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NEU: Nepal Rettung für den letzten Wald

Im Sal-Wald von Gaidahawa gibt es keine Naturverjüngung
Der letzte Sal-Wald von Gaidahawa ist stark geschädigt
© Ines Possemeyer
Die Bundesregierung fördert unser jüngstes Projekt im Tiefland von Nepal: Dadurch vervierfachen sich die Mittel, die wir dort für Waldschutz und verbesserte Lebensbedingungen einsetzen können

Inhaltsverzeichnis

Hintergrund des Projektes

Die Dorfältesten erinnern sich noch an jene Zeiten, als im Wald von Gaidahawa Tiger jagten und Nashörner grasten. Heute sind die Tiere verschwunden und vom Wald ist nur noch ein schütterer Rest geblieben: Die fruchtbare Region Gaidahawa in der südnepalesischen Tiefebene zieht immer mehr Menschen an; illegale Holzfäller schmuggeln Bäume nach Indien; Anwohner schälen Baumrinde als Brennmaterial ab; grasendes Vieh verhindert jede Regeneration des Waldes. Ein Notstandsgebiet, nicht nur, was die Natur betrifft: Auch der Anteil der Armen und Landlosen ist hoch.

Auf Bitte der lokalen Forstbehörde haben wir mit unserem langjährigen nepalesischen Partner NCDC (National Conservation and Development Centre) ein umfangreiches Projekt entwickelt, um den letzten Wald von Gaidahawa zu retten: In Zusammenarbeit mit lokalen Waldnutzergruppen forsten wir seit Mai 2023 bis Ende 2026 mit rund 160.000 Bäumen auf und fördern die natürliche Regeneration, dazu kommen dichte Zäune aus Pflanzen, sowie Futter- und Fruchtbäume. Mit holzsparenden Kochöfen, Biogasanlagen und Strohpellets mindern wir den Druck auf den Wald. Auch mit Modellgärten, Gewächshäusern, Gesundheitsmaßnahmen und einem Bildungsprogramm für landlose Jugendliche möchten wir die Lebensbedingungen verbessern.

Das Projektgebiet

Das Satellitenbild zeigt das Projektgebiet Gaidahawa in Nepals Tiefland
Das Projektgebiet Gaidahawa liegt im weitgehend abgeholzten Tiefland von Nepal
© Google Maps

Das Projektgebiet Gaidahawa befindet sich im Distrikt Rupandehi in der Provinz Lumbini (Provinz Nr. 5, im Terai). Der an Indien grenzende Distrikt liegt etwa 300 Kilometer westlich von Kathmandu und erstreckt sich über eine Fläche von 1.360 km2. Mit einer Gesamtbevölkerung von 1.118.975 Einwohnern und 822 Einwohnern pro km2 ist Rupandehi der am drittdichtesten besiedelte Distrikt des Landes.

Historisch gesehen war der größte Teil des Landes eine Mischung aus Grasland und verschiedenen Waldtypen, die ein wichtiges Refugium für Wildtiere darstellten: Der Distrikt Rupendehi zählt 210 Vogelarten; unter den Säugetieren sind Mungo, Nilgaiantilope, Dachratte, Rhesusaffe, Hanuman Languor und Fledermaus. Es hat jedoch eine breite Verlagerung hin zu intensivem Ackerbau stattgefunden, der von wenigen Landnutzungsarten dominiert wird und bei dem verstärkt Düngemittel und Pestizide eingesetzt werden.

Angezogen von der hohen Bodenfruchtbarkeit der Region und einer erfolgreichen Malaria-Bekämpfung sind zahlreiche Familien aus dem Mittelgebirge in die Tieflandregionen von Gaidahawa eingewandert, um ihren Lebensunterhalt in der Landwirtschaft zu verdienen. In der Folge wurden die meisten Wälder zerstört. Heute sind nur noch rund 8 Prozent der Fläche von Gaidahawa bewaldet, während mehr als 80 Prozent landwirtschaftlich genutzt werden.

In den Bezirken 3 und 4 der Gemeinde Gaidahawa befinden sich 696,36 ha eines letzten, stark degradierten subtropischen Waldes mit Sal (Shorea robusta) als vorherrschender Baumart. Infolge des hohen Weidedrucks durch Ziegen und wilde Kühe (teils aus dem nahen Indien hergebracht), des Einsatzes von Feuer zur Weideverjüngung in Trockenzeiten, des Sammelns großer Mengen von Holz und anderer Waldprodukte ist dieser alte Waldbestand extrem degradiert und regeneriert sich nicht mehr. Weit verbreitet ist auch das wiederholte Entrinden von Baumstämmen, wodurch die Bäume absterben – und in der Folge legal gefällt werden dürfen. Darüber hinaus trägt die Angewohnheit einflussreicher Lokalpolitiker, Teile der verbleibenden Flächen vor Wahlen mit landlosen Familien zu besiedeln, zu einem weiteren Waldverlust bei.

