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Tennis Michael Stich

„Sampras könnte heute noch Wimbledon gewinnen“

Michael Stich, ehemaliger Tennisspieler, ist jetzt TV-Experte Michael Stich, ehemaliger Tennisspieler, ist jetzt TV-Experte
Michael Stich, ehemaliger Tennisspieler, ist jetzt TV-Experte
Quelle: picture alliance/dpa/Sven Hoppe
Am Montag startet der Rasen-Klassiker Wimbledon. Michael Stich gewann das Turnier 1991 gegen Boris Becker. Im Interview verrät er, wer auf seine Favoriten-Liste steht. Und warum Pete Sampras auch auf dem Belag auch heute noch erfolgreich wäre.

Nach 33 Jahren ist Michael Stich immer noch Deutschlands letzter Wimbledon-Sieger im Herren-Einzel. 1991 schlug er Boris Becker in drei Sätzen im Finale des wichtigsten Tennis-Turniers der Welt. Jetzt fängt der 55-Jährige als TV-Experte bei Prime Video an. Die Amazon-Plattform überträgt ab 1. Juli das Turnier. Unser Reporter hat vor dem Start mit der Tennis-Legende gesprochen.

Frage: Herr Stich, mit Ihrem Triumph 1991 sind Sie 33 Jahre später weiterhin der letzte Deutsche, der den Wimbledon-Titel im Herren-Einzel gewonnen hat. Hätten Sie gedacht, dass die Wartezeit so lange sein würde?

Michael Stich: Ich hätte mir gewünscht, dass ich nach 1991 dort noch einmal gewinne. Dann wäre auch die Zeitspanne kürzer (lacht). Tommy Haas war 2009 dicht dran (Halbfinale; d. Red.). Ich glaube, in dieser Generation wäre vom Potenzial her auch mehr möglich gewesen. Selbstverständlich würde man sich wünschen, dass es jedes Jahrzehnt einen deutschen Sieger gibt. 33 Jahre sind eine verdammt lange Zeit.

Frage: Wie hat sich das Tennis in Wimbledon seit Ihrem Sieg 1991 verändert? Seit 2001 wird ja auf einer anderen Rasenmischung gespielt.

Stich: Ich glaube, dass ein Rafael Nadal mit seiner Art Tennis zu spielen zu unserer Zeit Wimbledon nicht gewonnen hätte. Der Belag ist langsamer geworden, und damit hat sich die Spielweise verändert: Es wird sehr viel mehr von der Grundlinie gespielt. Serve-and-Volley ist nicht mehr so präsent. Früher war Andre Agassi die große Ausnahme, der als Grundlinienspieler in Wimbledon bestehen konnte.

Frage: Ist Serve-and-Volley heute nicht mehr möglich?

Stich: Doch, es wäre noch möglich. Es muss sich nur jemand trauen. Ich bin davon überzeugt, Pete Sampras zu seinen besten Zeiten könnte heute genauso Wimbledon gewinnen wie vor 25 oder 30 Jahren.

1997 Wimbledon Championship in London
Pete Sampras 1997
Quelle: picture alliance/Robert Maximov/TASS

Frage: Eigentlich dürfte diese neue Art des Rasentennis Alexander Zverev besser liegen. Trotzdem kam er in Wim­bledon nie weiter als ins Achtelfinale. Was trauen Sie ihm dieses Jahr zu?

Stich: Gerade nach seinem Erfolg bei den French Open sollte er so viel Selbstvertrauen haben, dass er weiß, dass er auch in Wimbledon weit kommen kann. Es ist immer eine Frage des Kopfes. Obwohl sich das Tennis auf den drei Belägen inzwischen mehr ähnelt, bleibt das Rasentennis immer noch besonders. Darauf muss man sich einlassen. Es ist etwas, was viele Spieler wie auch Zverev besser umsetzen müssten und nicht nur sagen: Das ist eh nicht mein Belag. Es reicht dort nicht, nur einen guten Aufschlag zu haben. Man muss auch den Rest des Spiels auf den Platz bringen.

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Frage: Bei Zverev ist der Volley ein Dauerthema. Wäre dies der Schlüssel zum Grand-Slam-Turniersieg?

