Es war schon spät an diesem Abend in Bordeaux. Und nun, als Manuel Neuer den Elfmeter des Italieners Matteo Darmian gehalten hatte, war wieder ein deutscher Spieler an der Reihe. Und diesem bot sich die große Chance, die deutsche Elf am 2. Juli 2016 ins Halbfinale der EM zu schießen. Jonas Hector, der sich ein Herz fasste, erinnerte sich später, dass jemand zu ihm kam. „‘Jetzt schießt du.‘ – Das habe ich dann getan.“
Vor Hector, dem immerhin schon 18. Schützen, hatten bereits insgesamt sieben Spieler verschossen, darunter der Italiener Simone Zaza mit seinem berühmten Anlauf von handgezählten 17 Trippelschritten – und immerhin auch drei der treffsichersten Elfmeterschützen beim DFB: Thomas Müller, Mesut Özil und Bastian Schweinsteiger.
Hector, der in seiner Zeit als Profi bis dahin noch nie zuvor aus elf Metern angetreten war, schritt also zur Tat: Fünf Schritte Anlauf, ein Schuss mit der linken Innenseite in die rechte Torecke, nicht stramm oder sehr präzise, doch gut genug, um Italiens Nationaltorhüter Gianluigi Buffon zu überwinden. Hector traf zum 6:5 im Elfmeterschießen. Sieg für Deutschland.
Bilanz von Füllkrug: 27 von 29 Elfmetern verwandelt
Acht Jahre später steht die deutsche Nationalmannschaft wieder im EM-Viertelfinale (hier geht es zum Liveticker). Spanien ist ein Gegner, den die DFB-Auswahl in einem Pflichtspiel seit 1988 nicht mehr bezwungen hat.
Damit die Mannschaft von Bundestrainer Julian Nagelsmann auf alles vorbereitet ist, wurden in den vergangenen Tagen nicht nur taktische Dinge in Herzogenaurach trainiert. Die Spieler traten in den Übungseinheiten auch vom Punkt an.
Über die möglichen Elfmeter-Schützen in dem K.o.-Spiel sagte Nagelsmann am Donnerstag auf der Abschlusspressekonferenz vor dem Spiel: „Wir haben eine gewisse vorgefertigte Liste im Kopf.“ Mit dem Standardtrainer Mads Buttgereit sei man alles durchgegangen. Wichtig sei die Überzeugung eines Spielers. „Wir haben eher zu viele als zu wenig geeignete Spieler“, so Nagelsmann über die möglichen Schützen. Drei mögliche Protagonisten dürften gesetzt: Kai Havertz, Ilkay Gündogan und Niclas Füllkrug.
Havertz traf in diesem Turnier bereits zweimal per Strafstoß. Beim Eröffnungsspiel gegen Schottland (5:1) und im Achtelfinale gegen Dänemark. Beim 2:0 sorgte er für den Führungstreffer. Der Offensivspieler des FC Arsenal verwandelte beide Elfmeter sicher. Dass Kapitän Gündogan mit entsprechenden Stresssituationen umgehen kann, bewies er in seiner langen Karriere bereits.
17 von 21 Elfmetern verwandelte er, sieben davon im DFB-Trikot. Unter enormer Drucksituation traf er im Champions League-Finale 2013 zum zwischenzeitlichen Ausgleich, als er mit dem BVB gegen die Bayern verlor (1:2). Auch BVB-Stürmer Füllkrug ist nervenstark: von 29 Elfmetern hat er in seiner Karriere bislang 27 verwandelt.
Sieben Elfmeterschießen in der Turniergeschichte – nur eines ging verloren
Wer neben den drei Schützen für Deutschland antreten wird, soll kurzfristig entschieden werden, da geht es dann auch darum, wer sich sicher fühlt. Fünf Spieler pro Team treten beim Elfmeterschießen an. Gibt es nach jeweils fünf Elfmetern keine Entscheidung, geht es der Reihe mit je einem Schützen weiter. So wie am 2. Juli 2016 in Bordeaux. Als Hector antrat, standen noch Benedikt Höwedes und Manuel Neuer zur Verfügung.
Ein wichtiger Faktor dürfte zudem Keeper Neuer werden. Er parierte in seiner Karriere bislang schon 17 – gegen Italien in seiner Karriere. Gegen Italien 2016 hielt er neben dem Schuss von Darmian auch den von Leonardo Bonucci, der in der regulären Spielzeit noch einen Strafstoß verwandelt hatte. Ein Schuss der Italiener ging gegen den Pfosten, der andere über das Tor.
Die deutsche Bilanz bei Elfmeterschießen während eines Turniers liest sich gut: Sieben Mal musste die DFB-Auswahl bei Europa – oder Weltmeisterschaften vom Punkt antreten, nur einmal verloren sie ein Elfmeterschießen – 1976 im EM-Finale gegen die damalige Tschechoslowakei (5:7). Unvergessen bis heute ist der Schuss von Uli Hoeneß, der weit über das Tor ging.