Gesellschafter statt Bolzplatz Zweitkarriere Investor: Fußballprofis stecken Millionen in die Start-up-Szene

Marcell Jansen, Julian Draxler und Philipp Lahm (v.l.) haben ein Vermögen als Fußballprofis gemacht, jetzt sind sie Unternehmer. Quelle: PR

Was kommt nach der Karriere als Profifußballer? Immer mehr Spieler entscheiden sich für den Weg in die Gründerszene. Marcell Jansen, Julian Draxler, Philipp Lahm und andere berichten von ihrem Weg ins Unternehmertum.

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Mit Mitte 30 ist die Karriere als Profifußballer meist vorbei. Einige Sportler werden Kommentatoren oder Werbegesichter für Shampoo und Snacks, andere wählen einen komplett anderen Weg: Sie gehen in die Start-up-Szene. In den Gesellschafterlisten junger deutscher Tech-Firmen finden sich mehr und mehr bekannte Namen von prominenten Fußballspielern.

Marcell Jansen, Julian Draxler, Philipp Lahm, Kevin Trapp, André Schürrle und viele mehr. Der umtriebigste Business Angel ist Mario Götze.

Fußball war und ist teilweise immer noch das Leben der ehemaligen Top-Athleten. Eine Ausbildung haben die Sportler nicht, nach dem Schulabschluss ging es für sie direkt auf den Rasen. Nun ist ihre Passion zum Hobby geworden und das verdiente Geld soll angelegt werden. Das geht über Immobilien, Gold und Aktien – wenig Risiko, hohe Rendite. Oder mit weitaus mehr Wagnis in Form von Start-up-Investments oder gar einem eigenen Unternehmen.

„Ich würde nicht direkt von einer Karriere als Start-up-Investor sprechen“, sagt etwa Julian Draxler. Sein Geld liege größtenteils in Aktien, Anleihen und Immobilien. „Es ist vielmehr so, dass ich mich seit einiger Zeit intensiver mit der Frage beschäftige: Was will ich nach meiner sportlichen Karriere machen? Und da ich mich schon immer für Investment-Themen interessiert habe, ist das ein logischer Baustein von mehreren.“ Der 30-Jährige steht aktuell beim katarischen Verein Al-Ahli SC unter Vertrag. Wie lange er noch spielen wird, ist offen.

Ex-HSV-Spieler Marcell Jansen hat sich bereits für den Weg ins Unternehmertum entschieden und mehrere Firmen aufgebaut. „Ich habe als Sportler gutes Geld verdient, könnte auch einfach nur reisen oder mein Vermögen anlegen. Ich möchte aber einen Impact für die Gesellschaft leisten“, sagt er. Jansen habe ein Fachabitur abgelegt, kein Studium oder andere Joberfahrung, folglich sei ihm nicht viel übrig geblieben außer die Selbstständigkeit.

Seine ersten Gehversuche in der Wirtschaft unternahm Jansen mit Anfang 20, scheiterte jedoch. Ihm sei schon damals bewusst gewesen, dass er später ein zweites Standbein brauchen würde. Jansen wollte sich nach seinem Karriereende nicht mehrere Jahre Zeit nehmen, um sich zu finden, erzählt der Ex-HSV-Profi heute. Also teilte er seine Tage jahrelang auf: vormittags Training mit der Mannschaft, nachmittags Büro.

Jansen stammt aus einer Arbeiterfamilie aus Mönchengladbach. Seine Mutter arbeitete als Kassiererin bei Aldi, sein Vater war Warenannahmeleiter bei Kaiser's. Sein Vater sei täglich mehrere Kilometer gelaufen, habe schwer gehoben und stets Schmerzen gehabt. Jansen habe seinen Eltern häufig Termine bei angesehenen Sportärzten verschafft. Ihm sei es unfair vorgekommen, wieso er als Profisportler mehr Privilegien im Gesundheitsbereich haben sollte als andere Menschen, die ebenso harte körperliche Arbeit verrichten, erzählt der Ex-HSV-Spieler.

Mit Mitte 20 baute er – neben seiner Fußballkarriere – daher ein neuartiges Konzept für Sanitätshäuser auf, daraus entwickelte sich im Laufe der Zeit eine Holdinggesellschaft mit Start-up-Investments. Aus dem Vorsatz, seinen Eltern zu helfen, hat Marcell Jansen eine Firma sowie eine ganze Karriere erschaffen. Heute ist er CEO seines Gesundheitsunternehmens S’tatics Group, dem Nachfolger des Sanitätshauskonzepts, Gesellschafter seiner Investmentfirma Heart of Health und dadurch auch Geschäftsführer in seinen Portfoliofirmen.

Jansens Fokus liegt auf Gesundheit, Ernährung und Sport: Intimpflege für Männer, Hygienelösungen für Kindergärten, glutenfreie Kuchen. Er sei nicht nur Geldgeber, sondern initiiere die Projekte auch mit, sagt der Top-Athlet. So aktiv ist nicht jeder Ex-Fußballer in seiner Zweitkarriere als Investor.