Unter den Sal-Bäumen grasen verwilderte Kühe
Verwilderte, heilige Kühe grasen im Sal-Wald
© Siddhartha Bajracharya

Nach dem vorläufigen Bericht der Volkszählung 2021 hatte Gaidahawa im Jahr 2021 56.529 Einwohner mit 8612 Haushalten. Die beiden größten der mehr als 50 ethnischen Gruppen sind mit 41 % Madhesi und mit 21 % Dalit. Die Mehrheit der Bevölkerung folgt dem Hinduismus, die zweitgrößte Gruppe sind die Muslime.

Der Großteil der Bevölkerung lebt als Kleinbauern unter ärmlichen Bedingungen. Angebaut werden hauptsächlich Reis, Weizen, Mais und Senf, während Gemüse und Obst nur in geringen Mengen produziert werden. Nach der Ernte der Hauptkulturen werden regelmäßig große Mengen an landwirtschaftlichen Rückständen auf den Feldern verbrannt. Die Rußpartikel verschlechtern die Luftqualität und beschleunigen die Gletscherschmelze im Himalaya. Ein Teil der Bevölkerung der Gemeinde Gaidahawa ist landlos und arbeitet hauptsächlich als Tagelöhner und Tagelöhnerinnen in Bau-, Ziegel- und Zementfabriken zu einem Tageslohn von 3,00 - 3,70 €.

Zum Zeitpunkt der Volkszählung 2011 waren rund 94 % der Haushalte in Gaidahawa entweder auf Brennholz (45%) oder getrockneten Dung (49%) als Energiequelle für das Kochen angewiesen. Aufgrund des offenen Feuers leiden vor allem Frauen an Atemwegserkrankungen.

Ziele des Projektes

Mit unserem langjährigen nepalesischen Partner NCDC (National Conservation and Development Centre) haben wir ein umfangreiches Projekt entwickelt, um den letzten Wald von Gaidahawa zu retten: In Zusammenarbeit mit lokalen Waldnutzergruppen forsten wir bis Ende 2026 mit rund 160.000 Bäumen auf und fördern die natürliche Regeneration, dazu kommen dichte Zäune aus Pflanzen sowie Futter- und Fruchtbäume. Mit holzsparenden Kochöfen, Biogasanlagen und Strohpellets mindern wir den Druck auf den Wald. Auch mit Modellgärten, Gewächshäusern, Gesundheitsmaßnahmen und einem Bildungsprogramm für landlose Jugendliche möchten wir die Lebensbedingungen verbessern.

Unsere Partner

Männer und Frauen aus dem Komitee der Waldnutzergruppe Shree Pauhawa Manthadhari
Das Komitee der Waldnutzergruppe Shree Pauhawa Manthadhari verantwortet einen Teil des Waldes
© Ines Possemeyer

NCDC und "GEO schützt den Regenwald e.V." sind seit mehr als zwei Jahrzehnten Kooperationspartner und haben in dieser Zeit mehr als ein Dutzend Projekte. Nach zuletzt mehr als 15 Jahren Arbeit im Mittelgebirge Nepals haben wir beschlossen, unseren Tätigkeitsbereich auf das Tiefland auszudehnen: ein Gebiet, das noch stärker entwaldet ist als das Mittelgebirge und durch Migration und Industrialisierung unter zunehmendem Druck steht.

Der einst staatliche Wald wurde unter Leitung der regionalen Forstbehörde (Divisional Forest Offfice, DFO) in Gemeindewald verwandelt und unter acht kommunalen Waldnutzergruppen (Community Forest Users' Groups, CFUGs) aufgeteilt. Sie sind seither für das Management dieser Flächen zuständig.

In Anbetracht der großen degradierten Waldflächen und der hohen Dichte an CFUG-Mitgliedern wird sich das vorliegende Projekt in erster Linie auf drei CFUGs konzentrieren (1.760 Haushalte). Gemeinsam sind sie für 440 Hektar Wald verantwortlich. Das Projekt wird jedoch alle acht CFUGs in Gaidahawa bei der institutionellen Entwicklung sowie bei Aktivitäten zur Steigerung des Umweltbewusstseins unterstützen.

Die Projektbegünstigten sind in allen Entwicklungsphasen aktiv beteiligt, ihre erheblichen Eigenleistungen sind für die Nachhaltigkeit der Maßnahmen von zentraler Bedeutung.

Das Projekt wird bezuschusst durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ).

