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  4. Julien Tornare, CEO TAG Heuer im Gespräch: „Unsere Einstiegspreise müssen Maß und Mitte behalten“

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„Unsere Einstiegspreise müssen Maß und Mitte behalten“

Textchef ICON / Welt am Sonntag
Prestigeobjekt: Mit dem Schleppzeiger-Mechanismus der neuen „Monaco Split Seconds Chronograph“ lassen sich auch Zwischenzeiten stoppen (um 168.000 Euro) Prestigeobjekt: Mit dem Schleppzeiger-Mechanismus der neuen „Monaco Split Seconds Chronograph“ lassen sich auch Zwischenzeiten stoppen (um 168.000 Euro)
Prestigeobjekt: Mit dem Schleppzeiger-Mechanismus der neuen „Monaco Split Seconds Chronograph“ lassen sich auch Zwischenzeiten stoppen (um 168.000 Euro)
Quelle: TAG Heuer
Julien Tornare ist der Neue bei TAG Heuer. Hier spricht der CEO über die Partnerschaft mit Porsche, die Frage, ob er in Zukunft mehr auf Manufakturwerke setzen will und wie es sich anfühlt, wenn Ryan Gosling für einen Werbung macht.

Wer bei der Watches & Wonders in Genf unterwegs ist, der navigiert durch einen Dschungel aus Uhrmacherei, Smalltalk und Geschäftsinteressen. Es gilt, auf jedem Termin die Distanz neu zu bestimmen – und oft genug siegt die unverbindliche Diplomatie. Bei Julien Tornare, dem CEO von TAG Heuer, läuft das anders. Er gehört zu den wenigen Verantwortlichen, denen allgemeine Floskeln zuwider sind und benennt die Dinge gern konkret. Also dann – kommen wir doch gleich zur Sache.

ICON: Herr Tornare, Sie haben lange Zenith geleitet, nun sind Sie seit Beginn des Jahres TAG-Heuer-Chef. Was ist die Essenz dieses Unternehmens?

Julien Tornare: Mir kommen da Worte in den Sinn wie sportlich, dynamisch und an Leistung orientiert. Aber wir könnten in Zukunft noch mehr unser Know-how in den Mittelpunkt stellen. Das kam mir in der Vergangenheit zu kurz, genau wie unser Erbe seit 1860.

Julien Tornare leitete Zenith, bevor er zum Beginn dieses Jahres zu TAG Heuer stieß. Er trägt hier einen „Carrera“-Chronographen mit Tourbillon
Julien Tornare leitete Zenith, bevor er zum Beginn dieses Jahres zu TAG Heuer stieß. Er trägt einen „Carrera“-Chronographen mit Tourbillon
Quelle: TAG Heuer/LVMH 2024

Haben Sie deshalb einen Flyback-Chronographen vorgestellt?

Absolut, solche Uhren haben wir schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts gebaut. Jetzt wollten wir sie so interpretieren, dass sie unserer Zeit gemäß sind.

Sie haben auch eine reiche Tradition im Motorsport mit Persönlichkeiten wie Steve McQueen. Können Sie sich darauf verlassen, dass Sie das immer durch schwere Zeiten tragen wird?

Natürlich sind das starke Storys, die werden bleiben. Aber ich will, dass wir sie uns neu ansehen, sie anders erzählen, damit sie den Weg in die Zukunft weisen. Wir müssen weiter pushen, damit wir das Haus werden, das man zuerst mit Motorsport zusammenbringt.

Klare Ästhetik: „Carrera Chronograph 39“ in Edelstahl (6550 Euro)
Klare Ästhetik: „Carrera Chronograph 39“ in Edelstahl (6550 Euro)
Quelle: TAG Heuer

Es eint Sie eine enge Partnerschaft mit Porsche. Was sind dabei für Sie die wichtigsten Punkte?

