Faul sollen sie sein, die Griechen. Ein Vorurteil, das sich hartnäckig hält. Tatsächlich sind die Griechen die Arbeitsstunden-Champions der Europäischen Union. Eine typische Arbeitswoche in der EU hat durchschnittlich 37,5 Stunden. Die Griechen arbeiten 41.

Ausgerechnet für sie kommt jetzt die Sechstagewoche. Ab dem 1. Juli tritt ein Gesetz in Kraft, das griechischen Unternehmen erlaubt, einen zusätzlichen Achtstundentag einzuplanen. Gleichzeitig experimentieren viele Länder in Europa mit der Viertagewoche bei gleichem Verdienst: In Belgien können Arbeitnehmer wählen, ihre Stunden auf vier Tage zu verteilen. Auch in Irland, Spanien oder Deutschland (übrigens 35,3 Stunden durchschnittliche Wochenarbeitszeit) gibt es zahlreiche Unternehmen, die dieses Modell getestet oder bereits eingeführt haben.

Das Gesetz über die Sechstagewoche der liberal-konservativen Regierung von Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis ist der Versuch, die Wirtschaft durch eine größere Arbeitsflexibilität anzukurbeln. Es soll Unternehmen begünstigen, die im Dauerbetrieb arbeiten und etwa bei der Deckung der Wochenendschichten mit einem Personalproblem konfrontiert sind. Ausgenommen sind Beschäftigte in Hotel- und Gastronomiebetrieben.     

Moderne Sklaverei?

Arbeitnehmer erhalten für den sechsten Tag einen Zuschlag von 40 Prozent des Tageslohns und 115 Prozent, wenn es sich um einen Feiertag oder einen Sonntag handelt. Das Gesetz ermöglicht es Arbeitnehmern auch, neben ihrer Hauptbeschäftigung von acht Stunden am Tag freiwillig einer Zweitbeschäftigung von fünf Stunden am Tag nachzugehen, das ergibt einen 13-Stunden-Tag.

Als die Regierung das neue Gesetz im September 2023 mit knapper Mehrheit im Parlament verabschiedete, wurde das begleitet von Streiks in Athen, Patras und Thessaloniki. Arbeiter, Gewerkschaften und Kollektive, auch Ärzte oder Krankenschwestern gingen auf die Straße, hielten Banner mit der Aufschrift: "Wir werden nicht zu modernen Sklaven werden" und "der Achtstundentag war und wird eine Eroberung der Arbeiter sein".

"Die Geschäftswelt unterstützt die Einführung dieser Maßnahme", sagt Athanassios Kelemis, Geschäftsführer der Deutsch-Griechischen Industrie- und Handelskammer. Er erwartet, dass Unternehmen mit einer hohen Arbeitsintensität so ihre Produktionspläne erfüllen und auch ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern werden können. "Diese Unternehmen werden ihre Bedürfnisse mit einer Sechstagewoche und ihrem vorhandenen Personal decken können, anstatt neue Mitarbeiter einzustellen."

Während der griechischen Schuldenkrise hat die Regierung bereits Maßnahmen zur Flexibilisierung des Arbeitsmarktes umgesetzt. Viele Arbeitnehmer mussten Lohnkürzungen und einen verminderten Sozialversicherungsschutz hinnehmen. Die Regierungspartei Nea Dimokratia hat zwar den Mindestlohn in den letzten Jahren schrittweise auf monatliche 830 Euro angehoben, die Gehälter der Griechen liegen jedoch immer noch unter EU-Durchschnitt.