Wer zahlt, wenn die Rente nicht reicht?

Trotz höherer Zuschläge werden Pflegeheime immer teurer: Wer trägt die Kosten?

Immer mehr alte Menschen leben im Pflegeheim. Doch die Betreuung wird zunehmend teurer.

Immer mehr alte Menschen leben im Pflegeheim. Doch die Betreuung wird zunehmend teurer.

Hannover. „Explosionsartig“ nennt Karl Lauterbach diese Entwicklung: Der Bundesgesundheitsminister (SPD) hat vor Kurzem darauf hingewiesen, dass die Zahl der Pflegebedürftigen in Deutschland unerwartet schnell steigt. „Demografisch bedingt wäre 2023 nur mit einem Zuwachs von rund 50.000 Personen zu rechnen gewesen. Doch tatsächlich beträgt das Plus über 360.000“, sagte der SPD-Politiker dem RedaktionsNetzwerk Deutschland.

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Ein Problem, das sich zunehmend verschärft: Denn einerseits steigt die Nachfrage nach professioneller Pflege und damit der Bedarf an Fachkräften in der Pflege. Andererseits führt der demografische Wandel dazu, dass das Arbeitskräftepotenzial sinkt.

Eigenbeteiligung steigt

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes werden von den rund fünf Millionen Menschen, die in Deutschland pflegebedürftig sind, mehr als 80 Prozent zu Hause von ihrer Familie versorgt – in der Regel mit der Unterstützung von ambulanten Pflegediensten. Doch in manchen Situationen ist der Umzug ins Pflegeheim die beste Lösung. Auch, wenn dieser Schritt emotional und finanziell ein schwerer Schritt ist. Denn die Pflege im Heim ist teuer.

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„Obwohl die Pflegeversicherung seit diesem Jahr einen größeren Zuschuss zum pflegebedingten Eigenanteil übernimmt, steigen die Kosten für das Pflegeheim weiter“, sagt Verena Querling, Referentin für Pflegerecht bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Nach Angaben des Verbandes der Ersatzkassen (vdek) mussten Pflegebedürftige 2023 monatlich im Schnitt 2576 Euro Eigenbeteiligung zahlen, wenn sie bis zu zwölf Monate im Pflegeheim versorgt wurden. Das sind 165 Euro mehr als im Vorjahr.

„Wie viel am Ende als Eigenanteil zu tragen ist, hängt von der Region und von den Preisen des jeweiligen Heims ab“, sagt Querling.

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Wovon hängt der staatliche Zuschuss ab?

„Der Leistungszuschuss der Pflegekassen soll die Bewohner und Bewohnerinnen finanziell entlasten, in dem sie einen Teil der Pflegeheimkosten übernehmen“, erklärt die Fachfrau. „Allerdings beteiligen sie sich ausschließlich an den Kosten für die Pflege und für die Ausbildung des Personals.“

Die Höhe des staatlichen Zuschusses richte sich dabei danach, wie lange bisher Leistungen der vollstationären Pflege in Anspruch genommen wurden. „Sie steigt mit zunehmender Dauer des Heimaufenthalts.“ Das heißt: „Je länger man in einer Einrichtung der vollstationären Pflege lebt, desto geringer wird der Eigenanteil.“

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Die Entlastung erfolgt durch gestaffelte Zuschläge der Pflegekasse, die von der Aufenthaltsdauer im Pflegeheim abhängen. Sie betragen:

  • 15 Prozent im ersten Jahr,
  • 30 Prozent im zweiten Jahr,
  • 50 Prozent im dritten Jahr und
  • 75 Prozent ab dem vierten Jahr.

Die staatliche Zuschusshöhe erhöht sich also für die zu Pflegenden individuell je nach der Dauer der Heimaufenthalte.

Steigende Personalkosten

„Ein großer Teil der Rechnung summiert sich allerdings aus Posten, die nicht bezuschusst werden“, erklärt die Verbraucherschützerin. „Das sind Kosten für die Unterbringung, Energie und Verpflegung sowie für die Investitionen des Heims – Kosten, die in letzter Zeit enorm gestiegen sind.“ Zudem müssten häufig auch die steigenden Personalkosten mitgetragen werden.