Marketingeffekt und großes Netzwerk

Julian Draxler etwa zögert noch: „Ich bin davon überzeugt, dass man, wie im Fußball, auch erstmal Erfahrungen machen muss, bevor man dann größere Schritte wagt.“ Vor drei Jahren gründete der Ex-Schalke-Spieler die Haargelfirma Haarwald mit, außerdem investiert er auch in Tech-Firmen. Draxler habe vor allem Ahnung von Sport, also halte er nach Geschäftsmodellen mit Sportbezug Ausschau, sagt er. Der Fußballprofi arbeite eng mit der portugiesischen Venture-Capital-Firma Apex zusammen. Deren Alleinstellungsmerkmal ist es, gemeinsam mit Top-Athleten zu investieren.

Bei einer Finanzierungsrunde gibt es immer einen sogenannten Lead-Investor. In der Regel ist das ein großer Wagniskapitalfonds, der die größte Summe zahlt und dafür die meisten Anteile bekommt. Dafür übernimmt dieser Kapitalgeber auch die Due Diligence, also die betriebswirtschaftliche Prüfung eines Start-ups. Auf diese Ergebnisse verlassen sich dann sämtliche Business Angels – etwa Fußballer –, um diese zeitaufwendige Prozedur nicht selbst durchführen zu müssen.

Allein entscheiden die Fußballprofis selten über ihr Vermögen, häufig haben sie Berater im Rücken. Marcell Jansen verlässt sich auf seine Mitgesellschafter, Julian Draxler hat ein eigenes Team. Philipp Lahm etwa arbeitet mit einem Partner, den er seit 20 Jahren kenne, erzählte er kürzlich im WirtschaftsWoche-Interview. Der Kölner hat beispielsweise den Lebensmittelhersteller Schneekoppe aufgekauft, investiert aber auch in Tech-Unternehmen. „Das Verhältnis zwischen Investments, die ich selbst suche, und solchen, die mir angeboten werden, ist etwa 50:50“, erklärt Lahm. „Als jemand, der in der Öffentlichkeit steht, wird mir vieles zugetragen.“

In der Start-up-Szene sind Profisportler gern gesehene Investoren. Den Unternehmen bringen sie nicht nur Kapital, sondern vor allem einen Werbeeffekt. Kunden und Partner fühlen sich von solch einem Promi-Gesellschafter angesprochen, vor allem aber auch potenzielle Bewerber. In Zeiten des Fachkräftemangels werben Firmen in Stellenausschreibungen gern mit ihren prominenten Förderern. Zudem verfügen die Fußballer über ein breites Netzwerk, seien es Kontakte zu ehemaligen Sponsoren oder im Sport.

Rund halbe Million Verlust mit einem Investment

Wie viel Geld die Fußballstars in die Tech-Firmen stecken, verraten sie selten öffentlich. In der Regel sind es fünfstellige Beträge. Marcell Jansen hat seit seinem ersten Fehlversuch mit Anfang 20 eine „siebenstellige Summe“ für Gründungen und Investments ausgegeben, rechnet er vor. Julian Draxler zahlt „zwischen mittleren fünf- und mittleren sechsstelligen Beträgen“, berichtet der frühere Schalke-Spieler.

Immer einkalkuliert sind Ausfälle. Jeder Investor setzt sich früher oder später mit einer insolventen Portfoliofirma auseinander. Jansen habe vor allem während der Coronapandemie einige Firmen einstampfen müssen, sagt er. Julian Draxler habe kürzlich sein erstes Investment abschreiben müssen, erzählt auch er. „Es ging um ein Fintech mit Sportbezug, das Investment war mittel sechsstellig. Das tut schon weh, ist aber auch eine wichtige Erfahrung, denke ich.“

Weitere Informationen zur EM 2024:

Der mit Abstand aktivste Investor ist laut einer Auswertung des Analysediensts Startupdetector Mario Götze. Sein Portfolio umfasst Dutzende Firmen weltweit. In manchen Medienberichten heißt es über 30, an anderer Stelle über 50 Beteiligungen. Im Vergleich zu etwa Draxlers Sportfokus sind Götzes Themen breit gestreut: von der neuen KI-Hoffnung Parloa, über die Lern-App Knowunity, der Beerdigungsalternative Meine Erde, bis hin zum prominenten Cannabis-Start-up Sanity Group. Die Gründer loben Götze für seine Unterstützung, er sei ansprechbar bei Problemen und helfe vor allem im Marketing.

Mit Companion-M hat er sich eine eigene Venture-Capital-Firma aufgebaut und investiert mittlerweile neben namhaften Fonds der ganzen Welt. Soweit bekannt verbucht Götze in seiner neunjährigen Investorenkarriere einen Anteilsverkauf. Das Zahnschienen-Start-up Plusdental wechselte 2022 den Besitzer, die Rendite dürfte für die Gesellschafter aber nicht hoch gewesen sein. Die Bewertung der Firma lag kaum merklich über den zugeflossenen Investorengeldern.

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Bis Götzes Fußballkollegen erste Rückläufe auf ihrem Konto sehen, dürfte es noch dauern. Viele haben erst vor zwei bis drei Jahren mit ihren Investments begonnen. Vermutlich benötigt es mindestens noch einmal so viel Zeit, bis erste Renditen fließen.

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