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Watches Abenteurer Victor Vescovo

„Krieg deinen Hintern von der Couch hoch! Jetzt!“

Textchef ICON / Welt am Sonntag
Grenzenlos: Victor Vescovo ist ehemaliger Marineoffizier, Investor und klar, Entdecker Grenzenlos: Victor Vescovo ist ehemaliger Marineoffizier, Investor und klar, Entdecker
Grenzenlos: Victor Vescovo ist ehemaliger Marineoffizier, Investor und klar, Entdecker
Quelle: via Omega
Er gehört zu den größten Entdeckern überhaupt: Victor Vescovo war schon auf dem Gipfel des Mount Everests, dem Grund des Meeres und im All. Hier spricht er darüber, warum die brutalsten Herausforderungen ihn immer am meisten antreiben.
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Es ist der Blick. Da findet sich etwas, das man nur äußerst selten erlebt. Die Augen sind diese Spur wacher, sie beobachten ein wenig schärfer, sie verlieren sich etwas weiter in der Tiefe, als das sonst der Fall ist. Und das liegt daran, dass der Mann, der zu ihnen gehört, genug gesehen hat, um drei Leben zu füllen. Victor Vescovo (58) bestieg Mount Everest, er tauchte in den Marianengraben, er flog ins All. Nun ist es als Interviewer schwierig, sich nicht in seinem Gesicht zu verlieren. Aber zum Glück macht es einem der Mann leicht, er spricht ein faszinierendes Englisch: Jeder Satz hat ein Ziel, alles kommt sozusagen druckreif aus seinem Mund. Also schnallt man sich am besten an und begibt sich einfach auf die Reise mit einem großen Entdecker.

Herr Vescovo, Sie waren Tausende Meter tief unter Wasser, Sie waren Tausende Meter hoch auf dem Berg, sie haben sich die Erde vom All aus angesehen. Welches Gefühl ist am besten?

Es ist ein Dreieck – aber es ist unmöglich zu sagen, was das höchste Glück ist. Die Erfahrungen sind grundverschieden.

Lachend ins Risiko: Auf seinen Missionen stößt Victor Vescovo in menschliche Grenzbereiche vor
Lachend ins Risiko: Auf seinen Missionen stößt Victor Vescovo in menschliche Grenzbereiche vor
Quelle: Tamara Stubbs

Erzählen Sie mal!

Den Mount Everest zu besteigen, ist eine überaus harte Angelegenheit, die voll auf den Körper geht. Es ist unsagbar kalt, es gibt kaum Sauerstoff, es ist eine Schlacht gegen sich selbst. Auf dem Gipfel zu stehen, überwältigt einen. Aber man ist immer noch in Gefahr, bald kommt der Gedanke: „Ich muss auch noch sicher wieder zurück!“ Tief zu tauchen bedeutet dagegen, von Technik abzuhängen. Wenn man dann erst einmal weit unter Wasser ist, gibt es dieses Gefühl von Ruhe und Frieden. Doch da schleicht sich etwas Ominöses ein, du weißt: Auf dem Boot lastet ein riesiger Druck, es kann jederzeit zur ultimativen Katastrophe kommen.

Und der Weltraum?

Du fühlst dich wie ein Rockstar, die Rakete katapultiert dich mit voller Kraft nach oben. Das macht einfach Spaß, und anders als unter Wasser kannst du auch nicht nur 30 Meter weit sehen, sondern 1000 Kilometer weit. Keine der Erfahrungen kann man machen, wenn man sich nicht total darauf einlässt. Ich hatte noch dazu riesiges Glück, dass immer alles klappte.

Welche Rolle spielt Zeit bei Ihren Abenteuern?

Einstein hatte recht, Zeit ist relativ. Es gibt Phasen, die sich zu Ewigkeiten dehnen, wie auf Wetter zu warten, das man für einen Tauchgang braucht. Dann wieder rast die Zeit – auf dem Boden des Meeres zu sein oder in einer Rakete den Planeten zu sehen oder auf dem Gipfel des Mount Everest in die Ferne zu blicken. Da werden Minuten zu Sekunden.

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Thomas Mann schrieb im „Zauberberg“, dass ausgefüllte Tage schnell vergehen, aber einem im Rückblick lang vorkommen, während Langeweile sich streckt, aber im Rückblick zusammenschrumpft, weil die Zeit keinen Inhalt hatte.

Da stimme ich vollkommen mit überein. Wenn ich mich daran erinnere, wie wir vor zwei Jahren zum Wrack des Zerstörers „Samuel B. Robins“ tauchten, geht es mir genauso. Das Schiff liegt in 8600 Meter Tiefe, wir mussten also eine Weile suchen. Das fühlt sich für mich heute wie eine kurze Periode an. Aber die Zeit, nachdem wir zum Wrack vorgedrungen waren, die steht mir in allen Details vor Augen.

