Fragen und Antworten im Überblick

Warum werden immer häufiger Geldautomaten gesprengt?

Ein gesprengter Geldautomat ist hinter einem Absperrband der Polizei zu sehen (Symbolbild).

Ein gesprengter Geldautomat ist hinter einem Absperrband der Polizei zu sehen (Symbolbild).

Hannover. Die Fälle häufen sich: Fast täglich werden in Deutschland Geldautomaten gesprengt. Die Täterinnen und Täter hoffen auf eine reiche Bargeldbeute – den Schaden tragen die Banken. Oft stammen die Sprengenden aus europäischen Nachbarländern wie Frankreich oder den Niederlanden und sind in größeren Banden organisiert.

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Über die jüngste Automatensprengung in Rodewald im Landkreis Nienburg berichtete der „Stern“, etliche Fälle sorgten allein im Main-Kinzig-Kreis in den letzten Wochen für Schlagzeilen. Zuletzt wurden Geldautomaten in Wächtersbach, Brachtal und Jossgrund-Oberndorf (+) in die Luft gejagt. Bei einer Automatensprengung in Bundenthal in der Südwestpfalz geriet nach der Detonation sogar das Gebäude in Brand und wurde völlig vom Feuer zerstört.

Auch Anwohnerinnen und Anwohner sind in Gefahr

Die Schäden an Automaten und Gebäuden sind ärgerlich und teuer, aber teils nur das kleinere Problem: Durch Festsprengstoff, den die Täterinnen und Täter statt Gasgemischen immer häufiger verwenden, bringen die Diebe andere Menschen in Gefahr. Viele Bargeldautomaten befinden sich in Gebäuden mit Wohnungen.

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Weil das Risiko für die Bewohnerinnen und Bewohner inzwischen zu hoch ist, wurden etliche Geldautomaten im hessischen Main-Kinzig-Kreis vorübergehend stillgelegt. Die Banken verweisen auf andere Filialen oder auf die Möglichkeit, Geld an der Supermarktkasse abzuheben – nicht alle Menschen haben für diese Maßnahme Verständnis. Banküberfall war also gestern – heute haben die Täterinnen und Täter Bargeldautomaten im Visier. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick:

Geldautomatensprengungen: Fragen und Antworten

Wie viel Geld ist in einem Automaten?

Bei der Geldsumme im Automaten kommt es darauf an, wie hoch die Stückelung der Banknoten ist – außerdem unterscheidet sich die Summe je nach Standort und Betreiber. Sind die Geldkassetten etwa mit 200‑Euro-Scheinen bestückt, fällt die Beute für Diebe entsprechend höher aus. Grundsätzlich können Geldautomaten bis zu 2800 Scheine fassen, wodurch rein theoretisch bis zu 500.000 Euro in einem Gerät stecken können. Ein Sicherheitsexperte der Sparkassen schätzt die realistische durchschnittliche Summe in einem Automaten auf einen Betrag zwischen 50.000 und 100.000 Euro.

Wie oft wird ein Geldautomat befüllt?

Auch hier gibt es Unterschiede. Laut dem Sparkassen-Verband gibt es Bankautomaten, die mehrmals pro Woche – zum Teil sogar mehrmals täglich – befüllt werden müssen. An weniger belebten Standorten reiche hingegen oft eine 14‑tägige Befüllung aus. Die gewünschte Summe wird bei der Bundesbank bestellt und dort gezählt. Die Betreiber versuchen dabei, ein Gleichgewicht zwischen der Verfügbarkeit von Bargeld sowie den Kosten und Risiken der Geldautomatenbefüllung zu finden.

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Warum werden viele Geldautomaten nicht mit Farbpatronen gesichert?

Die Scheine können durch eingebaute Farbpatronen vor Diebstahl geschützt werden: Im Fall einer Sprengung werden dabei die Patronen zerstört, und das Bargeld wird eingefärbt, um es unbrauchbar zu machen. In Deutschland sind Geldautomaten in den meisten Fällen allerdings nicht mit solchen Patronen ausgestattet. Die Technik sei unzuverlässig und störanfällig, hieß es dazu von Banken-Vertretern im Gespräch mit dem „Hamburger Abendblatt“.

In den Niederlanden hingegen sollen Behörden und Banken gute Erfahrungen mit dem Einsatz von Farbpatronen gemacht haben. Es verringere den Anreiz für Diebe, da das gestohlene Geld leichter identifizierbar und schwerer zu verwenden ist.

Wie viele Geldautomaten wurden 2023 gesprengt?

