WirtschaftsWoche: Herr Schillinger, in Ihrem Hotel Fritz Lauterbad im Schwarzwald kommt die dänische Nationalmannschaft während der Europameisterschaft unter. Wie ist ihr Hotel zur EM-Unterkunft geworden?
Steffen Schillinger: Die ehrliche Antwort: Ich habe keine Ahnung. Das Fritz hat 2019 eröffnet und direkt im Jahr 2020 der German Design Award, sowie 2021 den Iconic Award gewonnen. Während der Coronapandemie sind viele Reisende zu uns gekommen, die sonst vermutlich eher ins Ausland gegangen wären. Dazu gehörten auch viele Personen aus der Öffentlichkeit. So wurden wir immer bekannter – ich denke, dass das alles dazu beigetragen hat, weshalb der DfB Ende 2020 auf uns zugekommen ist.
Haben Sie direkt zugesagt?
Für mich war schnell klar, dass ich daran teilnehmen möchte, da es eine einzigartige Chance und ein ultraspannendes Ereignis ist. Anfang 2021 ging es mit ersten Meetings los, gefolgt von vielen weiteren Abstimmungen von Sicherheit über Raumpläne bis hin zu den finalen Preis-Angeboten und Verträgen für 2024.
Wie kamen sie ausgerechnet auf die dänische Mannschaft?
Die Teams suchen sich das selbst aus. Nachdem die Region der Spiele ausgelost wurde, haben die Dänen sich als erstes gemeldet. Wir sind da frei nach dem Prinzip First Come First Serve gegangen, waren aber auf der Favoritenliste von mehreren Mannschaften.
Zur Person
Steffen Schillinger ist Hoteldirektor und Gründer des Fritz Lauterbad Hotels im baden-württembergischen Freudenstadt. Das Hotel eröffnete 2019 und hat mit 70 Zimmern Platz für 140 Gäste.
Wie bereiten Sie sich auf die dänische Mannschaft vor?
Das sind sehr viele Dinge – angefangen von der Technik bis hin zu dänischen Infoflyer. Unsere Küchenchefs sind zudem im engen Austausch mit dem der dänischen Nationalmannschaft, da es hier ganz klare Vorgaben gibt. Die Mahlzeiten sind auf den Trainingsplan und die Turniere abgestimmt. Wir schauen uns die Ernährungsbilanzen an und welche Nährwerte die Spieler an welchen Tagen besonders brauchen. Unsere Küche legt einen starken Fokus auf regionale Lebensmittel, die um abgestimmte Produkte wie zum Beispiel Lachs aus Dänemark ergänzt wird.
Sie haben 90 Mitarbeitende – werden die alle in der Zeit eingesetzt?
Einige Mitarbeiter nehmen in der Zeit Urlaub, einige andere werden bei unseren Partnerlocations eingesetzt. Dabei geht es vor allem um die Bereiche Kosmetik, Massage und Physio, wo das Team ihre eigenen Leute mitbringt. Außerdem brauchen wir nur einen kleinen Teil des Housekeeping Teams.
Während der Europameisterschaft ist Ihr Hotel exklusiv für die Dänen reserviert. Was passiert, wenn die Mannschaft vorher rausfliegt und vor dem 14. Juli, dem Ende der EM, abreist?
Es kommen für die dänische Mannschaft keine Stornierungsgebühren in Frage, das ist auch vertraglich so geregelt. Sollte die dänische Mannschaft, wovon wir nicht ausgehen, zum Beispiel im Achtelfinale rausfliegen, würden wir die Zimmer nach Ende des Achtelfinales wieder freigeben. Wir versuchen den „Verlust“ aber mit einem EM-Special aufzufangen. Reisende können für diesen Zeitraum jetzt schon ein Zimmer mit 50 Prozent Ermäßigung buchen. Wird die Mannschaft Europameister, dann kann der Betrag als Wertgutschein nach der EM weiterhin eingelöst werden.
Rechnen Sie deshalb mit negativen wirtschaftlichen Effekten für ihr Haus?
Die Verträge mit der dänischen Mannschaft wurden 2021 geschlossen und die Angebote und die Preisdaten im selben Jahr definiert, noch vor dem Ukrainekrieg und der Energiekrise. Zusätzlich ist unsere Zimmerrate heute höher als noch 2021. Das heißt, die Mannschaft zahlt eine niedrigere Zimmerrate als wir jetzt aktuell wahrscheinlich angeboten hätten. Außerdem haben wir natürlich noch klassisch unsere Fixkosten für unsere Mitarbeiter oder den Energiebedarf, die auch anfallen, wenn keine Gäste im Haus sind.
Dafür haben wir aber auch viele positive wirtschaftliche Effekte: Wir haben durch unser Base Camp eine große mediale Aufmerksamkeit erhalten, sogar europaweit. Das ist ein großer Mehrwert, den man noch nicht wirklich in Zahlen messen kann. Im Endeffekt wiegt dieser das monetäre Defizit, das uns durch das Wegbrechen der Übernachtungen entstehen könnte, sicherlich wieder auf.
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Hinweis: Dieser Artikel erschien erstmals am 28. Mai bei der WirtschaftsWoche. Wir zeigen ihn aufgrund des Leserinteresses erneut.
