Eine Bewegung
namens "Graue Wölfe", hieß es zuletzt lapidar aus dem türkischen
Außenministerium, gebe es nicht. Bereits Anfang November war das in einer
Erklärung zu lesen, mit der das Ministerium auf das Verbot der ultranationalistischen
Gruppierung in Frankreich reagierte – noch bevor die Forderung nach einem
Verbot vergangene Woche auch fraktionsübergreifend von Parlamentariern in
Deutschland vorgebracht wurde.
Während die Regierung in Ankara die Existenz der Grauen Wölfe abstreitet, wird ihre Kriminalisierung in der Ministerialnote allerdings wortreich als "Einschränkung der Meinungsfreiheit" kritisiert. Es sei "nicht akzeptabel, Symbole zu verbieten, die in vielen Ländern der Welt verwendet werden, die äußerst verbreitet sind und die keinen illegalen Charakter haben".
Worauf das Außenministerium offenbar hinaus will: Die Bewegung, die von Kritikern in Europa gemeinhin als "Graue Wölfe" bezeichnet wird, heißt unter ihren türkischen Anhängern in der Regel anders, nämlich "Ülkücüler": Idealisten. Dass die Gruppierung durchaus existiert, davon konnte sich die türkische Öffentlichkeit kurz nach der Bekanntgabe der Ministerialnote eindrücklich überzeugen.
Kemal Kılıçdaroğlu, der Vorsitzende der größten türkischen Oppositionspartei CHP, kritisierte Mitte November in einer Parlamentsrede die türkische Regierung dafür, dass sie "Mafiabosse und Drogenschmuggler" freilasse, aber "Andersdenkende" einsperre. Sein Kommentar bezog sich auf eine Amnestie, die im Frühjahr erlassen worden war, um die Ausbreitung des Coronavirus in den überfüllten Gefängnissen des Landes einzudämmen. Während damals diverse Schwerstkriminelle freikamen, mussten Zehntausende politische Gefangene wie der Mäzen Osman Kavala und der Oppositionspolitiker Selahattin Demirtaş in Haft bleiben.
Freigelassen
wurde damals unter anderem Alaattin Çakıcı, einer der umstrittensten Vertreter
der "Idealisten"-Bewegung. Für die Amnestierung des Halbweltkönigs, der seit 16
Jahren in Haft saß und als Auftraggeber diverser Morde noch einige
Jahre Freiheitsentzug vor sich gehabt hätte, hatte sich vor allem Devlet Bahçeli stark gemacht, der derzeitige politische Kopf der "Idealisten", dessen
rechtsextreme Partei MHP zusammen mit Recep Tayyip Erdoğans AKP die türkische
Regierung stellt.
Die oppositionelle Kritik an der Amnestie bezog der freigelassene Mafiapate zu Recht auf sich und seinen politischen Fürsprecher Bahçeli – und wandte sich deshalb kurz nach der Parlamentsrede des Oppositionschefs mit einem düsteren Tweet an Kılıçdaroğlu: "Sieh dich vor", hieß es in Çakıcıs handgeschriebener, abfotografierter Notiz. Was folgte, war ein mit Gewaltandrohungen gespickter Brief, der Kılıçdaroğlu davor warnte, sich für politische Gefangene einzusetzen: "Wenn du solche Verräter mit Bahçeli gleichsetzt, machst du den Fehler deines Lebens." Als Oppositionsführer Kılıçdaroğlu den Verfasser des Drohbriefs anzeigte, sprang ihm prompt MHP-Chef Bahçeli bei: Çakıcı, erklärte er auf Twitter, sei kein Mafiaboss, sondern "ein Idealist, der sein Land und seine Nation liebt".
Eine Bewegung
namens "Graue Wölfe", hieß es zuletzt lapidar aus dem türkischen
Außenministerium, gebe es nicht. Bereits Anfang November war das in einer
Erklärung zu lesen, mit der das Ministerium auf das Verbot der ultranationalistischen
Gruppierung in Frankreich reagierte – noch bevor die Forderung nach einem
Verbot vergangene Woche auch fraktionsübergreifend von Parlamentariern in
Deutschland vorgebracht wurde.
Während die Regierung in Ankara die Existenz der Grauen Wölfe abstreitet, wird ihre Kriminalisierung in der Ministerialnote allerdings wortreich als "Einschränkung der Meinungsfreiheit" kritisiert. Es sei "nicht akzeptabel, Symbole zu verbieten, die in vielen Ländern der Welt verwendet werden, die äußerst verbreitet sind und die keinen illegalen Charakter haben".