Der sogenannte Wolfsgruß, eine Handgeste türkischer Rechtsextremer, ähnelt dem sogenannten Schweige- oder Leisefuchs, der von Lehrkräften oft in Grundschulen genutzt wird. Vor Verwechslungsgefahr warnt der Deutsche Lehrerverband. Nachdem der türkische Fußballnationalspieler Merih Demiral beim EM-Spiel gegen Österreich am Dienstag das nationalistische Symbol gezeigt hatte, müssten Lehrkräfte an Grundschulen für die Gefahr der Verwechslung mit dem Schweigefuchs sensibilisiert werden, sagte der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Stefan Düll.

Es gelte, Kolleginnen und Kollegen auf das Problem aufmerksam zu machen, "sodass sie Missverständnissen vorbeugen können und nachvollziehen können, wenn Kinder oder Eltern mit Fragen dazu auf sie zukommen", sagte Düll. Wenn der Schweigefuchs angewendet werde, sei es wichtig, dass seine Bedeutung im Rahmen der Schule oder Kita erläutert werde.

Im Zweifelsfall solle darauf verzichtet werden: "Wir plädieren dafür, dass dabei auf die Sicht von Kindern oder Eltern, die das Handzeichen problematisch finden, Rücksicht genommen und der Schweigefuchs dann nicht eingesetzt wird", sagte Düll. Es gebe zwar keine Verbote – aber gute Alternativen, um Kinder zur Ruhe zu bewegen. Neu sei das Thema dabei nicht, sagte der Funktionär weiter: Bereits 2018 habe das Kultusministerium Baden-Württembergs Schulämter und Regierungspräsidien des Bundeslandes darauf hingewiesen, dass das Zeichen zweideutig sei.

Ülkücü-Partei stützt Erdoğans Regierungskoalition

Der Wolfsgruß ist ein Symbol der auch als Ülkücü-Bewegung bekannten Grauen Wölfe. Die nationalistische türkische Bewegung wird vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuft. Der Verfassungsschutz attestiert ihr unter anderem Antisemitismus, Christenfeindlichkeit und Rassismus sowie eine Herabwürdigung von Minderheiten in der Türkei sowie Nachbarvölkern des Landes. Der Behörde zufolge gehören ihr in Deutschland mehr als 12.000 Menschen an. Verboten ist der Wolfsgruß jedoch nicht. Der europäische Fußballverband Uefa hat seinerseits dennoch eine Untersuchung gegen Demiral wegen "unangemessenen Verhaltens" eingeleitet.

In der Türkei steht den Grauen Wölfen die rechtsextreme Partei MHP nahe, die als politischer Arm der Ülkücü-Bewegung gilt – und derzeit mit der Partei AKP zur Regierungskoalition des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan gehört. Entsprechend sorgte die Kritik an Demirals Wolfsgruß beim Torjubel gegen Österreich für empörte Reaktionen aus Ankara. Unter anderem weil Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) Demiral vorgeworfen hatte, die EM "als Plattform für Rassismus zu nutzen", bestellte die türkische Regierung am Mittwoch den deutschen Botschafter ein.