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Weinland Frankreich Crémant

Ein freundlicher Sprudler

Ein Schatz des Loire-Tals: Blick auf das Städtchen Saumur mit seinem Chateau und seiner Loire-Brücke Pont Cessart Ein Schatz des Loire-Tals: Blick auf das Städtchen Saumur mit seinem Chateau und seiner Loire-Brücke Pont Cessart
Ein Schatz des Loire-Tals: Blick auf das Städtchen Saumur mit seinem Chateau und seiner Loire-Brücke Pont Cessart
Seit 25 Jahren steigen die Absatzzahlen. 2019 trinken die Deutschen sogar erstmals mehr Crémant als Champagner. Eine Erfolgsgeschichte – vor allem von der Loire.

Crémant ist nicht so nobel wie Champagner und nicht so notorisch wie Prosecco. Trotzdem, oder vielleicht gerade deshalb, macht sich der bescheidenere Sprudler bei uns immer mehr Freunde. Denn Deutsche mögen’s prickelnd. In keinem anderen Land werden mehr Sekt-, Prosecco-, Champagnerflaschen geöffnet. Und nun hat laut französischer Zollbehörde der Crémant sogar erstmals den Champagner überflügelt.

Was genau Crémant heißen darf, ist etwas kompliziert. Denn eigentlich ist – oder besser: war – der Crémant ein Champagner. Crémant hießen in der Champagne einst alle Schaumweine, die einen Druck von zwei bis drei statt wie üblich fünf bis sechs Atmosphären aufwiesen. Später ließ sich die Champagne den Gebrauch ihres Namens schützen. Selbst die Flaschengärung, Méthode champenoise, musste umbenannt werden. Dabei blieb die Bezeichnung Crémant, was in etwa cremig bedeutet, sozusagen als Konkursmasse übrig. Für Franzosen ist Crémant also alles, was Schaumwein, aber kein Champagner ist, quasi synonym zum deutschen Sekt.

Crémant wird in acht verschiedenen Regionen produziert, von den atlantisch beeinflussten Hängen des Limoux im Languedoc bis in die putzigen Täler des Elsass‘ ganz im Osten. Jedes Anbaugebiet hat eigene Sorten. Neben bekannten wie Chenin blanc, Cabernet, Pinot Blanc oder -gris trifft man auf Riesling oder Muscat blanc. Auch zauberhafte Zungenbrecher wie Savagnin, Grolleau gris oder Pineau d’Aunis sind dabei.

Sehr harte Arbeit

So weit verteilt die Anbaugebiete sind, so unterschiedlich die Crémants. Dabei können besonders jene von der Loire, oft aus Chenin blanc gemacht, sich sehen lassen – sie machen auch den Löwenanteil der nach Deutschland exportierten Flaschen aus.

Die Herstellung ist ähnlich geregelt wie beim Champagner, wenn auch nicht ganz so streng. Handernte in flache kleine Kisten ist angesagt. So kommt im Weingut exzellentes Lesegut an und kein Traubenmatsch. Die Winzer sind verpflichtet, die Trauben nicht zu sehr auszupressen. So bleiben Bitterstoffe in der Presse. Auch zu viel Schwefel ist tabu. Der Wein kommt in Flaschen zusammen mit einer Portion Zucker und Hefe, der Dosage. Kronkorken drauf und drinnen beginnt eine zweite Gärung.

Die dabei anfallende Kohlensäure hält der Kronkorken in der Flasche. Genauso wie in der Champagne. Das Ganze wird noch eine gute Zeit mit dem Hals nach unten gelagert und regelmäßig um 45 Grad gedreht. Das ist sehr harte Arbeit. Ein einzelner Arbeiter verbringt dazu endlose Tage in unterirdischen Stollen und macht immer nur eine Handbewegung. Weil nicht wenige darüber schwermütig wurden, gibt es heute Maschinen, die ganze Paletten von Flaschen heben und immer im richtigen Rhythmus drehen. So setzt sich die Hefe langsam im Flaschenhals ab.

„Ein Crémant“, erklärt Benoit Defranoux von Bouvet-Ladubay, „ist wie der gute Italiener um die Ecke. Man fühlt sich wohl, die Qualität stimmt und er ist nicht zu teuer.“ Da ist was dran. Aber es gibt einige Stellschrauben, mit denen man statt eines soliden einen sehr guten Crémant machen kann.

Manchmal wie ein Industriebetrieb

Gute Böden, niedrige Erntemengen und die für den Weinberg geeignete Rebsorte sind entscheidende Faktoren. Im Keller eines Sektherstellers sieht es manchmal aus wie in einem Industriebetrieb. Alle Behälter sind aus hygienischem Edelstahl. Mit Kühlanlagen hält man die Temperatur und die Mikrobiologie unter Kontrolle. So entstehen klare Fruchtaromen. Steigerungsfähig ist das noch, wenn man die erste Gärung in ein Holzfass verlegt. Das gibt dem Wein mehr Komplexität.

Auch die Zeit, die der Crémant in der Flasche mit dem Hefezusatz verbringt, ist entscheidend. Je länger, desto feiner integriert sich die Kohlensäure in den Wein. Gute Winzer warten deshalb deutlich länger als die vorgeschriebenen zwölf Monate. Im besten Fall hat Crémant dann eine feine Kohlensäure, die nicht am Gaumen wehtut. Er ist frisch, aber auch die Säure sticht nicht. Er schmeckt nach Früchten und vielleicht Wiesenkräutern. Eben genau die Sorte Wein, die man gern jeden Tag trinkt, weil er gut ist und unaufgeregt.

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Zwar dürfen die Trauben nicht zu stark gepresst werden. Wie viel zu ernten erlaubt ist, variiert aber stark. In einigen Regionen sind es bis zu 100 Hektoliter pro Hektar, doppelt soviel wie an der Loire. Das ist nicht unwichtig. Je mehr Trauben pro Hektar gelesen werden, desto wässriger ist der Most, den man daraus gewinnt. Egal wie sanft er gepresst wird. Daraus entstehen dann recht einfache Tropfen, die keine Zier für den Berufsstand sind.

Dass es unterschiedliche Stile gibt, mag die Neugier wecken. Gerade bei allem, was sprudelt, erwarten die Kunden aber einheitliche Qualität. So ein Schäumer soll immer gleich schmecken. Das erreicht man durch das Mischen verschiedener Grundweine vor der zweiten Gärung, der Assemblage, die die Winzer wie ein Hochamt feiern. Ein „wahrhaftiger Weinparfümeur“ sei sein Chef Patrice Monmousseau, schwärmt Defranoux, „mitunter verschneidet er über hundert Weine“. Seine Euphorie ist verständlich, denn Sektproduktion ist aufwändig. Ein möglichst moderner Maschinenpark ist nötig und den kann sich nicht jeder kleine Winzer leisten.

Übrigens: Auch deutsche Weinbauern dürfen ihren Sekt Crémant nennen.

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