In zahlreichen europäischen Ländern wird Amnesty International zufolge die Versammlungsfreiheit eingeschränkt und durch staatliche Maßnahmen teilweise unterdrückt. Friedliche Demonstrantinnen und Demonstranten würden vielerorts überwacht, kriminalisiert und angegriffen, heißt es in einem Bericht der Menschenrechtsorganisation. Auch in Deutschland wurden demnach Protestierende stigmatisiert und Versammlungen verboten.

Die Einschränkungen friedlicher Proteste erfolgen dem Bericht zufolge auf unterschiedliche Weise. Weit verbreitet ist demnach übermäßige Polizeigewalt gegenüber Demonstranten. In 13 Ländern, darunter auch Deutschland, wurde zudem eine fehlende Rechenschaftspflicht der Polizei festgestellt.

Datenspeicherung und Gesichtserkennung

Auch wurden in den untersuchten Ländern zunehmend Technologien zur Überwachung von Demonstrantinnen eingesetzt und Daten gespeichert. Laut Amnesty International wurden etwa Systeme zur Gesichtserkennung angewandt, was dem Bericht zufolge einer Massenüberwachung gleichkommt.

Weiter kritisierte die Menschenrechtsorganisation eine verbreitete Kriminalisierung von Aktivistinnen und Protestierenden. So seien etwa in Deutschland, Italien, Spanien und der Türkei Klimaaktivisten von Behörden als "Ökoterroristen" und "Kriminelle" bezeichnet worden. Zudem seien Maßnahmen zur Bekämpfung organisierter Kriminalität und terrorismusbezogene Gesetze gegen diese Gruppen zum Einsatz gekommen.

Demoverbote und Schikanen durch Behörden

In vielen europäischen Ländern wird dem Bericht zufolge auch zwischen verschiedenen Protestbewegungen und Anliegen unterschieden. Als Beispiel führt Amnesty International Demonstrationen der LGBTQI+-Gemeinschaft etwa in Polen oder in der Türkei auf, die in diesen Ländern einem erhöhten Maß an Einschränkungen und Schikanen seitens der Behörden ausgesetzt sind.

Europaweit wurden demnach auch besonders nach dem Beginn des Gaza-Kriegs am 7. Oktober vergangenen Jahres propalästinensische Proteste eingeschränkt und teilweise komplett verboten. In mehreren der untersuchten Länder wurden laut Amnesty bestimmte Gesänge und Symbole auf solchen Protesten verboten und das Verbot gewaltsam durch die Polizei durchgesetzt. In Berlin wurden den Angaben zufolge außerdem Demonstrationen am palästinensischen Nakba-Gedenktag am 15. Mai in den Jahren 2022 und 2023 bereits vorab behördlich verboten.

Amnesty: "protestfeindliches Umfeld"

"Überall in Europa werden Menschen, die friedlich protestieren, von den Behörden verunglimpft, behindert oder unrechtmäßig bestraft", sagte die Generalsekretärin von Amnesty International Deutschland, Julia Duchrow. Regierungen schafften ein "protestfeindliches Umfeld", das eine ernsthafte Bedrohung für Demonstranten darstelle. Die Recherchen ihrer Organisation zeichneten ein "zutiefst beunruhigendes Bild eines europaweiten Angriffs auf die Versammlungsfreiheit". Die Staaten in ganz Europa müssten ihr Vorgehen überdenken, forderte Duchrow. "Sie sollten Proteste erleichtern und schützen, anstatt sie zu unterdrücken."

Die Daten waren von Amnesty International zwischen Dezember 2022 und November 2023 in 21 europäischen Ländern erhoben worden: Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Luxemburg, die Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, die Schweiz, Serbien, Slowenien, Spanien, die Tschechische Republik, Ungarn, die Türkei und Großbritannien.