Die EU-Kommission hat den Weg für Defizitverfahren gegen Italien, Frankreich und fünf weitere EU-Länder geebnet. In ihrem Budgetbericht kommt die Kommission zu dem Schluss, dass diese Staaten durch eine exzessive Neuverschuldung gegen die europäischen Schuldenregeln verstoßen. Mit dieser Begründung sehe sie die Einleitung eines Defizitverfahrens gegen Belgien, Frankreich, Italien, Ungarn, Malta, Polen und die Slowakei als gerechtfertigt an, teilte die Kommission mit.

Diese Empfehlung muss im Juli von den EU-Finanzministern noch gebilligt werden, dies gilt aber als reine Formalie. Im November wird die EU-Kommission dann Vorschläge dazu vorlegen, wie schnell das Defizit gesenkt werden soll.

Französischer Finanzminister warnt vor finanzieller Destabilisierung durch Neuwahlen

Insbesondere für Frankreich kommt die Ankündigung zu einem schwierigen Zeitpunkt. Präsident Emmanuel Macron hatte durch die Ankündigung von Neuwahlen Turbulenzen an den Finanzmärkten ausgelöst, da über einen Sieg der europaskeptischen Rechten bei der Parlamentswahl spekuliert wird. Finanzminister Bruno Le Maire warnte davor, dass das Land im Zuge der Neuwahlen in eine Finanzkrise geraten könnte.

Sorge bereitet den EU-Kommissaren zudem die Lage in Italien. Unter der Regierung der Rechtskonservativen Giorgia Meloni verzeichnete das Land 2023 mit 7,4 Prozent des BIP die höchste Neuverschuldung in der Union. In diesem Jahr dürfte das Defizit laut Kommission zwar auf 4,4 Prozent sinken, danach aber wieder ansteigen. Die Gesamtverschuldung Italiens ist mit rund 140 Prozent die zweithöchste der EU nach Griechenland. Frankreich kommt auf über 110 Prozent.

Die Defizitverfahren waren wegen der Coronakrise sowie der Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine zuletzt ausgesetzt. Ende April war dann der reformierte EU-Stabilitätspakt in Kraft getreten. Dieser erlaubt den Mitgliedern eine Neuverschuldung von maximal drei Prozent sowie eine Gesamtverschuldung von 60 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung. Die Bundesregierung setzte zudem verbindliche Ziele zum Schuldenabbau durch.

Den sieben nun verwarnten Ländern drohen mit den Defizitverfahren im äußersten Fall hohe Geldbußen. In der Vergangenheit wurden solche Sanktionen allerdings nie verhängt.

Auch Deutschland verletzt Schuldenregel

Nach Angaben der Kommission haben insgesamt zwölf EU-Staaten die Obergrenze für dieses Defizit im vergangenen Jahr nicht eingehalten oder werden diese laut Prognose in diesem Jahr übertreten. 

Dass nur gegen sieben Länder neue Verfahren eingeleitet wurden, liegt daran, dass die Kommission verschiedene Faktoren berücksichtigt. Dazu gehört etwa, ob das Übertreten der Defizitgrenze nur sehr gering ist, aufgrund besonderer wirtschaftlicher Umstände als außergewöhnlich gilt, oder auch, ob mehr Investitionen in Verteidigung getätigt wurden. 

Für Deutschland wird in diesem Jahr eine Defizitquote von 1,6 Prozent erwartet, allerdings überschreitet die Gesamtverschuldung die 60-Prozent-Obergrenze der EU. Die Kommission rügte deshalb das fiskalische "Ungleichgewicht" in der Bundesrepublik.