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Ausland Olaf Scholz im Interview

„Putins Friedensangebot wirkt nicht ernst gemeint“

Chefredakteur Nachrichtensender WELT
„Ist Joe Biden mental nicht mehr fit genug für sein Amt, Herr Scholz?“

Olaf Scholz (SPD) und seine Kolleginnen und Kollegen der G-7-Staaten haben in Süditalien eine Reihe wichtiger Weichen gestellt. Nun spricht der Bundeskanzler im Interview mit TV-Chefredakteur Jan Philipp Burgard in einem WELT TALK Spezial über die Ergebnisse des Treffens.

Quelle: WELT TV

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Bundeskanzler Olaf Scholz begründet im WELT-Interview, warum es mit Putin derzeit keine Friedensverhandlungen geben kann. Zugleich stellt er sich hinter Ursula von der Leyen als nächste EU-Kommissionspräsidentin – und legt dieser nahe, nicht mit Giorgia Meloni zu kooperieren.

WELT: Herr Bundeskanzler, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für dieses Gespräch nehmen.

Olaf Scholz: Guten Tag!

WELT: Zum ersten Mal hat ein Papst an einem G-7-Gipfel teilgenommen. Wie hat sich denn die Anwesenheit seiner Heiligkeit ausgewirkt und hat er Ihnen auch zum Geburtstag gratuliert?

Scholz: Er hat mir wie alle anderen zum Geburtstag gratuliert. Das war natürlich besonders schön. Und der Papst hat zu einem Thema gesprochen, das uns alle umtreibt: Künstliche Intelligenz. Das sind ja nicht nur technologische Fragen berührt, sondern auch hohe moralische Fragen angesprochen. Und dazu hat er sich auch geäußert.

„Happy Birthday dear Olaf!“ – Ständchen für Scholz beim G-7-Gipfel

Zu seinem 66. Geburtstag haben die Staats- und Regierungschefs der G-7-Gruppe ihn beim Gipfeltreffen in Süditalien gefeiert. Mit dabei waren Joe Biden, Giorgia Meloni, Emmanuel Macron, Justin Trudeau, Rishi Sunak sowie Ursula von der Leyen und Charles Michel.

Quelle: WELT TV

WELT: Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni ist eine der umstrittensten Politikerinnen Europas. Wie hat sie sich als Gastgeberin geschlagen?

Scholz: Wir haben ja in den letzten Jahren und Monaten eng zusammengearbeitet, seitdem sie Ministerpräsidentin ist. So wie sich das gehört in der Europäischen Union und auch im Rahmen von G 7. Es ist nicht das erste Mal, dass wir uns in diesem Zusammenhang treffen und miteinander sprechen. Wir schalten uns auch oft im Rahmen von G 7 zusammen und diskutieren miteinander. Reale Treffen sind nicht ganz so häufig. Deshalb ist es mir wichtig, dass man die Gelegenheit zum Austausch nutzt. Und so ein Treffen ist dann auch wichtig, weil es nicht nur die Tagesordnung gibt, sondern man sich ganz konkret mit den anderen unterhalten kann. Mit dem amerikanischen Präsidenten zum Beispiel und verschiedenen anderen Teilnehmern. Ich habe das auch intensiv genutzt.

WELT: Giorgia Meloni wird in Deutschland standardmäßig als „Postfaschistin“ bezeichnet. Ist diese Bezeichnung aus Ihrer Sicht immer noch gerechtfertigt?

Scholz: Sie steht politisch da, wo sie steht, ganz rechts im politischen Spektrum auch des eigenen Landes. Das ist aber ja kein Geheimnis, sondern auch ihre eigene Ansicht.

WELT: Also „Postfaschistin“, ja oder nein?

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Scholz: Ich finde, dass wir unter Staaten jetzt nicht miteinander diskutieren sollten, indem wir einander solche Vorhaltungen machen. Aber es sind politische Unterschiede da, die doch ganz offensichtlich sind und die auch dazu führen, dass wir in sehr unterschiedlichen Parteienfamilien arbeiten. Und wenn es jetzt zum Beispiel etwa um Europa geht, dann finde ich es ganz wichtig, dass sich die künftige Kommissionspräsidentin im Europäischen Parlament auf die traditionellen demokratischen Parteien stützen kann, also die Konservativen, die in der Europäischen Volkspartei versammelt sind, die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, die Liberalen. Und das kann ja nach dem Wahlergebnis in Europa jetzt auch funktionieren.

Bundeskanzler Olaf Scholz mit Jan Philipp Burgard, Chefredakteur des Nachrichtensenders WELT
Bundeskanzler Olaf Scholz mit Jan Philipp Burgard, Chefredakteur des Nachrichtensenders WELT
Quelle: Michael Kappeler/dpa/WELT

WELT: Bedeutet das, was Sie gerade gesagt haben, dass Ursula von der Leyen Ihre Unterstützung hat, die Unterstützung der Sozialdemokraten für eine zweite Amtszeit als Kommissionspräsidentin?

