Als jemand, der täglich Umgang mit Dingen hat, die ein Vermögen kosten, verschwimmen mir manchmal die Dimensionen, wenn ich mit Preisen hantiere. Es gibt auf diesem Planeten Stahluhren mit drei Zeigern, die 30.000 Euro und mehr kosten. Es gibt auch Modelle, für die Hunderttausende oder gar Millionen von Euro aufgerufen werden. Zumeist sind die dann entweder über und über mit Edelsteinen besetzt oder haben komplexe Mechanismen wie Schlagwerke integriert – und dazu ewige Kalender oder Stoppuhren mit einem Schleppzeiger.
Als Mensch, der keine eigene Tankerflotte befehligt – schade eigentlich, ich hätte es wirklich verdient –, richten sich diese Produkte selbstredend nicht an mich. Umso erstaunter bin ich erstens, dass ich die entsprechenden Zahlen ohne Zögern in Artikeln unterbringe, so nach dem Motto: Es ist, wie es ist, bring’s hinter dich. Zweitens erheitert es mich gelegentlich, dass die Manufakturen hinter den Modellen regelmäßig von mir wissen wollen, was ich von ihren Zeitmessern halte. Was soll ich aus Kundensicht schon dazu sagen?
Vermutlich zählt meine Meinung, weil man mir eine Kompetenz zubilligt, die aus jahrelanger Beobachtung des Marktes erwächst. Auf dem Besuch der Messe Watches & Wonders in Genf fiel nicht nur mir auf: Das Preisniveau in der Branche ist allgemein sehr hoch. Allerdings sticht hier eine Erkenntnis, die für den Handel mit Luxusgütern allgemein gilt: Nicht die Hersteller machen den Preis, sondern die Kunden.
Entscheidend für die Summen, die aufgerufen werden, ist vor allem, wie viele Leute bereit sind, sie zu zahlen. Und weil es Märkte gibt, auf denen Geld für eine stets wachsende Klientel keine Rolle spielt, wird sich an diesem Spiel prinzipiell nichts ändern – obwohl die Verkäufe derzeit stark rückläufig sind.
Aller Erfahrung nach hilft ein großer Name, wenn man das Publikum zur Kasse bitten will. Das heißt aber nicht, dass jede berühmte Manufaktur so sehr hinlangt, wie es ihr möglich wäre. Darüber hinaus können auch Erzeugnisse, die beachtliche Summen kosten, ihren Preis wert sein. Unter den Schweizer Herstellern kommt mir zuerst L.U.C in den Sinn, hinter dem das Haus Chopard und damit die Familie Scheufele steht. Von den Neuheiten aus Genf idealtypisch ist die „XPS Forest Green in Lucent Steel“. 12.700 Euro werden verlangt, aber es fließt uhrmacherisch ein riesiger Aufwand in das Modell ein.
Das Automatikwerk L.U.C 96.12-L ist durch den Glasboden zu sehen. Ausgestattet mit einem Mikrorotor und zwei Federhäusern, bietet es eine Gangreserve von 65 Stunden. Jedes Detail zeigt, wie sorgfältig hier gearbeitet wurde, von der Montage bis zum Schliff der Komponenten. Der Stahl wiederum hat einen Recyclinganteil von mindestens 80 Prozent, das schont Ressourcen. Über meinen finanziellen Möglichkeiten liegt auch das. Aber das stört mich nicht. Ich freue mich viel lieber darüber, dass es Menschen gibt, die sich mit einer solchen Hingabe einer Aufgabe wie dem Bau einer Uhr widmen.