Im Test

Schau mal, wie süß er guckt: Hat der Fiat 600 E das Zeug zum Klassiker?

Nach dem Fiat 500 hat auch dieses knuffige Gefährt das Zeug zum Klassiker, findet unser Autor: Der Fiat 600 E La Prima.

Nach dem Fiat 500 hat auch dieses knuffige Gefährt das Zeug zum Klassiker, findet unser Autor: Der Fiat 600 E La Prima.

Design konnten sie schon immer in Italien. Dafür stehen automobile Ikonen wie Lamborghini Miura, Ferrari 365 GTB/4 Daytona, Alfa Romeo Montreal, Lancia Aurelia Spider – oder auch Fiat 500. Bleiben wir aber kurz beim Fiat. Der erstmals 1957 erschienene Cinquecento (italienisch für 500) gilt heute als Klassiker, der auch den kleinen Mann von der Straße mobil machte und auf kleinstem Raum möglichst viel Platz bot, ähnlich wie es in Deutschland dem Käfer und in England dem Mini Cooper gelang. Ein Erfolg, den sich Fiat ein halbes Jahrhundert später anschickt zu wiederholen. Denn neben dem Mini und demnächst vielleicht dem Renault R5 ist der Cinquecento in seiner heutigen Verkörperung (seit 2007) eines der ganz wenigen Autos, das den Geist eines Klassikers in die Moderne des Automobilbaus hinüberretten konnte. Und das nun selbst bereits Klassikerpotenzial erkennen lässt.

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Nach dem Fiat 500 hat auch dieses knuffige Gefährt das Zeug zum Klassiker, findet unser Autor: Der Fiat 600 E La Prima.

Nach dem Fiat 500 hat auch dieses knuffige Gefährt das Zeug zum Klassiker, findet unser Autor: Der Fiat 600 E La Prima.

Sympathieträger dank Kindchenschema

Was aber hat das mit unserem Testfahrzeug, dem Fiat 600 E La Prima, zu tun, dem Seicento (italienisch für 600)? Ganz einfach: wie der viertürige Fiat 500 bedient sich auch der größere 600 E der grundsätzlichen Formensprache des Cinquecento. Runde, sanfte Formen und riesige, lachende Kulleraugen-Scheinwerfer – dieses Kindchenschema nimmt (nicht nur) Mütter und Väter für sich ein. Und die Farbe „Orange – Sun of Italy“, die für die höchste Ausstattungsstufe La Prima reserviert ist, tut das Übrige, um den 600 E zumindest schon einmal von außen zu einem Sympathieträger zu machen.

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Und erfreulicherweise setzt sich dieser Eindruck im Innenraum (weitgehend) fort. So ist das elfenbeinfarbene Kunstleder des Gestühls ein echter Hingucker. Nicht zuletzt, weil hellblaue Nähte auf die Sitzflächen und Rückenlehnen geometrische Figuren zeichnen, die sich als scheinbar endlose Aufreihung des Wortes Fiat herausstellen. Zwar besteht wohl kaum die Gefahr, dass man vergessen könnte, in einem Fiat zu sitzen – eine nette und vor allem sehenswerte Idee ist es aber allemal. Allerdings könnten die Sitze für Großgewachsene (über 1,85 m) etwas mehr Oberschenkelauflage und auch etwas mehr Breite vertragen. Und auf den hinteren Plätzen fühlen sich angesichts eingeschränkter Knie- und Kopffreiheit vor allem Kinder wohl. Ankreiden mag man dem 600 E diesen Platzmangel nicht, schließlich handelt es sich um ein Mini-SUV, das auf derselben Plattform des Stellantis-Konzerns aufbaut wie Peugeot 2008, Jeep Avenger, Opel Mokka und demnächst Alfa Romeo Junior.

Den guten ersten Designeindruck trübt das verbaute Hartplastik im Inneren des Fiat 600 E ein wenig.

Den guten ersten Designeindruck trübt das verbaute Hartplastik im Inneren des Fiat 600 E ein wenig.

Den bisher guten Eindruck trübt allerdings das viele Hartplastik, das im 600 E nicht nur dort verbaut ist, wo der Blick selten hinfällt – etwa bei der unteren Hälfte der Türverkleidungen –, sondern das hier zu den bevorzugt eingesetzten Materialien gehört. Wieder einmal zeigt sich, dass am Ende stets die Controller das letzte Wort haben, Stichwort Kostendruck. Man fragt sich allerdings, was den Designern, die bei der Gestaltung des 600 E offensichtlich viel Herzblut vergossen haben, durch den Kopf gegangen sein muss, als sie zum ersten Mal im fertigen Produkt Platz nahmen.