Scholz: Es wird jetzt sehr schnell Entscheidungen geben über die wichtigsten Posten, die in Europa für die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union besetzt werden müssen. Da geht es um die Kommissionspräsidentin, es geht um den Präsidenten des Rates, es geht um den Hohen Beauftragten, die Hohe Beauftragte, also den Außenminister oder die Außenministerin der Europäischen Union. Und diese Fragen werden jetzt auch schnell gelöst und können auch gelöst werden.

WELT: Sie haben die Frage jetzt ein wenig offengelassen, ob von der Leyen Ihre Unterstützung hat. Wenn sie die Unterstützung der Sozialdemokraten nicht hätte, würde das ja eigentlich zwangsläufig bedeuten, dass sie auf die Stimmen von Giorgia Melonis Rechten angewiesen wäre.

Scholz: Ich glaube, dass Sie sich falsche Gedanken machen über die Frage, was da besprochen wird. Alle sind sich sehr einig, dass wir ganz schnell alle diese Fragen in einem Rutsch entscheiden werden. Und natürlich ist klar, dass nach dem Ergebnis der Wahlen auch alles dafür spricht, dass es eine zweite Amtszeit geben kann für Ursula von der Leyen. Sie wissen, dass die Regierung, die ich anführe, sich das auch möglich gemacht hat im eigenen Koalitionsvertrag. Insofern glaube ich, geht es jetzt darum, ganz schnell alles zusammenhängend miteinander zu vereinbaren. Und das wird auch gelingen.

WELT: Der öffentliche Auftritt von US-Präsident Joe Biden hier beim G-7-Gipfel hat erneut für Spekulationen über seine Fitness gesorgt. Und in Amerika denken schon jetzt sechs von zehn Amerikanern, dass er nicht mehr fit genug ist, auch mental, um sein Amt auszuführen. Wie haben Sie ihn hier persönlich hinter den Kulissen erlebt in den Gesprächen?

Scholz: Ich finde, dass Joe Biden jemand ist, der sehr klar ist, der genau weiß, was er tut und der auch, gerade wenn es um internationale Politik geht, zu den erfahrensten Politikern gehört, die weltweit überhaupt unterwegs sind. Das ist in so einer schwierigen Situation wie der, wo ein Krieg hier in Europa in unserer Nähe stattfindet, nachdem Russland die Ukraine überfallen hat, in der viele, viele andere Konflikte die Welt umtreiben, ein Asset, etwas Gutes, und deshalb kann ich nur sagen: Das ist ein Mann, der genau weiß, was er tut.

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WELT: Die Nato hat gerade die Koordinierung der westlichen Militärhilfe von den USA übernommen. Das wird schon mal als Vorbereitung auch auf eine mögliche erneute Wahl von Donald Trump gewertet. Wie bereitet sich die Bundesregierung ganz konkret auf diese Option vor, dass Trump wieder ins Weiße Haus einziehen könnte?

Scholz: Ich finde, dass es etwas eigenwillig ist, wie hierzulande spekuliert wird, wer die nächste amerikanische Wahl gewinnt. Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass auch der jetzige Präsident die Wahl gewinnen kann.

WELT: Warum?

Scholz: Weil er eben eine Politik gemacht hat, die zu einer ordentlichen wirtschaftlichen Entwicklung des Landes geführt hat, dazu beigetragen hat, dass Frieden und Sicherheit in guten Händen sind und die USA ihre Rolle, die sie in der Welt spielen, auch tatsächlich ausspielen. Und drittens natürlich auch deshalb, weil er sich in seinem Land für ein Miteinander, für Zusammenhalt einsetzt. Das sind doch gute Argumente.

WELT: Die G 7 haben hier in Bari ein starkes Signal Richtung Putin gesendet. Gleichzeitig blockieren Sie aktuell das 14. Sanktionspaket der EU gegen Russland. Ist das nicht ein Widerspruch?

Scholz: Es wird nicht blockiert. Wir diskutieren über die konkrete Ausgestaltung. Es geht darum, wie wir sicherstellen können, dass die deutsche Wirtschaft ihre Tätigkeit ausüben kann und wir gleichzeitig auch sicherstellen, dass es nicht dazu kommt, dass Waren, die irgendwo nach Südamerika geliefert werden, an ein asiatisches Land, nach Afrika, auf Umwegen in Russland landen, wo sie nicht hin sollen. Das muss gemacht werden in einer Art und Weise, mit der die Unternehmen umgehen können. Und das, glaube ich, wird auch bald gelingen. Es ist eine praktische Frage und keine grundsätzliche.

