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Islamisten planten Angriff auf liberale Moschee in Berlin

Redakteur Investigation und Recherche
Kämpfer des sogenannten „Islamischen Staates“: In Nordrhein-Westfalen festgenommene Islamisten sollen zu Kadern der Terrormiliz beste Verbindungen gehabt haben Kämpfer des sogenannten „Islamischen Staates“: In Nordrhein-Westfalen festgenommene Islamisten sollen zu Kadern der Terrormiliz beste Verbindungen gehabt haben
Kämpfer des „Islamischen Staates“
Quelle: picture alliance/ZUMAPRESS/Medyan Dairieh
Der Generalbundesanwalt ließ im vergangenen Jahr in Nordrhein-Westfalen sieben mutmaßliche Terroristen festnehmen. Nun müssen sie sich vor Gericht verantworten. Laut Generalbundesanwalt unterhielten einige von ihnen beste Verbindungen zum „Islamischen Staat“. Die Anklage liegt WELT AM SONNTAG vor.

Die Ibn-Rushd-Goethe-Moschee in Berlin-Moabit gilt als Aushängeschild eines liberalen Islam, bietet auch homosexuellen und queeren Menschen eine Heimstatt. Gründer und Gäste wurden aufgrund der progressiven Haltung der Gemeinde immer wieder von Fundamentalisten angefeindet. Nun geriet die von der Frauenrechtlerin Seyran Ateş gegründete Moschee offenbar sogar in das Visier mutmaßlicher Terroristen.

Laut Generalbundesanwalt nahmen sieben im Juli 2023 in Nordrhein-Westfalen festgenommene Islamisten aus Tadschikistan, Turkmenistan und Kirgistan die Moschee in den Blick – als Anschlagsziel. Der Vorwurf beruht auf im Juli 2022 per Telegram-Nachricht versandten Fotos der Gebetsstätte. Die aus der Ukraine eingereisten Männer stehen ab Ende Juli vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf. Die Anklage liegt WELT AM SONNTAG exklusiv vor.

Über die mutmaßlichen Terrorpläne gegen die Ibn-Rushd-Goethe-Moschee berichtete im Oktober schon das Nachrichtenportal „t-online“. Laut Anklage erwogen die zwischen 21 und 47 Jahre alten Angeschuldigten aber auch Anschläge, für die sie Recherchen über die Tagesabläufe religiöser Juden angestellt haben sollen. Die Männer hätten auch einen Terrorakt auf eine Kirmes in Köln in Betracht gezogen. Die Gruppe sei zwar eigenständig gewesen, habe aber im Sinne der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) gehandelt. Sechs Angeschuldigte hätten dem IS zudem insgesamt mehrere Tausend Euro gespendet.

Experten erwarten den Prozess mit Spannung, weil die mutmaßlichen IS-Verbindungen einiger Angeschuldigter Aufschluss über internationale Terrorstrukturen geben könnten. Beste Kontakte hatten die Männer laut Anklage vor allem zu Führungskadern des afghanischen IS-Ablegers „Islamischer Staat Provinz Khorasan“ (ISPK) . Die Gruppe gilt als derzeit besonders schlagkräftig. Für Schlagzeilen sorgte sie im März mit dem Anschlag auf eine Veranstaltungshalle bei Moskau mit fast 150 Toten. In Deutschland und anderen westlichen Staaten wurden ISPK-Anschläge nach Einschätzung der Behörden durch vorherige Festnahmen verhindert.

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Einer der nun angeschuldigten Männer durchlief laut Anklage eine militärische Ausbildung beim IS. Andere waren demnach wegen IS-Verbindungen schon in anderen Ländern in Haft.

Der mutmaßliche Anführer, der in den Niederlanden festgenommene Abdusamad A., soll als IS-Mitglied in Kiew eine Terrorgruppe angeführt haben. In Deutschland agierte laut Anklage der 28-jährige Ata A. als Wortführer. Laut Ermittlungen hatte er Kontakt zu zwei ISPK-Anhängern, die vor Weihnachten 2022 wegen mutmaßlicher Anschlagspläne in Straßburg festgenommen wurden. Drei Angeschuldigte sollen einen ISPK-Terroristen gekannt haben, der im Juni 2022 in Kabul einen Selbstmordanschlag mit mehreren Toten auf einen Sikh-Tempel verübte.

Ihre Gewaltbereitschaft zeigten einige der Männer laut Anklage bereits in ihren Herkunftsländern. Der Kirgise Abrorjon K., Spitzname „Der Verlorene“, soll bei einem Raubüberfall in der Ukraine einen Mann mit einem Holzschläger zu Tode geprügelt haben. Der Turkmene Ata A. warf laut Anklage in der Ukraine als Türsteher einen Mann so heftig zu Boden, dass dieser starb.

Kennengelernt hatten sich die Angeschuldigten laut Anklage in der Ukraine. Nach Deutschland reisten sie Anfang 2022 wohl mit gefälschten Dokumenten ein. Sechs der sieben Männer sind nach Aktenlage vollziehbar ausreisepflichtig. Warum sie trotz ihrer kriminellen oder terroristischen Vergangenheit nicht abgeschoben wurden, geht aus der Anklage nicht hervor.

Ihre Zeit in Deutschland verbrachten sie den Ermittlungen zufolge damit, IS-Propaganda zu konsumieren, sich Fotos aus Enthauptungsvideos zuzuschicken oder die „Ungläubigen“ als „Dreck“ zu bezeichnen. Einer der Angeschuldigten soll in einem Gelsenkirchener Baumarkt Chemikalien zur Durchführung eines Anschlags begutachtet haben. Ata A. platzierte laut Anklage in einem Koffer Plastikflaschen, um den Bau einer Kofferbombe zu prüfen.

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Anfang 2023 soll ein Bekannter ihm für 5000 Euro eine Stinger-Rakete angeboten haben. A. habe abgelehnt. Für den Kauf einer angebotenen Pistole hatte er laut Anklage kein Geld.

Im Frühjahr 2022 fragte Ata A. einen Mitstreiter per Telegram-Nachricht laut Anklage: „Wann führen wir hier einen Anschlag durch?“ Ansonsten sprachen die Männer verklausuliert. Konkrete Anschlagsvorbereitungen gab es laut Generalbundesanwalt nicht. Ob die Erkenntnisse für eine Verurteilung reichen, ist unklar. Einige Angeschuldigte messen dem Verfahren wohl ohnehin keine Bedeutung zu. Ata A. soll einem Mitstreiter gesagt haben: „Mir gehen ihre Gesetze am Arsch vorbei.“

Die Berliner Juristin und Frauenrechtlerin Seyran Ates: Im Jahr 2017 gründete sie die Ibn-Rushd-Goethe-Moschee in Berlin
Die Berliner Juristin und Frauenrechtlerin Seyran Ates: Im Jahr 2017 gründete sie die Ibn-Rushd-Goethe-Moschee in Berlin
Quelle: Martin U. K. Lengemann

Die Verantwortlichen der Ibn-Rushd-Goethe Moschee entschlossen sich wegen der Terrorgefahr, die Gebetsstätte zwischenzeitlich zu schließen. Nun ist sie wieder geöffnet. Besucher müssen sich aber anmelden. Die Moschee Gründerin Seyran Ateş sagt: „Die anhaltende Bedrohungslage zwingt uns dazu.“

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