Im Jahr 2022 tauchte Victor Vescovo zur „USS Samuel B. Roberts“, dem am tiefsten liegenden Schiffswrack der Welt
Im Jahr 2022 tauchte Victor Vescovo zur „USS Samuel B. Roberts“, dem tiefsten Schiffswrack der Welt
Quelle: picture alliance/Cover Images/Caladan Oceanic

Ist das Leben eine Frage des richtigen Timings?

Ja. Mit drei Jahren versuchte ich, unser Auto zu fahren. Ich habe einen großen Unfall gebaut, beinahe wäre ich gestorben. Seitdem wusste ich: Das Leben ist sehr fragil. Vermutlich lebe ich deshalb so intensiv. Vor meinen Abenteuern war ich 20 Jahre lang in der U.S. Navy, auch auf eine erfolgreiche Karriere als Geschäftsmann blicke ich zurück. Ich versuche immer, so viele Erlebnisse wie irgend möglich in eine möglichst kurze Zeitspanne zu packen.

Kann das jeder?

Ich denke schon. Man muss aber großen Aufwand betreiben. Ich versuche, Menschen dazu zu motivieren.

Viele Leute raffen sich aber nie auf.

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Das ist ein Drama, all die Menschen, die nicht das Leben führen, das sie gern führen würden. Ich werde oft gefragt, was ich für die größte menschliche Tugend halte – und antworte: Selbstdisziplin. Wer die hat, kann sich frei entscheiden, wozu er sie nutzen will – und sei es, dass sie einen durch die 18 Monate knüppelharten Trainings trägt, die es braucht, wenn man versucht, den Mount Everest zu bezwingen.

Das Blöde an Disziplin ist ja, dass sie einen erst nach einer Weile belohnt, faul zu sein macht augenblicklich Spaß. Um den Kick nach dem Laufen zu haben, muss ich mich erst dazu durchringen, wirklich auf die Piste zu gehen. Wenn ich mit einer Tüte Chips auf der Couch sitze und meine Lieblingsserie schaue, geht es mir schon dabei hervorragend ...

… ja, und das Besondere an der psychischen Verfassung von Entdeckern wie mir scheint diese überlaute Stimme in uns zu sein, die uns sagt: „Krieg deinen Hintern von der Couch hoch! Jetzt!“ Wer weiß, vielleicht ist das sogar genetisch bedingt.

Sie hat Vescovo immer dabei: Die Omega „Seamaster Planet Ocean Ultra Deep Professional“ in Titan (14.800 Euro)
Sie hat Vescovo immer dabei: die Omega „Seamaster Planet Ocean Ultra Deep Professional“ in Titan (14.800 Euro)
Quelle: Omega

Glückwunsch zu dieser Gabe jedenfalls.

Was glauben Sie denn, was beim Bergsteigen in mir los ist? Natürlich sind da all diese Gedanken, die mich anschreien: „Das ist es nicht wert! Es ist bekloppt, was du hier tust! Du bist müde! Du kannst hier draufgehen! Also kehr doch lieber um und iss erst einmal ein schönes Schinkensandwich.“ Aber die andere Seite sagt: „Du willst das doch! Du kannst das doch! Es ist das, was du ersehnst. Also streng dich an, dann schaffst du das.“

Wie wichtig ist eine gute Planung?

Ohne die geht natürlich nichts. Dann wiederum stammt eines meiner Lieblingszitate von dem Boxer Mike Tyson. Der hat mal gesagt: „Jeder hat im Ring einen Plan, bis er den ersten Volltreffer ins Gesicht bekommt.“ Bei uns ist die Realität dieser Schlag ins Gesicht.

Was hat Sie dazu bewogen, Testimonial für Omega zu werden?

Auf Tauchgängen ist es unerlässlich, ein analoges Gerät dabeizuhaben, das präzise die Zeit zeigt. Analog muss es sein, damit es unabhängig von der sonstigen Technik zur Verfügung steht, wenn ein Problem aufkommt. Doch ich besaß keinen mechanischen Chronografen, der mir bei meinen Kalkulationen unter Wasser hätte helfen können. Omega hat eine lange Geschichte, wenn es um Präzisionszeitmessung geht, ich wusste, dass sie Partner der Olympischen Spiele sind. Außerdem mag ich das Design der Uhren.

Und dann?