Aktivitäten

1. Rehabilitierung des Waldes

  • Einrichtung einer Baumschule
  • Aufforstung und Renaturierung von 100 ha
  • Feuerschutz

2. Stärkung des Bewusstseins für Umwelt, Gesundheit und Hygiene

  • Einrichtung von Handwaschstationen in  allen Schulen und der Gesundheitsstation
  • Aufbau von Frauengruppen
  • Gründung von Umweltgruppen an den Schulen
  • Aufklärungsveranstaltungen

3. Verbesserung von Lebensbedingungen und Einkommen

  • Förderung von holzsparenden Kochöfen
  • Bau von Biogasanlagen
  • Subventionierung von Obstbäumen
  • Förderung von ökologischem Land- und Gemüseanbau
  • Einrichtung eines Gemüse-Demonstrationsgartens
  • Herstellung von Briketts aus landwirtschaftlichen Abfällen
  • Berufsbildung für Jugendliche

4. Stärkung der Waldnutzergruppen

  • Aufbau von Kapazitäten und Vernetzung
  • Bildungsreisen zu Modelldörfern

5. Studien

  • Sozioökonomische Studie zu Projektbeginn und -ende
  • Waldzustandserhebungen
  • Wachstumsmonitoring
  • Abschlussevaluierung

Grundlage aller Aktivitäten ist eine Selbstbeteiligung der Zielgruppen. Um ihre Verantwortlichkeit zu stärken, werden die Mitglieder der Waldnutzergruppen kostenlos die Setzlinge auspflanzen, ihre Arbeitskraft bei sozioökonomischen Maßnahmen zur Verfügung stellen, Aufräumaktionen u.ä. initiieren. Bei Maßnahmen wie dem Bau von Biogasanlagen, Gewächshäusern und der Vergabe von Fruchtbäumen übernimmt das Projekt nur einen Teil der Baumaterialen bzw. Pflanzen. Den restlichen Teil sowie die erforderlichen Arbeitseinsätze übernehmen die Begünstigten.

Stand des Projektes

Mai 2024

Während unseres Projektbesuchs im Dezember 2023 wurde deutlich: Degradierte Waldflächen müssen in noch größerem Umfang eingezäunt werden, als ursprünglich geplant. Schon nach wenigen Metern sind uns wilde Kühe und Nilgai-Antilopen begegnet, die jede natürliche Regeneration verhindern und keine natürlichen Feinde haben. Es fehlen Raubtiere – und Jagd ist verboten. Was die Lage weiter verkompliziert: Nilgai-Antilopen gehören zu den größten Antilopenarten der Welt und springen über zwei Meter hoch. Herkömmliche Wildzäune können sie problemlos überwinden.

Wir haben daher in den letzten Wochen mit vielen Fachleuten gesprochen. Das Ergebnis: Nur ein hoher, solarbetriebener Elektro-Zaun bietet langfristig ausreichenden Schutz. Mitte April haben wir Elektro-Zäune geordert, die noch rechtzeitig vor Beginn des Monsuns aufgestellt werden sollen. Dann haben die frischen Sprösslinge der Sal-Bäume eine Überlebenschance.

März 2024

Um den Druck auf den Wald zu verringern, hatten wir die Installation von 50 Biogasanlagen geplant. Die Voraussetzung: mindestens zwei Stück Vieh und Landtitel, die einen Betrieb der Anlage von mindestens 10 Jahren gewährleisten. Unsere Ende 2023 durchgeführte sozioökonomische Studie ergab jedoch, dass nur 15 Haushalte beide Bedingungen erfüllen. Daher werden wir nun die Zahl der holzsparenden Kochöfen von 100 auf mindestens 135 aufstocken. 

Dorfbewohnerin sitzt neben dem holzsparenden Kochofen
Eine Dorfbewohnerin nutzt einen durch das Projekt geförderten Kochofen („rocket stove“) und spart so mindestens 30 Prozent Holz
© Ines Possemeyer

Januar 2024

Gemeinsam mit unserer lokalen Partnerorganisation NCDC haben wir seit Projektbeginn in der Gemeinde Pohawa eine Baumschule und einen Demonstrationsgarten angelegt. In 2023 wuchsen in der Baumschule bereits 32.500 Setzlinge heran, im Demonstrationsgarten finden erste Schulungen statt, um den Anbau neuer Obst- und Gemüsesorten zu vermitteln. Es gedeihen bereits prächtige Blumenkohle, Mohrrüben, Tomaten, Auberginen und viele weitere Arten, von denen die Teilnehmenden Samen für ihre eigenen Gärten erhalten.

Drohnenaufnahme des Demonstrationsgarten in Gaidahawa
Im Vordergrund entsteht der Demonstrationsgarten, dahinter die Baumschule (Dezember 2023)
© Ines Possemeyer

Im Rahmen des Projektes wurden in drei Dörfern Frauengruppen gegründet, an den Schulen sind „Green Force Clubs“ entstanden. Sie treffen sich nun regelmäßig und entwickeln Maßnahmen für den Erhalt des Waldes und zur Verbesserung der Lebensbedingungen. Viele haben bereits an Workshops zu Umwelt- und Gesundheitsthemen teilgenommen. Die Schulungen folgen ganz unserem Regenwaldvereins-Motto: Für Wald und Mensch.

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