Stich: Mein Ziel war es immer, jeden Schlag zu verbessern. Bei ihm ist dies in erster Linie sicher sein Volley-Spiel. Das gilt für die gesamte aktuelle Generation. Sie alle haben – provokant gesagt – das Volley-Spiel nicht unbedingt erfunden. Zverev sollte die Volleys so in sein Spiel integrieren, dass sie einen Mehrwert darstellen. Das heißt nicht, dass er immer den schweren Volley versuchen muss, es geht vielmehr um die Einstellung, den Gegner zu zwingen, Passierbälle zu schlagen, was wiederum eine Fehlerquelle beinhaltet. Alexander hat lange Arme, ist ein groß gewachsener Kerl. Allein seine Präsenz am Netz ist einschüchternd genug.

Tennis: ATP-Tour - Halle/Westfalen
„Zverev sollte die Volleys so in sein Spiel integrieren, dass sie einen Mehrwert darstellen“, sagt Stich
Quelle: dpa/David Inderlied

Frage: Carlos Alcaraz hat mit 21 als jüngster Spieler aller Zeiten Grand-Slam-Turniere auf allen drei Belägen gewonnen. Was macht ihn so gut?

Stich: Zum einen ist es seine Energie und seine Bereitschaft, sich bis zum letzten Ball zu quälen. Mit seiner mentalen Stärke – diesem Glauben an sich selbst – hebt er sich von den anderen ab. Ohne Frage hat er mit Juan Carlos Ferrero einen tollen Coach, der ihm das sicherlich sehr gut vermitteln kann, weil er selbst ein Grand-Slam-Turniersieger ist. Und er hat ein tolles Vorbild mit Rafael Nadal, der ihm gezeigt hat, wie man es machen kann.

Frage: Wer sind Ihre Favoriten?

Stich: Alcaraz natürlich, auch Jannik Sinner. Er hat die Australian Open gewonnen und war in Paris im Halbfinale. Dazu Novak Djokovic, falls er wieder fit ist. Zum Favoritenkreis zähle ich aber auch Zverev, Daniil Medvedev, Andrey Rublev und Stefanos Tsitsipas. Für mich ist ein Außenseiter, wenn er alles zusammenbringt, Jan-Lennard Struff. Er ist für jeden sehr unangenehm zu spielen: mit gutem Aufschlag, und er kann Serve-and-Volley.

Frage: Djokovic verletzte sich bei den French Open am Meniskus, musste operiert werden. Für einen 37-Jährigen eine schwierige Blessur.

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Stich: Ja, das ist natürlich eine Abnutzung nach 20 Jahren als Profi auf der Tour. Ich bin gespannt, was das mit ihm machen wird. Djokovic merkt jetzt, dass er nicht unkaputtbar ist. Es ist das erste Mal in seiner Karriere, dass er feststellt, dass es auch bei ihm Grenzen gibt. Das bewirkt natürlich auch etwas bei den Gegnern, weil sie diese Schwäche bei ihm sehen und im Kopf haben werden.

Frage: In Wimbledon gibt es um 23 Uhr eine Sperrstunde, bei den French und US Open wurde bis weit in die Nacht gespielt. Was halten Sie davon?

Stich: Die Night Session gehört schon lange dazu, allerdings sind die Matches heute tendenziell wesentlich länger als zu meiner Zeit. Heute kann ein Drei-Satz-Match bei den Herren auch mal vier Stunden dauern. Diese Längen muss man beim Spielplan berücksichtigen. Es ist sicherlich nicht im Sinne der Spieler, Zuschauer, des Turniers und der Fernsehsender, wenn man bis 2.30 Uhr nachts spielt. Es ist eine Form von Wettbewerbsverzerrung, die es auch in anderen Bereichen gibt.

Frage: Zum Beispiel?

Stich: Es ist nicht in Ordnung, dass bei vielen Turnieren nur auf den Hauptplätzen das elektronische Linienrichtersystem Hawk-Eye eingesetzt wird, aber auf den Nebenplätzen nicht. Es sollte gleiche Bedingungen für alle geben.

Frage: Sie sind als Experte erstmals für Prime Video vor Ort. Was reizt Sie an der Aufgabe?

Stich: Ich finde es spannend, mit Prime Video gemeinsam etwas Neues zu entwickeln. Dort ist man offen, Dinge anders zu machen. Ich habe große Lust, meine Expertise einzubringen.

Das Interview wurde für das Sport-Kompetenzcenter (WELT, SPORT BILD, BILD) geführt und zuerst in SPORT BILD veröffentlicht.

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