Porsche ist es gelungen, ein Unternehmen zu sein, das echte Luxusprodukte herstellt, wenn man die Qualität betrachtet, aber dabei im Preis zugänglicher zu bleiben als die Konkurrenz. Genau das ist unser Ansatz. Wir werden besser werden, aber dabei ein Preisniveau halten, das breite Kundengruppen anspricht. Am Ende fühlen sich hoffentlich noch mehr Porsche-Kunden bei uns wohl – und umgekehrt.

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Es gibt viele Hersteller, die ihre Preise so hochgezogen haben, dass ihre Uhren selbst für Gutverdiener unverhältnismäßig teuer geworden sind.

Das ist nicht unsere Strategie. Ja, wir werden weiter High-End-Modelle wie den Flyback-Chronographen herausbringen, aber unsere Einstiegspreise müssen Maß und Mitte behalten. Und wir sind eine Marke, in deren Boutiquen man sich unbedingt willkommen fühlen soll, darauf lege ich persönlich großen Wert.

Zu Beginn des Jahres haben Sie eine „Carrera“ mit Tourbillon für knapp 24.000 Euro vorgelegt. Bei anderen Anbietern kostet die Komplikation ein Vielfaches. Wie geht so etwas?

Wir sind keine Nischenmarke, wir verkaufen hohe Stückzahlen. Die komplizierten Uhren machen also nur einen kleinen Teil unseres Angebots aus, sie zeigen, was wir uhrmacherisch leisten können, und schmücken damit unseren Namen. Aber auch da dürfen wir es beim Preis nicht übertreiben.

Derzeit tobt in der Industrie eine Schlacht um Begriffe wie „hauseigenes Kaliber“ oder „Manufakturwerk“. Damit wollen auch Hersteller auf die besondere Güte ihrer Uhren hinweisen, die entscheidende Komponenten wie die Hemmungsgruppe noch immer zukaufen. Wie erleben Sie das?

Ganz ehrlich? Bei uns kann ein hauseigenes Kaliber bestimmt für eine gewisse Kundengruppe ein Argument sein, aber die meisten unserer Klienten wollen vor allem eine Uhr, die präzise läuft, die zuverlässig robust ist – also etwas, mit dem sie keinen Ärger haben, weil es schnell kaputtgeht.

Das bedeutet?

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Diese Leute achten nicht zuletzt auf das Design, für die ist es nicht entscheidend, ob das Werk völlig hausgemacht ist. Also – auch sie freuen sich, wenn man eine entsprechende Geschichte erzählen kann, aber das ist nur ein Plus, keine Notwendigkeit.


Smartwatch: Die „Connected Calibre E4“ sieht aus wie eine mechanische Uhr (1400 Euro)
Smartwatch: Das Aussehen der „Connected Calibre E4“ erinnert an eine mechanische Uhr (1400 Euro)
Quelle: TAG Heuer


Sie führen eines der wenigen Schweizer Unternehmen, das neben Mechanik auch Smartwatches anbietet. Wie entwickelt sich diese Sparte, und wie ist ihr Potenzial?

Ich habe 27 Jahre lang nur mit Mechanik Umgang gehabt. Das ist nun anders, und ich fand schnell heraus, dass man auch mit den digitalen Modellen innovativ sein kann. Seit knapp zehn Jahren beschäftigt sich das Haus nun mit ihnen – und das zahlt auf unseren Ruf ein, eine Firma zu sein, die neue Technologien willkommen heißt. Für uns kommt es darauf an, die Funktionen, die gerade junge Leute schätzen, mit dem Gefühl zu verbinden, eine echte Uhr zu tragen, das heißt, nicht nur ein elektronisches Gadget. Das stellen wir sicher, indem das Gehäuse dem einer mechanischen Uhr gleicht und auch das Display ein Zifferblatt zeigt. Ich bin Purist, ich will nichts an meinem Handgelenk haben, das einem Smartphone ähnelt.

Geschäftlich geht es mit der Industrie seit der Mitte des vergangenen Jahres bergab. Zu Covid-Zeiten konnte niemand reisen oder in Restaurants gehen, auch ein neues Auto war wenig interessant, da belohnte man sich gern mit dem Kauf einer Uhr. Doch nun gibt es wieder Alternativen – und diejenigen, die eine Uhr fürs Leben gekauft haben, brauchen nun keine mehr. Wie begegnen Sie dem?