Waffenruhe gegen Nato-Verzicht und Rückzug? – „Das ist psychologische Kriegsführung“

Wladimir Putin hat eine Waffenruhe im Ukraine-Krieg angeboten. Im Gegenzug müsse Kiew allerdings auf Pläne für einen Nato-Beitritt verzichten und Truppen zurückziehen. Welche Signale Moskau damit sendet, erklärt Caroline Turzer, WELT-Ressortleiterin Außenpolitik.

Quelle: WELT TV

WELT: Sie haben gesagt, Sie blockieren nicht, aber hohe EU-Beamte sagen laut Medienberichten schon, Deutschland sei „das neue Ungarn“.

Scholz: Ja, das ist ein doller Spruch, aber völliger Quatsch. Wir wollen ja eine Lösung suchen. Und ich glaube, Sie würden sich nicht gut fühlen, wenn in Deutschland eine Regierung wäre, die gewissermaßen nicht ihre Arbeit macht. Und die Arbeit ist, hier dafür zu sorgen, dass es eine Lösung gibt, die funktioniert für die Wirtschaft, die man handhaben kann, wenn man ein Unternehmen ist, wenn man Sachen in die Welt verkaufen will, Güter und Dienstleistungen, und die gleichzeitig genau den Zweck erfüllt, um den es uns ja auch geht.

WELT: Wladimir Putin hat einen Vorschlag für einen Waffenstillstand vorgelegt. Dieser würde aber beinhalten, dass die Ukraine auf einen Nato-Beitritt verzichtet und auf große Teile ihres Territoriums. Dass das inakzeptabel ist, haben Sie schon gesagt. Halten Sie es trotzdem für ein ernst gemeintes Verhandlungsangebot, einen Auftakt, den Putin da gemacht hat?

Scholz: Es wirkt nicht danach und hat sicherlich auch etwas damit zu tun, dass jetzt die Friedenskonferenz in der Schweiz stattfindet. Aber es ist natürlich auch wichtig für uns, klarzumachen, dass es nur einen Frieden geben kann, der auch für die Ukraine funktioniert und ihre Integrität und Souveränität nicht beeinträchtigt. Es kann keinen russischen Diktatfrieden geben. Und deshalb ist ja auch so wichtig, dass wir bei dem G-7-Treffen nach langer Vorbereitung beschlossen haben, dass wir der Ukraine mit einem sehr umfassenden finanziellen Paket helfen. 50 Milliarden Dollar sollen zügig zur Verfügung gestellt werden von den G-7-Staaten. Und das ist, glaube ich, eine Botschaft an die Ukraine, dass sie sich auf uns verlassen kann. Aber auch eine Botschaft an Putin, dass er nicht darauf setzen sollte, dass er einfach nur lange genug abwarten muss und die Unterstützung für die Ukraine dann nachlässt. Und wahrscheinlich ist das auch deshalb eine Botschaft an ihn, dass er sich jetzt ernsthaft einlassen muss auf einen fairen und gerechten Prozess zu einem Frieden.

WELT: Sie haben gerade schon die Friedenskonferenz in der Schweiz angesprochen. US-Präsident Biden wird nicht mehr dabei sein. China ist auch nicht vertreten. Welche Erwartungen haben Sie noch an diese Konferenz?

Scholz: Es ist ein wichtiger Schritt dazu, dass wir vorankommen. Es werden viele Fragen diskutiert über Frieden und Sicherheit, aber nicht die ganz große. Das war von vorneherein so geplant. Ich habe das auch im Vorfeld immer wieder gesagt. Es handelt sich hier um ein Pflänzchen, das gegossen werden muss, aber natürlich auch mit der Perspektive, dass dann mehr daraus werden kann. Zum Beispiel eine weitere Konferenz, in der dann auch mehr und die großen Dinge besprochen werden können.

WELT: Die deutsche Nationalmannschaft hat gestern phänomenal Schottland geschlagen mit 5:1 und viel Teamgeist gezeigt. Was kann Ihre Koalition und was kann Ihre Partei daraus lernen?

Scholz: Man muss sich unterhaken und man muss Teamgeist zeigen. Sie haben das schon selbst formuliert.

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Die deutsche Nationalmannschaft begeistert beim EM-Auftakt. Gegen Schottland fährt das DFB-Team einen hochverdienten Kantersieg ein. Die Youngster Wirtz und Musiala eröffnen den Torreigen. Sehen Sie die Highlights der Partie hier im Video.

Quelle: MagentaTV

WELT: Am Mittwoch spielen wir gegen Ungarn. Was ist Ihr Tipp?

Scholz: Nach dem Auftakt hoffe ich auf viele Tore für die deutsche Mannschaft.

WELT: Können Sie es konkreter sagen? Was tippen Sie?

Scholz: Wenn man schon mal fünf Tore in einem Spiel geschossen hat, dann ist es ja wahrscheinlich so, dass man wieder viele schaffen kann. Drei?

WELT: Drei zu null?

Scholz: Ich will nicht sagen 3:2.

WELT: Wir warten es ab. Herr Bundeskanzler, vielen Dank für dieses Gespräch.

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