Im September 2017 kam das ehemalige Lufthansa-Flugzeug „Landshut“ demontiert in zwei Frachtmaschinen zurück nach Deutschland. Die Boeing 737 war Mitte Oktober 1977 von palästinensischen Terroristen entführt worden; die GSG 9 befreite in Mogadischu alle Geiseln – Flugkapitän Jürgen Schumann war zu diesem Zeitpunkt allerdings schon ermordet worden.
Seit der Ankunft liegt die „Landshut“ in einem Hangar am Flughafen Friedrichshafen. Ansonsten geschieht wenig bis nichts. Verantwortlich ist die Bundeszentrale für politische Bildung (BpB), die Ende 2022 eigenen Angaben zufolge einen „offenen Konzeptionsprozess“ begonnen hat. Der Journalist und Buchautor Martin Rupps gilt als bester Kenner der „Landshut“ und ihrer Geschichte; ihm ist die Rückkehr der Maschine von einem Flugzeugfriedhof in Brasilien nach Deutschland wesentlich zu verdanken.
WELT: Was war Ihre Vorstellung, als die „Landshut“ 2017 nach Friedrichshafen kam? Wie sollte sie präsentiert werden?
Martin Rupps: Ein Team der Lufthansa-Technik hatte die Maschine in Fortalezza zerlegt und sollte sie in Friedrichshafen wieder zusammenbauen. Das war fest verabredet. Ich plädiere für eine Wiederherstellung des Originalzustandes.
WELT: Die BpB als verantwortliche Institution will aber ausdrücklich keine Restaurierung – man nennt das „Konservierung ja – Originalzustand nein“...
Rupps: Berliner bzw. Bonner Kopfgeburten. Die „Landshut“ ist ein Gegenstand, der betreten werden muss. Seine Enge gefühlt. Nur so kann jemand nachvollziehen, wie schlimm die Tage der Entführung für die Geiseln waren.
WELT: Im Oktober 2027 jähren sich Entführung und Befreiung der „Landshut“ zum 50. Mal. Man hat nicht den Eindruck, dass dieses Jubiläum für die Politik und die Bundeszentrale für politische Bildung irgendeine Rolle spielt, oder?
Rupps: BpB-Präsident Thomas Krüger hat angekündigt, den Termin nicht halten zu können. Würden Sie einen solchen Handwerker in Ihre Wohnung bestellen?
WELT: Sie kennen sehr viele jener Menschen, die jene schlimmen fast fünf Tage der Entführung miterleben mussten; Sie haben darüber sogar ein Buch geschrieben. Was denken diese Überlebenden von Mogadischu Ihrer Kenntnis nach über die gegenwärtige Situation?
Rupps: Sie sind zutiefst enttäuscht. Eine erste Veranstaltung der Bundeszentrale mit ihnen ging völlig schief. Die „Landshut“ wurde ein zweites Mal entführt, weil sie seit fast sieben Jahren von der Öffentlichkeit weggeschlossen ist.
WELT: Ist die Situation bis Oktober 2027 überhaupt noch zu retten? Sehen Sie noch eine Chance, aus der „Landshut“ zum 50. Jahrestag ein würdiges Denkmal zu machen?
Rupps: Ja, wenn die Direktorin des Hauses der Geschichte Baden-Württembergs, Paula Lutum-Lenger, die Projektleitung übertragen bekommt und keine jungen Referenten ohne Erfahrung auf diesem Feld. Sie hat klare Vorstellungen davon, was sich museumspädagogisch mit dem Wrack machen lässt. Sie wäre zu dieser Aufgabe auch gern bereit – vom nächsten Frühjahr an sogar in Vollzeit. Dann geht sie als Museumsdirektorin in den wohlverdienten Ruhestand.
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