Rolex
Es geht um Bruchteile von Millimetern: Uhrmacher-Ausbildung bei Rolex
Quelle: Rolex
Es ist selten, dass Rolex einen Blick in seine Werkstätten erlaubt. Für unseren Autor haben die Schweizer eine Ausnahme gemacht. Er weiß nun, wie hart es ist, den Ansprüchen der Ausbildung zu genügen.

„Es gibt eine Rolex-Wohngemeinschaft in Köln.“ Bei jedem Uhren-Enthusiasten startet wohl direkt das Kopfkino, was sich hinter dieser Feststellung verbirgt. Die Realität ist etwas banaler als die Fantasie: Es handelt sich um ein angemietetes Apartment, und wenn es an irgendeiner Stelle hapert, dann rufen die Bewohner dieser WG den Herrn Vogel an. Der kommt notfalls auch am Wochenende vorbei und hilft aus. Nicht etwa mit „Daytonas“ oder „Yacht-Masters“, sondern mit seiner Erfahrung und seinem Rat. So ist das als Auszubildender im ersten Lehrjahr, im Ausbildungs- und Schulungszentrum von Rolex Deutschland.

Vor lauter Begehrlichkeiten rund um die stärkste Uhrenmarke der Welt rückt mitunter eines in den Hintergrund: dass es auch Mitarbeiter geben muss, die sie strahlen lassen. Eine Begehung der Schulungseinrichtung in ihren neuen Räumen öffnet die Perspektive. Der Besuch in Köln fühlt sich dabei in etwa so an, als würde man sich zusammen mit Harry Potter am Gleis 9 3/4 am Londoner Bahnhof King’s Cross verabreden. Eben stand man noch vor einem nicht sonderlich schönen Hochhäuschen direkt am Kölner Hauptbahnhof, schon findet man sich in einer neuen Welt wieder. In einem Kosmos, in dem das Produkt alles ist und Reden zwar Silber sein mag, nur dass man bei Rolex eben grundsätzlich nur in Stahl, Gold, und Platin denkt.

Für alle Fragen steht in Köln ein Mentor bereit
Für alle Fragen steht in Köln ein Mentor bereit
Quelle: Rolex

Ausbildung allerdings gilt als das wertvollste Gut hier, über das man zudem selbst in diesem notorisch zugeknöpften Unternehmen spricht. Und so führt Ausbildungsleiter Alexander Vogel gemeinsam mit seinem Stellvertreter Nicklas Blum erstaunlich auskunftsfreudig durch das erst kürzlich eröffnete Zentrum, in dem nun endlich zusammenkommt, woran Vogel bereits seit zehn Jahren arbeitet: ein zentraler Ort für jegliche Aus- und Fortbildung. Also die Ausbildung junger Uhrmacher, Rolex-spezifische Lehrgänge für die Uhrmacher von Konzessionären sowie – ein ganz neuer Ansatz – ein Ort für die Ausbildung von spät berufenen Quereinsteigern. Seit 2013 ist Vogel bei Rolex, vorher hat er die Ausbildung bei Wempe Glashütte verantwortet. Er baute die Struktur auf und verstärkt seinen Arbeitgeber seit 2014 mit Nachwuchs. Der ist in der Branche ebenso begehrt wie rar.

Exklusive mechanische Uhren sind extrem populär – die Idee, sich zum Uhrmacher ausbilden zu lassen, weniger. Ein erheblicher Mangel an Fachkräften droht auch in diesem Segment. Deswegen gibt es die eigene Einheit mit sechs Auszubildenden im Jahr im sechsten Stock: 800 Quadratmeter für die Zukunft – alle Abteilungen zusammen auf einer Fläche; mit ergonomisch und qualitativ hochwertigen Arbeitsplätzen, die in jedem Detail durchdacht sind. Mit Auffangrillen am Tischrand zum Beispiel – damit Schräubchen nicht auf den Boden fallen.

