Die SPD-Parteivorsitzende Saskia Esken hat die demokratischen Parteien in Frankreich dazu aufgerufen, ein Bündnis gegen den extrem rechten Rassemblement National zu bilden. Das starke Ergebnis von Marine Le Pens Partei bereite ihr zwar Sorgen, sagte Esken dem RBB. Aber es hätten sich auch rund 65 Prozent gegen den RN entschieden. "Diejenigen, die auf der anderen Seite stehen, müssen sich jetzt zusammentun und gemeinsam überlegen: Was sind die richtigen Antworten auf die Sorgen der Bevölkerung?", sagte Esken.

Es gebe viel Unmut in der französischen Bevölkerung. Viele Menschen seien auf die Straße gegangen und hätten protestiert. Esken fordert darum: "Man muss sich jetzt klarmachen: Welche Politik ist jetzt eigentlich notwendig, um den Menschen wieder Sicherheit zu geben?"

FDP-Politikerin warnt vor Gefährdung deutsch-französischer Freundschaft

Auch die Vorsitzende der deutsch-französischen Parlamentariergruppe, Nicole Westig (FDP), zeigt sich vor dem zweiten Wahlgang alarmiert. "Wenn sich die Mehrheiten in unserem Nachbarland Frankreich nun zwischen den Extremen von rechts und links bewegen, erweist sich der Schritt von Präsident Macron, das Parlament aufzulösen und Neuwahlen auszurufen, als echtes Kamikazemanöver", sagte Westig ZEIT ONLINE. 

Es sei "nicht auszudenken", wenn kurz vor den olympischen und paralympischen Spielen in Frankreich ein Vertreter des RN zum Premierminister gekürt würde. Dies hätte laut Westig vermutlich auch negative Auswirkungen auf Deutschland und Europa sowie die deutsch-französische Freundschaft, "die bislang stets entscheidende Impulse zur Gestaltung Europas gab".

Bundesregierung will zweiten Wahlgang abwarten

Die Bundesregierung hofft trotz des starken Abschneidens der Rechtsextremen auf eine weiter enge Zusammenarbeit in Paris. "Wir arbeiten eng und vertrauensvoll mit Frankreich, unserem wichtigsten Partner in Europa, zusammen", sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. "Und so soll es nach unseren Vorstellungen auch bleiben."

Weiter wollte Hebestreit das Wahlergebnis nicht kommentieren. Die Bundesregierung warte jetzt ab, was der zweite Wahldurchgang ergebe, sagte er. Davor werde sich die Bundesregierung "nicht eingehender äußern".

Rückzug drittplatzierter Kandidaten könnte zweiten Wahlgang beeinflussen

FDP-Politikerin Westig hofft im zweiten Wahlgang auf die sogenannten Dreieckswahlen in Wahlkreisen, in denen drei oder mehr Kandidatinnen in den zweiten Wahlgang eingezogen sind. Vor diesem Hintergrund könnten "mögliche Rücktritte oder die Aufrechterhaltung von Kandidaturen – je nach Parteistrategie – das Bild noch erheblich verändern", sagte Westig. Linke und Liberale hatten für den zweiten Wahlgang einen taktischen Rückzug drittplatzierter Kandidaten angekündigt.

Laut offiziellem Endergebnis hat der RN bei den Parlamentswahlen am Sonntag ein Drittel der Stimmen erhalten und wurde stärkste Kraft. Dahinter landete mit 28 Prozent das linke Wahlbündnis Neue Volksfront. Das liberale Mittelager von Macron kam auf 20 Prozent der Stimmen.

Am zweiten Wahlgang dürfen die zwei Erstplatzierten des ersten Wahlgangs und alle Kandidaten teilnehmen, die mindestens 12,5 Prozent der Stimmen erhalten haben. Kandidatinnen mit absoluter Mehrheit im ersten Wahlgang sind bereits gewählt.