Ich mache mir keine allzu großen Sorgen.

Woran liegt das?

Es stimmt, auf der Welt geht es derzeit turbulent zu. Aber bei Uhrenmanufakturen mit einer langen Geschichte ging es immer auf und ab, weil Krieg herrschte oder es wirtschaftliche Probleme gab. Wir sind aber traditionell sehr widerstandsfähig, das war auch diesmal so. Deutschland braucht noch ein bisschen, um wieder nach vorn zu kommen, so sieht es auch in anderen europäischen Ländern und in Teilen Asiens aus. Aber 2024 fing ganz gut an. Ich habe ohnehin eher die langfristigen Entwicklungen im Blick.


Leuchtet im Dunkeln: Die „Monaco Split Seconds Chronograph“
Leuchtet im Dunkeln: Die „Monaco Split Seconds Chronograph“
Quelle: TAG Heuer


Und die sehen wie aus?

Wir müssen uns mit unseren Grundlagen beschäftigen. Wofür werden wir in welchem Markt gekauft? Speziell die Deutschen haben sich immer sehr mit der technischen Seite der Uhrmacherei beschäftigt, wir sollten bei entsprechenden Fragen in der Boutique also sehr gute Antworten liefern. Aber ganz generell ist eine hochwertige mechanische Uhr doch etwas, das Freude macht.

Nach langen Jahren mit Juwelieren wie Wempe als Partner eröffnen Sie jetzt auch in Europa Boutiquen mit Ihrem Namen über der Eingangstür. Was steckt hinter diesem Schritt?

Nun, ich habe immer gesagt, dass wir uns einerseits nicht nur auf eigene Geschäfte verlassen können, aber andererseits die Partnerschaften mit den Juwelieren Grenzen haben. Deshalb ist ein Mix aus beiden Geschäftsmodellen für uns am gesündesten. Das verstehen auch die Juweliere immer besser: Wenn wir eine gute Boutique in einer Toplage eröffnen, steigert das unseren Bekanntheitsgrad, davon profitieren auch unsere Wholesale-Partner. Mancher Kunde will sich ganz auf eine Marke einlassen, aber ich respektiere den Wunsch vieler anderer Uhrenfreunde, beim Juwelier zwischen mehreren Marken zu wählen.

Mit Ryan Gosling verfügen Sie über einen Frauenschwarm als Testimonial. Was bringt er ein?

Das ist ein komplexes Thema. Wer auch immer sein Gesicht für uns zur Verfügung stellt, muss sich natürlich zuerst einmal gut benehmen, sonst leidet unser Name. Entscheidend ist aber: Unsere Testimonials müssen wirklich an uns glauben – und das ist etwas, was weit über alles hinausgeht, was man in einem Vertrag festhalten kann. Ryan habe ich noch nicht persönlich kennengelernt, aber Patrick Dempsey habe ich erlebt. Der hat bei einer Boutique-Eröffnung in Australien eine Rede gehalten, als ob er das Haus seit zehn Jahren führen würde. Genau solche Leute brauchen wir für einen dauerhaften Erfolg.

Sie haben die Namen selbst genannt: Die Schauspieler Steve McQueen, Ryan Gosling, Patrick Dempsey – laufen Sie Gefahr, als rein maskulines Unternehmen wahrgenommen zu werden?

Ich denke nicht, ein Ryan Gosling oder ein Patrick Dempsey lassen Frauen ja nun träumen (lacht). Spaß beiseite, wir haben auch weibliche Testimonials wie die Schauspielerin Alexandra Daddario – und denken nicht so sehr in Kategorien von maskulin und feminin. Uns geht es darum, global Begehrlichkeit zu erzeugen. Aber ja, Sie haben recht: Vielleicht sollten wir mehr Frauen verpflichten. Wir gewinnen in diesem Markt Anteile, sind aber derzeit bei 70 Prozent Männern als Kunden. Das müssen wir noch besser ausbalancieren.

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