Ich bin in eines ihrer Geschäfte in meiner Heimatstadt Dallas gegangen, habe mir diverse „Seamaster“-Modelle angesehen und dem Personal erzählt, dass ich einige wirklich tiefe Tauchgänge vor mir hätte. Die waren sehr nett – also zumindest haben sie so getan, als ob sie mir glauben würden. So kam eins zum anderen: Ich habe mich für eine Variante in Titan entschieden, die ich von da an immer dabeihatte. Omega sponsert mich ein wenig, ich hätte das aber nicht nötig. Die Manufaktur hat dieses Verlangen, Grenzen auszutesten. Das gefällt mir.

Was macht Zeitmessung auf See so bedeutend?

Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Wenn ein Teil der Technik ausfällt, ist vorgeschrieben, alle 15 Minuten SOS zu morsen. Wenn sich das Signal nach exakt einer Viertelstunde wiederholt, wissen die Empfänger, dass es sich nicht um ein zufälliges Geräusch aus der Natur handelt, und können zu Hilfe eilen.

Schwingt bei Ihnen auch Romantik mit, wenn Sie ein neues Abenteuer angehen?

Hahaha – Sie fragen einen Seemann, ob er zum Romantiker wird, wenn er auf Entdeckungsfahrt in den Ozean geht? Was denn sonst?

Auf dem Sprung: Victor Vescovo auf einer seiner Missionen in den Weltmeeren
Auf dem Sprung: Victor Vescovo auf einer seiner Missionen in den Weltmeeren
Quelle: Reeve Jolliffe

Können Sie näher beschreiben, was Sie in großer Tiefe empfinden?

Auf dem Grund des Ozeans kann man nicht weit sehen. Trotzdem erkennt man recht schnell, zu etwas Ursprünglichem vorgestoßen zu sein. Die Erdplatten vor sich zu haben ist ein großes Privileg. Man kann auch nicht lang bleiben, denn man befindet sich in einer feindlichen Umwelt, und nach vier bis fünf Stunden ist der Sauerstoff verbraucht. Das macht es so exklusiv.

Können Sie sich erinnern, was Sie zu Beginn dazu antrieb, diese Abenteuer einzugehen?

Menschen wie ich sehen all diese Regionen, die noch unerforscht sind, sie denken an die Technik, die man dafür erschaffen muss – und sie nehmen es persönlich, dass das alles noch niemand gemacht hat. Das bringt uns dazu, Wagnisse einzugehen und technische Grenzen zu sprengen.

Wie gehen Sie mit Ihrer Erfahrung um? Kann sie einen nicht auch in die Irre führen? Kapitän John Smith galt als erfahrenster Seemann Großbritanniens, als er die „Titanic“ auf den Grund des Ozeans beförderte.

Erfahrung ist etwas Wundervolles, sie darf nur nie dazu führen, dass man Risiken außer Acht lässt, dass man sich unverwundbar fühlt. Seit ich 19 Jahre alt bin, habe ich den Pilotenschein. Jeder in diesem Beruf wird bestätigen: Es gibt lebensgefährliche Situationen, in denen einem alle Erfahrung nichts hilft. Wenn man sie meistern will, dann kommt es ganz allein darauf an, ob man in der Lage ist, ruhig zu bleiben – und das ist unerfahrenen Piloten schon gelungen, erfahrene sind gescheitert und gestorben. Bei mir brach in Tausenden Metern Tiefe einmal ein Feuer aus. Da zu tun, was getan werden muss, ohne hektisch zu werden, erfordert intensives Training.

Alarmierend ist die Nachricht, dass Sie in der Tiefe Mikroplastik im Wasser und in Lebewesen gefunden haben.

Das hat mich auch sehr nachdenklich gemacht. Die größten Verursacher sind Indien und China. Wir müssen Druck machen, damit endlich weniger von dem Zeug in den Weltmeeren landet. Denn wir nehmen es durch unsere Nahrung ja wieder zu uns.

Reicht der Druck, den Sie fordern?

Ich bin kein Wissenschaftler, ich kann keine umweltverträgliche Alternative zu Plastik erfinden. Prinzipiell denke ich, dass es eine großartige Gabe des Menschen ist, für Probleme eine technische Lösung zu erarbeiten. Da sind wir noch lange nicht am Ende – alles, was nicht den Grundsätzen der Physik widerspricht, ist machbar, es muss nur von Menschen mit genügend Leidenschaft betrieben werden.

Okay, dann gehen wir zum Schluss noch einmal zum Anfang zurück: Elon Musk will menschliches Leben auf dem Mars ansiedeln, Sie waren schon im All. Wird das Projekt glücken?

Ich mag den alten Spruch: Hör dir an, was die Experten zu sagen haben, und dann sieh zu, dass du sie widerlegst. Menschliches Leben auf dem Mars widerspricht nicht den Grundsätzen der Physik, deshalb wird der Tag kommen, an dem ein Mensch das Licht der Welt auf dem Mars erblickt.

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