Für 2023 liegen noch keine vollständigen Daten zur Zahl der Geldautomatensprengungen vor. Fest steht aber schon: Die Zahlen für das erste Halbjahr in Deutschland waren nach Angaben des Statistischen Bundesamts im Vergleich zur ersten Jahreshälfte 2022 rückläufig. Waren es 2022 noch 260 Sprengungen bis zum Sommer, so ist die Zahl im entsprechenden Zeitraum 2023 auf 239 gesunken.

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Das gilt aber nicht flächendeckend für ganz Deutschland. Mancherorts stieg die Zahl der Sprengungen. So flogen in Hessen im ersten Halbjahr über 30 Automaten in die Luft – ein Drittel mehr als im Vorjahreszeitraum. In Mecklenburg-Vorpommern stieg die Zahl von null auf sechs, im Saarland sogar auf sieben Sprengungen in der ersten Jahreshälfte.

Warum werden in Deutschland so viele Geldautomaten gesprengt?

Während man vor allem in den Niederlanden Farbpatronen einsetzt, die die Geldscheine im Fall einer Detonation markieren, sind erst wenige Automaten in Deutschland damit ausgestattet. Anders als in anderen EU‑Ländern gibt es in Deutschland noch keine verpflichtenden Sicherheitsmaßnahmen, um Automatensprengungen unattraktiv zu machen. Diebe können sich leicht Zugriff verschaffen, zumal die meisten Automaten nachts und in den frühen Morgenstunden eher unbeobachtet sind. In den Niederlanden reagierten Behörden auf vermehrte Automatensprengungen: Dort sind nachts nun Banken und Gebäude, in denen die Automaten stehen, verschlossen.

Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) fordert von Geldautomatenbetreibern und ‑herstellern, durch Maßnahmen wie Vernebelungstechnik, Einfärbe- oder Klebesysteme für mehr Sicherheit zu sorgen. Bei der Vernebelungstechnik muss der Ort, in dem sich der Geldautomat befindet, vorab abgeschlossen sein. Das System wird in die vorhandene Einbruchmeldeanlage eingebaut und schon beim ersten Einbruchversuch – zum Beispiel in die Foyerhalle einer Bank – ausgelöst. Blickdichter Nebel flutet dann den Raum und soll verhindern, dass die Einbrechenden bis zum Automaten vordringen.

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Die Bundesbank genehmigte kürzlich den Einsatz der Verklebetechnik in Deutschland, bei der die Scheine aneinander haften bleiben. Auch das Bundesinnenministerium prüft derzeit die Empfehlungen für Sicherungs- und Präventionsmaßnahmen.

Wo werden die meisten Geldautomaten gesprengt?

Die meisten Sprengungen gab es bisher in Nordrhein-Westfalen. Das Bundesland liegt an der niederländischen und belgischen Grenze – dorthin flüchten die meisten Täterinnen und Täter mit ihrer Beute.

In NRW stehen nach Angaben der Polizei mehr als 10.000 der bundesweit rund 53.000 Geldautomaten (Stand 2022 laut Statistischem Bundesamt), was die Region ebenfalls attraktiv für die Bargelddiebe macht. Nach Angaben des Landeskriminalamts (LKA) war 2022 mit 182 Sprengungen ein Rekordjahr für das Bundesland mit den meisten Überfällen, 2023 waren die Sprengungen bereits rückläufig mit 153 Fällen. Niedersachsen sei aufgrund seiner Grenze zu den Niederlanden ebenfalls ein beliebter Tatort. Auch in Hessen, Rheinland-Pfalz, Bayern und Baden-Württemberg werden immer öfter Automaten gesprengt, erklärte ein Sprecher des nordrhein-westfälischen LKA.

Wer steckt hinter den Sprengungen?

Verantwortlich für die meisten Taten sind mutmaßlich professionell organisierte Banden. Der Großteil kommt aus den benachbarten Niederlanden sowie aus Belgien und Frankreich – Amsterdam, Rotterdam und Utrecht gelten beim BKA als Zentren der organisierten Kriminalität, mehrere Hundert Personen organisieren sich demnach dort in kleinen Gruppen. Nach erfolgreicher Sprengung verlassen sie den Tatort mit hochmotorisierten Fahrzeugen und rasen oft zurück über die Grenze. „In den Medien heißen sie deshalb schon Audi-Bande“, sagte ein Sprecher des Landeskriminalamtes Nordrhein-Westfalen der „Neuen Westfälischen“.

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RND/lh

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