Die derzeit vielleicht bedeutendste Figur der schwer angeschlagenen SPD in Nordrhein-Westfalen heißt Marc Herter. Der 49-Jährige ist Oberbürgermeister der westfälischen Stadt Hamm und seit einigen Wochen zumindest vorübergehend Chef der NRW-SPD, dem größten Landesverband der Sozialdemokraten in Deutschland. In der Partei wird geraunt, er könne bei der nächsten Landtagswahl der Herausforderer von Ministerpräsident Hendrik Wüst werden. Für den Neustart der SPD im einstigen roten Kernland fordert Herter eine stärkere Einbindung der Bürgermeister. Von ihnen könne die Partei viel lernen.

Nun sind allerdings Bilder aufgetaucht, die Herter nicht gut aussehen lassen und einer Erklärung bedürfen. Sie zeigen den SPD-Chef beispielsweise im Juni auf einer Geburtstagsfeier von Aslan A., einem Mann, der auf Social Media offen seine Sympathie für Rechtsextremisten zur Schau stellt. Sein Facebook-Profil lässt auf eine starke ideologische Nähe zu den Grauen Wölfen schließen, einer rechtsextremen türkischen Gruppierung, die in Deutschland vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Auf seiner Facebook-Seite schreibt er über Veranstaltungen der Rechtsextremisten und huldigt deren geistigem Vater. Auffällig häufig posieren auf Fotos, die A. veröffentlicht, Menschen mit dem sogenannten Wolfsgruß, der symbolischen Geste der Grauen Wölfe, bei dem die Finger einen Wolfskopf formen.

Aslan A., das ist alten Zeitungsbeiträgen zu entnehmen, war früher einmal führendes Mitglied der Grauen Wölfe in Nordrhein-Westfalen. Oder genauer bei der Türk Federasyon, einem der zentralen Dachverbände der sogenannten Ülkücü-Bewegung, wie die Grauen Wölfe auch genannt werden. Inzwischen arbeitet A. nach Angaben auf seiner Facebook-Seite als Fotograf und Pressevertreter. Einer seiner Abnehmer ist Öztürk, zu Deutsch "Echter Türke". Eine türkischsprachige und politisch nationalistisch ausgerichtete Onlinezeitung mit Sitz in Bielefeld, die die Community in Hamm und Umgebung mit allerlei Nachrichten versorgt, auch über Aktivitäten der Grauen Wölfe.

Glückwünsche an den Oberbürgermeister

Herters Teilnahme an A.s Geburtstagsparty wirft deshalb Fragen auf: Warum tauchte der Chef der nordrhein-westfälischen SPD ausgerechnet bei der Feier eines Mannes auf, der ganz offen mit Rechtsextremisten sympathisiert? War es Unwissenheit, Naivität oder Kalkül, um im türkisch-nationalistischen Milieu zu punkten?

Auf Anfrage von ZEIT ONLINE schreibt Herter, er sei davon ausgegangen, zu einer Feier anlässlich des Opferfests eingeladen worden zu sein. Einladungen aus der türkischen Community zu solchen Anlässen wie etwa auch dem Fastenbrechen komme er häufig nach, ebenso als Privatperson wie auch als Oberbürgermeister und früher als Landtagsabgeordneter. "Dass es sich auch um den Geburtstag des Gastgebers handelte, habe ich an dem Abend erfahren." Die Frage, ob ihm die politische Haltung des Gastgebers bekannt gewesen sei, beantwortet Herter nicht. Von einem Opferfest ist zumindest auf A.s Bildern nichts zu erkennen. Stattdessen Geburtstagsdekoration. In seinem Facebook-Post bedankt sich A. bei seinen Geburtstagsgästen, ausdrücklich auch bei Marc Herter.

Hat Herter also womöglich nicht gewusst, auf wessen Party er dort gelandet ist? Daran bestehen Zweifel. A. betreibt neben einer geschlossenen Facebook-Gruppe mit 10.000 Mitgliedern auch einen YouTube-Kanal. Auch in seinen Videos beschäftigt er sich mit der Person Marc Herter. Im November 2020, nach Herters Wahl zum Oberbürgermeister, widmete er ihm beispielsweise einen sechsminütigen, mit Musik unterlegten Glückwunsch-Clip. Es handelt sich um einen Zusammenschnitt von Aufnahmen, die auch Herter und A. gemeinsam in geselligen Runden zeigen.