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50 Millionen Euro für Afghanistan-Mission Bundeswehr investiert trotz Abzugsplänen weiter in Feldlager

Die USA wollen ihre Truppenstärke in Afghanistan massiv reduzieren – nun bereitet sich auch die Bundeswehr auf den Abschied vor. Nach SPIEGEL-Informationen wird im »Camp Marmal« trotzdem weiter gebaut.
aus DER SPIEGEL 48/2020
Deutscher Stützpunkt »Camp Marmal« bei Masar-i-Scharif

Deutscher Stützpunkt »Camp Marmal« bei Masar-i-Scharif

Foto: BUNDESWEHR / dpa

Die Bundeswehr investiert nach SPIEGEL-Informationen trotz der Unsicherheit, wie lange die Afghanistan-Mission noch läuft, weiter massiv in den Ausbau der Feldlager. Laut einer internen Aufstellung sollen in den nächsten Monaten knapp 50 Millionen Euro für Bau- und Instandsetzungsprojekte in Masar-i-Scharif und dem kleineren Außenposten in Kunduz ausgegeben werden.

Neben notwendigen Verstärkungen an den Schutztürmen, der Sicherheitsschleuse am Eingang und den Unterkünften im »Camp Marmal« ist auch eine neue Bodeninfrastruktur für die NH90-Helikopter geplant, die im Dezember die altersschwachen CH-53-Modelle ablösen sollen. Ebenso werden derzeit noch neue Hallen für die Drohnen vom Typ »Heron« gebaut, allein der Betriebshangar für die Überwachungsflieger kostet 4,6 Millionen Euro.

Im Verteidigungsministerium heißt es zu den Planungen, die Investitionen seien nötig, da man das Ende der Mission derzeit noch nicht absehen könne und die Projekte für die Sicherheit der Truppe wichtig seien. Zudem habe die Bundeswehr bereits weniger wichtige Vorhaben mit einem Gesamtbudget von knapp 20 Millionen Euro gestrichen.

DER SPIEGEL 48/2020
Foto:

Titelillustration: SAMSON / DER SPIEGEL

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Nach der Ankündigung der USA, ihre Truppen in Afghanistan vor dem 20. Januar auf 2500 Mann zu reduzieren, ist die Zukunft der Nato-Mission »Resolute Support« zweifelhaft. Fast alle Partner wie die Bundeswehr sind im Notfall, zum Beispiel bei komplexen Angriffen oder der Rettung Verletzter, auf die Luftunterstützung der US Air Force angewiesen.

Bei der Nato haben die USA diese Unterstützung, im Militärjargon »critical enabler« genannt, bisher nicht zugesagt. Zwar deutete der US-Kommandeur der Mission bei Gesprächen mit dem Nato-Hauptquartier an, die USA würden die wichtigen Fähigkeiten wie die Luftunterstützung weiter bereitstellen. Bei einer Sitzung des Nordatlantikrats allerdings wiederholte der US-Vertreter diese Zusage ausdrücklich nicht.

Bundeswehr plant für drei Szenarien

Die Bundesregierung hat die spontane Ankündigung aus Washington bereits ziemlich scharf kritisiert. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer sagte, es sei »keine gute Entscheidung« für die Nato, vor allem aber für die Menschen in Afghanistan. Außenminister Heiko Maas sagte, der überhastete Abzug verringere die Chancen, ein Friedensabkommen mit den Taliban zu erzielen.

Die Bundeswehr plant derzeit für drei verschiedene Szenarien. Die ersten beiden Optionen sehen einen kompletten Abzug bis Mitte Januar oder Ende April vor. Ebenso aber müsse man sich darauf vorbereiten, dass die Ausbildungsmission der Nato doch noch länger laufe, erläuterte ein hochrangiger General im vertraulich tagenden Verteidigungsausschuss am vergangenen Mittwoch. Trotzdem bringe die Bundeswehr schon jetzt alles nicht essenziell wichtige Material zurück nach Deutschland, so der General.

Die Opposition forderte die Regierung auf, schnell einen Plan für die deutsche Afghanistan-Mission zu erstellen. »Die Bundesregierung muss mit aller Kraft schnell Klarheit über die Zukunft des Afghanistan-Einsatzes schaffen, dabei geht es nicht nur um einen sinnvollen Umgang mit Steuergeldern, sondern auch um Sicherheit für die Soldatinnen und Soldaten«, sagte der Grünen-Verteidigungspolitiker Tobias Lindner.

Die FDP mahnte eine schnelle Abstimmung mit den Verbündeten in der Nato an. »Die Bundesregierung braucht dringend eine Exit-Strategie, die mit den Verbündeten abgestimmt und koordiniert ist«, sagte der Außenpolitiker Bijan Djir-Sarai. »Ein kopfloser und unkoordinierter Abzug der Truppen würde einen schweren politischen wie militärischen Schaden anrichten.«

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