Vogel, ein vergnügter Ex-Militär, ist für seine Schüler eine Mischung aus Drill-Sergeant und Ersatzvater. Aus dem ganzen Land kommen die Azubis zu ihm, denn klar ist auch: Wenn schon Uhrmacher, dann bitte schön am liebsten beim Branchen-Primus. Rund 250 Bewerber gibt es jedes Jahr, 30 bis 40 davon bittet Vogel zum Gespräch, sechs dürfen bleiben. Der Schulleiter will dabei keine Fangirls und -boys: „Ich frage immer: ‚Habt ihr euch auch woanders beworben?‘ Viele denken, ich wolle unbedingt hören, dass Rolex das Einzige für sie ist. Dabei will ich vor allem Auszubildende, die unbedingt Uhrmacher werden wollen.“

Fast alle werden danach im Unternehmen bleiben oder gehen zu einem der Rolex-Juweliere
Fast alle werden danach im Unternehmen bleiben oder gehen zu einem der Rolex-Juweliere
Quelle: Rolex

Drei Jahre dauert die Lehre. Die nächste Berufsschule zur überbetrieblichen Ausbildung für Uhrmacher ist in Recklinghausen, das ist fast 100 Kilometer entfernt. Wer solche Distanzen pendelt, der meint es ernst. Spätestens an der Berufsschule merken die Junioren dann, dass sie es als Schüler der Krone besser haben als die allermeisten ihrer Kollegen. Mit intensiverer Betreuung und besserer Ausrüstung. Auch wenn sie am Anfang erst deutlich länger mit der Theorie beschäftigt werden und vergleichsweise spät praktisch trainiert.

Ausbilder Vogel hält wenig von „Versuch macht klug“, er will Azubis, die schon wissen, was sie machen müssen – und warum. Andere Mitschüler müssen als bessere Aushilfen den halben Tag Uhrenbänder beim Juwelier wechseln, die Rolex-Schüler aber können sich ganz aufs Lernen konzentrieren und haben immer Unterstützung an ihrer Seite. Sie schwärmen dann auch: Es sei ein Privileg, so ein schönes Zentrum zu haben. Und wegen Einrichtungen wie der Wohngemeinschaft bildet sich schnell eine verschworene Gruppe. Vogel nennt es: „Zusammen kommen, zusammen gehen.“ Er fordert Disziplin, ist aber immer zu erreichen, sei es, weil die Waschmaschine nicht funktioniert oder weil es im Privaten Probleme gibt.

Eine Aufzugskrone aus Platin, wie sie zur Montage bereitsteht
Eine Aufzugskrone aus Platin, wie sie zur Montage bereitsteht
Quelle: ©Rolex/Ulysse Fréchelin

Ab dem dritten Jahr der Ausbildung wird dann ausschließlich an Rolex-Kalibern gelehrt. Im Gespräch mit zwei Absolventen spürt man den Respekt der Schüler gegenüber den Produkten ihres Lehrherrn: Deren Qualität und Verlässlichkeit sei einfach unübertroffen. Jedes Ersatzteil passe perfekt. Diese Präzision biete maximale Servicefreundlichkeit. Die Jung-Uhrmacher sehen ihre Uhren nicht als Statussymbol, sie sehen ein durchdachtes Produkt. Entsprechend zurückhaltend geben sie sich außerhalb des Unternehmens. Zu schnell werde man gefragt, ob man denn vielleicht eine Uhr auch unter Umgehung der berühmten Wartelisten beschaffen könne. Die Arbeit sei Privileg, und die Anstellung hüte man in gewisser Weise wie einen Schatz, der wertvoller als jede „Day-Date“ ist.

Doch was kommt danach? Fast alle bleiben im Unternehmen oder gehen zu einem der Rolex-Juweliere. Denn: Dort muss immer mindestens ein von Rolex zertifizierter Uhrmacher arbeiten. Oder man macht es wie Nicklas Blum, der Stellvertreter von Herrn Vogel. Der ist Absolvent der Rolex-Schule, 2019 war er fertig. Und eines Tages wird er vermutlich die Position von Alexander Vogel übernehmen. Der Nachwuchs ist also auch an dieser Stelle bereits gesichert.

Herr Vogel und sein Stellvertreter Herr Blum
Herr Vogel und sein Stellvertreter Herr Blum
Quelle: Rolex

Mehr aus dem Web
Neues aus der Redaktion
Auch interessant
Mehr zum Thema

Themen