Ohne Geld gibt's keinen Klimaschutz. Eine Binsenweisheit, ja, aber eine, die die Realität von Klimaverhandlungen auf den Punkt bringt: Klimapolitik ist immer ein erbitterter Streit ums Geld. Das war nun auch in Bonn zu sehen, wo elf Tage lang die wichtigsten Vorarbeiten für den diesjährigen Weltklimagipfel in Baku stattfanden.

Gleichzeitig gilt: Wenn die Delega­­tionen auf Klimakonferenzen verhandeln, wie all das finanziert werden soll – Emissionen müssen gesenkt werden, Gesellschaften müssen widerstandsfähiger gemacht werden, Schäden müssen behoben werden –, dann verhandeln sie nicht nur über die Zukunft der Menschheit auf diesem Planeten. Sie verteilen auch Entwicklungschancen. Ihre Entscheidungen beeinflussen maßgeblich, wie künftig wirtschaftliche Ressourcen verteilt, welche Geschäftsmodelle erfolgsträchtig sein werden und welche nicht. Diese Konferenzen legen fest, wer in einer hoffentlich klimafreundlicheren Zukunft gewinnt und wer verliert. Entsprechend hart wird um Beschlüsse gerungen.

Es geht um Billionen US-Dollar

Auf den diesjährigen Zwischenverhandlungen in Bonn war das besonders zu spüren. Die UN-Klimadiplomatie hatte den Auftrag, eine Einigung über das ganz große Geld zu erreichen. Die genaue Summe steht noch nicht fest. Klar ist aber: Es geht um Billionen US-Dollar – pro Jahr. Zwei Vergleiche helfen, um die Größenordnung zu verdeutlichen: Deutschland erwirtschaftet im Jahr rund 4,5 Billionen Dollar und ist damit die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt. Und: Bisher hatten die Industrieländer versprochen, jährlich 100 Milliarden an Klimafinanzierung für die Entwicklungs- und Schwellenländer bereitzustellen. Schon das war offensichtlich nicht einfach: Sie lösten ihre Zusage erst 2022 mit zweijähriger Verspätung ein.

Das Treffen begann also mit einem ganzen Strauß an heiklen Fragen: Woher sollen die Billionen kommen? Wie hoch soll die Summe genau sein? Wer zahlt und wer bekommt Geld, in welchem Zeitraum und nach welchen Regeln? Umfasst das auch die Kosten für Klimaanpassung und für Klimaschäden und Verluste? Oder geht es hier ausschließlich darum, die Reduktion klimaschädlicher Emissionen zu finanzieren? All diese Fragen bündeln sich in der Debatte um ein "neues gemeinsames, quantifiziertes Klimafinanzziel", ein New Collective Quantified Goal on Climate Finance mit der griffigen Abkürzung NCQG. 2025 soll es in Kraft treten. Darum wurde auf der Konferenz verhandelt.

Es ist eine Angelegenheit, die Delegierte schon sprachlich ins Schleudern bringt – selbst erfahrene Klimadiplomatinnen kämpften zuweilen damit, die vier Buchstaben in die richtige Reihenfolge zu bringen. Aber auch inhaltlich waren die NCQG-Verhandlungen schwierig: wenig Fortschritte, dafür verhärtete Positionen in entscheidenden Fragen, wie Delegierte aus den Verhandlungen berichteten. "Über Inhalte wurde kaum gesprochen", sagt etwa Jan Kowalzig, Klimafinanzexperte der Entwicklungsorganisation Oxfam. Stattdessen hätten "die Länder einmal mehr im Wesentlichen nur die schon bekannten Maximalforderungen wiederholt". 

Für Baku gibt es zwei große Streitpunkte

Für die Weltklimakonferenz in Baku sind das keine guten Voraussetzungen. Dabei gibt es den Auftrag, sich auf ein neues bezifferbares Klimafinanzziel – eben ein NCQG – zu einigen, schon seit neun Jahren: Er wurde im Pariser Klimaabkommen festgelegt. Die konkreten Gespräche dazu laufen seit 2021. Jetzt bleibt nur noch wenig Zeit, bis der nächste Klimagipfel am 11. November in Aserbaidschans Hauptstadt beginnt. Und es gibt zwei große Streitpunkte.

Wie hoch der Bedarf der Entwicklungsländer ist, an dem sich das NCQG orientieren soll, haben in den vergangenen Jahren verschiedene Studien abgeschätzt. Ein 2022 auf der Klimakonferenz in Scharm al-Sheich vorgestellter Report kam zu dem Schluss, dass künftig weltweit 2,4 Billionen US-Dollar pro Jahr für die Klimafinanzierung nötig seien. Davon solle eine Billion von den Industrieländern, internationalen Investoren und Entwicklungsbanken bereitgestellt werden. Das UN-Klimasekretariat selbst beziffert den Klimafinanzbedarf bis 2030 – also über mehrere Jahre hinweg – mit 5,8 bis 5,9 Billionen US-Dollar. Beide Schätzungen sollen vor Baku noch einmal aktualisiert werden.

In Bonn waren vor allem die Industrieländer nicht bereit, über eine konkrete Summe zu sprechen. Sie gestehen bisher lediglich zu, dass in Zukunft mehr Geld fließen müsse als die bisherigen 100 Milliarden. Entwicklungsländer brachten Summen wie 1,1 oder 1,3 Billionen ins Spiel, davon etwa ein Drittel aus öffentlichen Quellen. Die Lücke ist also groß.