Für den Großteil der Kosten müssten die Heimbewohner und Heimbewohnerinnen also selbst aufkommen.

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Die Rente reicht häufig nicht aus

Geht man von der durchschnittlichen Altersrente nach mindestens 45 Versicherungsjahren aus, die nach Angaben der Bundesregierung bei 1543 Euro monatlich liegt, „wird klar, dass sich das viele Menschen nicht leisten können“, sagt Querling. Für die Pflegekosten müssten die meisten jeden Monat auf ihr Erspartes zurückgreifen. Allerdings gebe es einen Schonbetrag von 10.000 Euro, zu zweit von 20.000 Euro.

„Ist die pflegebedürftige Person verheiratet oder lebt mit einer anderen Person in einer Lebensgemeinschaft, wird das Einkommen des Partners mitberücksichtigt. Das heißt, dass das Einkommen zusammengerechnet wird und dem daheimgebliebenen Partner nur ein Teil des Einkommens zur Lebensführung verbleibt.“ Der Rest ginge an das Sozialamt, weiß Querling.

„Falls das nicht ausreicht, um die Kosten im Pflegeheim zu decken, kann beim Sozialamt Hilfe zur Pflege beantragt werden.“ Dazu müssten die Einkommens- und Vermögensverhältnisse offengelegt werden.

Wichtig, so die Pflegerechtsexpertin: „Der Antrag sollte so zeitig wie möglich gestellt werden. Denn Leistungen gibt es nicht für bereits aufgelaufene Heimkosten, sondern erst ab Antragstellung.“

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Wann müssen die Kinder zahlen?

Die gute Nachricht: „Wenn die Rente nicht für die Heimkosten reicht, müssen Kinder von Pflegebedürftigen nur noch selten finanziell einspringen“, sagt Querling. Seit 2020 werden sie nur noch zur Zahlung aufgefordert, wenn sie mehr als 100.000 Euro brutto im Jahr verdienen. Zum Einkommen zählen dabei auch sonstige Einkünfte, zum Beispiel aus Vermietung und Verpachtung.

Das heißt auch: „Vermögen, das die Kinder besitzen, zum Beispiel ein eigenes Haus, wird für die Ermittlung, ob eine Pflicht zur Zahlung von Elternunterhalt besteht, nicht herangezogen.“

Unabhängig vom Einkommen der Kinder könne das Sozialamt Gegenstände oder Gelder, die verschenkt wurden, wieder zurückverlangen. Querling: „Diese Rückforderung von Vermögen ist allerdings auf zehn Jahre beschränkt.“

Wie kann ich vorbeugen?

Trotz Rentenanpassungen und gestiegener Zuschüsse durch die Pflegekasse müssen immer mehr Pflegebedürftige finanzielle Unterstützung durch das Sozialamt beantragen. Laut DAK Gesundheit wird der Anteil der Heimbewohnerinnen und Heimbewohner mit Sozialhilfezuschuss bis 2026 sogar auf 36 Prozent ansteigen.

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Um nicht in der Armutsfalle zu landen, rät Querling von der Verbraucherzentrale NRW, sich möglichst früh Gedanken darüber zu machen, wie man später einmal leben und alt werden will. Schließlich gebe es unterschiedliche Modelle, über die man sich in der Region erkundigen sollte. „Und die man vergleichen kann. Denn selbst zwischen Heimen im selben Bundesland gehen die Preise oft weit auseinander.“

Pflege im Vordergrund

Gut zu wissen: „Seniorenwohnheime und ‑residenzen sind keine Pflegeheime“, erklärt Querling. „Denn während in Pflegeheimen die Pflege im Vordergrund steht, ist es bei Seniorenheimen das betreute Wohnen. Dort leben alte Menschen in kleinen Wohnungen oder Apartments oft sehr selbstständig.“ Die Preise und Leistungen dort können frei gestaltet werden und entsprechend hoch sein.

Tipp: Das Informationsportal Pflegelotse des vdek gibt einen bundesweiten Überblick über Pflegeheime und deren Preise. Auch der Pflegenavigator der AOK informiert über Einrichtungen bundesweit. Zudem findet man auf den Seiten der Verbraucherzentrale hilfreiche Hinweise.

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