Clevere Lösungen, die obendrein gut aussehen

Schade, denn davon abgesehen erweist sich das Interieur des 600 E als geschmackvoll und sinnig zugleich. Wie etwa bei der großen Ablage in der Mittelkonsole, in der gefühlt drei Sixpacks untergebracht werden könnten. Der Clou aber ist die im Design der Sitze gehaltene, faltbare Abdeckung. Die einzelnen Glieder sind magnetisch, was die Abdeckung variabel macht. Das kennt man so sonst nur von Tablets oder Notebooks. Bedienerfreundlich zeigt sich der Fiat zudem mit einer ganzen Leiste mit Tasten für die Klimatisierung. Aber auch der 10,25 Zoll große, ordentliche Touchscreen, der mittig auf dem Armaturenbrett thront, stellt einen nicht vor unlösbare Aufgaben. Interessant ist auch eine zweite Tastenleiste, die sich auf dem Mitteltunnel findet. Mit diesen Tasten wählt man die jeweiligen Schaltstufen für Vorwärts/starkes Rekuperieren (D/B), Rückwärts (R), Leerlauf (N) oder Parken (P), was nach kurzer Eingewöhnungszeit wie selbstverständlich von der Hand geht.

Dass der 600 E vor allem als la Prima mehr mitbringt, als ein Auto dieses Segments erwarten ließe, ist typisch für Fiat, wo man die Sozialisierung des Autofahrens schon immer lebt. So verwöhnt der 600 E u. a. mit induktivem Laden, elektrisch öffnender/schließender Heckklappe, elektrisch verstellbaren Vordersitzenden mit Massagefunktion für den Fahrersitz. Und auch an sicherheitsrelevanten Assistenten wurde nicht gespart. Ob Spur-, Verkehrszeichen-, Toter Winkel-, Fernlicht-, Stau- und Parkassistent mit Rückfahrkamera und rundum Parksensoren, all das ist ebenso an Bord wie Helferlein in Sachen Konnektivität à la Apple CarPlay und Android Auto.

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Liefert der 600 E jetzt auch noch auf der Straße ab, hätte er das Zeug für eine Kaufempfehlung. Und tatsächlich macht er seine Sache gut. Die Bedienung ist nahezu selbsterklärend: Einsteigen, anlassen, fahren – nicht jeder Hersteller macht es einem so leicht wie Fiat, wo niemand zurückgelassen wird. Erst einmal in Bewegung, bestätigt sich dieser Eindruck. Der 600 E liegt überzeugend sicher auf der Straße, mag durchaus auch Kurven und vermittelt dem Fahrer oder der Fahrerin das Gefühl, jederzeit alles im Griff zu haben. Zumal die Lenkung, die beim Rangieren und im Stadtverkehr noch einen eher synthetisch agierenden Eindruck hinterlässt, mit zunehmender Geschwindigkeit (vor allem im Modus „Sport) deutlich direkter agiert. Lediglich auf schlechten Straßen führt die Abstimmung dazu, dass man bisweilen etwas durchgeschüttelt wird.

Ein Auto, dem die Familie gerne einen Namen gibt

Was aber ist eigentlich mit dem Elektroantrieb? Naturgemäß ist von dem 156 PS starken Motor (auch dank einer hervorragenden Geräuschdämmung) nichts zu hören. Die von Fiat versprochene Reichweite von 409 Kilometern ist aber eher Wunsch denn Realität. Machbar sind im Alltag eher rund 280 Kilometer, aus denen auf der Autobahn aber ganz schnell gerade noch 200 Kilometer werden. Und das auch nur, wenn man die möglichen 150 km/h (hier wird abgeregelt) bei Weitem nicht ausreizt. Wohler als auf der Autobahn fühlt er sich ohnehin auf kurvigen Landstraßen, wo, trotz 1,5 Tonnen Gewicht, sein Beschleunigungstalent zur Geltung kommt. Am besten aber kommen seine Talente in der Stadt oder auf Kurzstrecke zum Tragen, wenn er im Eco-Modus „Eco“ und auf Schaltstufe D/B fleißig rekuperiert. Dann zeigt er sich als wirklich feines Auto für die ganze Familie, dem die Familienmitglieder gerne auch mal einen Namen geben.

Was die Liebesbeziehung zwischen Schnuckelchen oder Knuddel, um zwei Namensvorschläge zu machen, und den Müllers, Meiers oder Schmidts allerdings verhindern könnte, ist der Preis. Denn elektrisch fahren kostet mindestens 36.490 Euro (die bereits sehr ordentlich ausgestattete Version RED), während die getestete La Prima-Ausführung auf stolze 42.490 Euro kommt. Was einmal mehr zeigt, warum sich die angestrebte Elektromobilität schwertut – die Autos sind einfach noch zu teuer. Ein Eindruck, der sich umso mehr verfestigt, wenn man weiß, dass es den bereits bestellbaren 600er Mildhybrid mit 1,2-Liter-Benzinmotor und 100 PS bereits ab 24.990 Euro und damit annähernd 20.000 Euro günstiger gibt! Wie der sich schlägt und ob das fehlende Gewicht der Akkus die Straßenlage verändert, wird schon bald ein weiterer RND-Fahrtest zeigen.

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