Außenministerin Annalena Baerbock will die Industriestaaten für die Bewältigung der Klimakrise finanziell in die Pflicht nehmen. "Wir in den Industriestaaten müssen weiterhin unsere Verantwortung wahrnehmen", sagte die Grünenpolitikerin beim Petersberger Klimadialog im Auswärtigen Amt in Berlin. Sie nannte explizit die G20-Länder. Das internationale Treffen mit Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus etwa 40 Staaten dient der Vorbereitung der nächsten Weltklimakonferenz im November in Aserbaidschan.

Jährlich seien fünf Billionen US-Dollar nötig für die weltweite ökologische Wende, sagte Baerbock und bezog sich dabei auf die Berechnungen einer Expertengruppe. Davon müssten mehr als zwei Billionen in Entwicklungsländer gesteckt werden, wo etwa der Ausbau von erneuerbarer Energie oft am effizientesten sein könnte. Diese Kosten könnten jedoch die Entwicklungsländer nicht allein tragen.

"Öffentliches Geld wird einfach nicht reichen", sagte Baerbock und forderte: "Wir müssen den Privatsektor dazu bringen, deutlich mehr in eine sichere, sauberere und widerstandsfähigere Wirtschaft in Entwicklungsländern zu investieren." Dies müsse jedoch mit öffentlichen Mitteln angeschoben werden.

Deutschland plant 2025 etwa sechs Milliarden Euro für Klimaschutz ein

Deutschland habe seine Finanzversprechen gehalten und werde dies weiter tun, versicherte Baerbock. Derzeit plane die Bundesregierung 6,4 Milliarden Euro ein, im kommenden Jahr würden es sechs Milliarden. "Ich rufe alle diejenigen, die können, dazu auf, sich unseren Bemühungen anzuschließen", sagte Baerbock. "Und natürlich sollten sich auch diejenigen anschließen, die die größten Emittenten sind", fügte sie hinzu, ohne die betroffenen Staaten beim Namen zu nennen. "Da schaue ich natürlich auch auf die G20, denn starke Wirtschaften haben natürlich auch sehr viel Verantwortung", sagte Baerbock. 

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte, er sehe eine Trendwende im Kampf gegen die Klimakrise. "Der Klimaschutz ist von einem politisch gewollten und gesteuerten Vorhaben zu einem solchen geworden, das durch Marktkräfte vorangetrieben wird", sagte er. Allerdings gebe es auch nach wie vor Blockaden, weil es bei diesem Umbau eben auch Verlierer gebe. Diese Eigendynamik sei allerdings auch wichtig, denn "wir werden mit öffentlichem Geld nicht die Investitionen stemmen können, die notwendig sind", sagte Habeck weiter. Zentrale Aufgabe staatlicher Akteure sei daher mehr das Setzen der richtigen Investitionsbedingungen, damit "der Markt selbst aktiv wird".

Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) sprach sich für eine internationale Besteuerung Superreicher aus. "Milliardäre haben zwar den größten CO₂-Fußabdruck, tragen aber noch viel zu wenig zur Lösung bei", sagte sie.

"Verheerende und existenzielle Bedrohung für viele"

Die Industrieländer hatten 2009 in Kopenhagen versprochen, bis zum Jahr 2020 jährlich insgesamt 100 Milliarden US-Dollar aus öffentlichen und privaten Quellen für Klimaschutz in Entwicklungsländern zu mobilisieren, was 2022 zum ersten Mal gelang. Es sei nötig, nun weiterzugehen, betonte Baerbock.

Bei der nächsten Klimakonferenz im November in Aserbaidschan geht es um ein neues internationales Finanzziel, das ab 2025 gelten soll. Die nationalen Klimaziele sollen zudem stärker mit der Wirtschaft verknüpft und gleichzeitig zu Investitionsplänen werden. Die Staaten müssten weiter alles daran setzen, die Erderwärmung auf unter 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen, mahnte der Präsident der nächsten Weltklimakonferenz, der aserbaidschanische Umweltminister Muchtar Babajew. 

Ein Überschreiten dieser Grenze wäre "eine verheerende und existenzielle Bedrohung für viele", insbesondere die am wenigsten entwickelten und die kleinen Inselstaaten. "Wir alle haben eine moralische Pflicht, dieses Ergebnis zu vermeiden." Das Ziel ist kaum noch zu halten. Die vergangenen neun Jahre waren die wärmsten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, und 2023 das mit Abstand wärmste.