Der ungarische Regierungschef Viktor Orbán hat Medienberichten zufolge angekündigt, nach dem Nato-Gipfel Ex-US-Präsident Donald Trump treffen zu wollen. Noch an diesem Donnerstag wolle der ungarische Ministerpräsident zu dem Republikaner nach Florida reisen, berichtete die New York Times unter Berufung auf eine nicht namentlich genannte Person aus Trumps Wahlkampfteam. Der Guardian meldete unter Berufung auf eine Quelle aus dem Umfeld Orbáns, das Treffen werde in Trumps Residenz Mar-a-Lago stattfinden.

Orbáns Kanzleramtsminister Gergely Gulyás hatte Gerüchte über die Reisepläne bei einer Pressekonferenz am vergangenen Montag weder bestätigt noch dementiert. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte zu den Berichten: "Die Reisepläne von Ministerpräsidenten anderer Länder lasse ich mir nicht vorlegen, und ich entscheide darüber auch nicht. Sie sind auch nicht weiter von Bedeutung." Scholz fügte hinzu: "Wichtig ist, dass sich alle darüber klar sind: Der ungarische Ministerpräsident agiert als solcher und nicht in den Aufgaben, die Ungarn im Rahmen der Ratspräsidentschaft von einem halben Jahr hat."

SPD-Politiker will Ungarn Ratspräsidentschaft entziehen

Orbán war zuletzt überraschend zu Russlands Präsident Wladimir Putin und anschließend zu Chinas Staatschef Xi Jinping gereist und hatte damit deutliche Kritik aus der EU auf sich gezogen. Schwedens Ministerpräsident Ulf Kristersson sagte nun, Orbán missbrauche die EU-Ratspräsidentschaft und kidnappe sie für seine eigenen Zwecke. Auch Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sagte, Orbán sorge mit seinen Reiseplänen für "Irritationen" in der Europäischen Union. Für die Außenpolitik spreche der EU-Außenbeauftragte, sagte sie. Finnlands Präsident Alexander Stubb stellte ebenfalls klar: "Viktor Orbán hat weder ein Mandat von der Allianz noch von der Europäischen Union, irgendeine Art der Verhandlungen zu führen."

Überlegungen, Ungarn die Ratspräsidentschaft zu entziehen, gebe es nicht, stellte Scholz klar. Dies hatte zuvor der SPD-Bundestagsabgeordnete Axel Schäfer gefordert. "Sein Auftakt mit Besuchen bei Putin und Xi Jinping und möglicherweise Trump darf nicht zum Start einer Achse gegen Europa werden", sagte der Europapolitiker der Nachrichtenagentur Reuters. "Nach diesem schrecklichen Anfang im Juli muss es kein schreckliches Ende im Dezember geben", fügte er mit Blick auf die am 1. Juli begonnene ungarische Präsidentschaft hinzu. "Orbán muss die EU-Ratspräsidentschaft entzogen werden."

Schweden will nur an informellen Treffen in Ungarn teilnehmen

Als Reaktion auf die Alleingänge von Ungarns Regierungschef planen einige EU-Länder Konsequenzen. So will Schweden vorübergehend keine Ministerinnen und Minister zu Treffen nach Ungarn schicken, wie die derzeitige EU-Ministerin und designierte EU-Kommissarin Jessika Roswall mitteilte. Schweden werde sich daher im Juli lediglich auf Beamtenebene an informellen Treffen in Ungarn beteiligen. Finnland, Estland, Lettland, Litauen und Polen wollen Roswalls Angaben zufolge ähnliche Konsequenzen ziehen. Auch in weiteren Ländern laufen demnach Diskussionen darüber.

Ungarn hat seit Anfang Juli die EU-Ratspräsidentschaft inne, die turnusmäßig alle sechs Monate zwischen den 27 EU-Mitgliedsstaaten wechselt. Das bedeutet auch, dass Ungarn eine Reihe von informellen Ministertreffen in Budapest abhalten wird. Dabei kommen in der Regel die jeweiligen Ressortchefs aus den einzelnen Ländern zusammen.