Im EM-Spiel der deutschen Gruppe A zwischen Ungarn und Schottland ist es am Sonntagabend zu einem besorgniserregenden Zwischenfall gekommen. Nach einem Freistoß der Ungarn Mitte der zweiten Halbzeit blieb der ungarische Stürmer Barnabas Varga regungslos am Boden liegen. Spieler schirmten den 29-Jährigen ab.
Über seinen Gesundheitszustand wurde zunächst nichts bekannt. Unmittelbar nach dem späten 1:0-Sieg der Ungarn gab es vom ungarischen Verband dann aber Entwarnung. Der Spieler sei ansprechbar und auf dem Weg ins Krankenhaus. Eine halbe Stunde nach dem Spiel erklärte Vargas Trainer, dass sich sein Spieler den Wangenknochen gebrochen habe.
Während für das ungarische Team noch die Hoffnung auf den Achtelfinale-Einzug besteht, ist für Varga die EM vorbei. Das sagte Trainer Marco Rossi nach dem 1:0-Sieg über die Schotten. Varga habe eine Gehirnerschütterung und mehrere Brüche im Gesicht erlitten und müsse höchstwahrscheinlich operiert werden, hieß es in der Nacht zu Montag in einem weiteren Post des Verbandes auf der Plattform X.
Was zunächst wie ein böser Zusammenprall mit dem schottischen Torwart Angus Gunn aussah, schien aus anderen Gründen zu Krämpfen bei dem Ungarn geführt zu haben. Nach der Freistoßflanke hatte sich Vargas Körperhaltung bereits in der Luft – scheinbar ohne großen Kontakt – verändert.
Fotos zeigten aber die Wucht des Aufpralls von Vargas Kopf mit dem Oberarm des schottischen Torwarts.
Seine besorgten Mitspieler forderten danach sofort Hilfe an und bewegten ihn vorsichtig auf die Seite. Ordner hängten den Unglücksort anschließend eilig mit Decken als Sichtschutz ab.
„Ich war einer der ersten, die da waren. Ich war sehr schockiert und habe probiert, ihn auf die Seite zu legen. Er wollte versuchen, sich aufzustellen. Aber er bekam nicht genug Luft. Wir sagten ihm, er solle liegenbleiben“, sagte Kapitän Dominik Szoboszlai später und übte Kritik an der Geschwindigkeit der Einsatzkräfte: „Ich bin nicht in der Position das zu entscheiden, aber das war nicht gut. Wir müssen das schneller machen, viel schneller. Jede Sekunde zählt.“ Das war ihm offenbar auch schon auf dem Platz klar.
„Ich habe keine Ahnung, was mit dem Protokoll ist, ob die Leute nicht auf den Platz laufen dürfen, wenn wir Hilfe brauchen. (...) Wir müssen daran etwas ändern,“ sagte der Ungar weiter. Direkt nach dem Unglück war zu sehen, wie der ehemalige Leipziger Spieler einer der Hilfskräfte die Trage aus der Hand riss, um sie schneller zu seinem Mannschaftskollegen zu bringen.
Die Sanitäter legten den Spieler dann auf eine Trage und transportierten ihn umgehend und unter dem Applaus schottischer und ungarischer Fans aus dem Innenraum des Stadions. Der Verunfallte war dabei nicht zu erkennen. Bei den Feierlichkeiten nach Schlusspfiff war sein Trikot mit der Nummer 19 im Mittelpunkt.
Erinnerung an Eriksen
Viele Zuschauer waren schockiert. Einige Mannschaftskollegen wie Liverpools Szoboszlai hatten Tränen in den Augen. Die Szene erinnerte an den Dänen Christian Eriksen, der bei der EM 2021 nach einem Herzstillstand auf dem Spielfeld liegengeblieben war.
Als die Partie kurz darauf wieder angepfiffen wurde, gab es zunächst Pfiffe, wohl aufgrund der Entscheidung, die Partie ohne Pause und Kenntnis des Gesundheitszustands fortzusetzen. Varga hatte beim 1:3 gegen die Schweiz den einzigen Turniertreffer Ungarns erzielt. Er steht bei Ferencvaros Budapest unter Vertrag. Die EM dürfte für ihn beendet sein. Seine Mannschaft darf dagegen auf mindestens ein weiteres Spiel hoffen.
Alle Spiele der Heim-EM im Überblick:
Spielplan der EM 2024 mit allen Ergebnissen
EM-Spielplan als PDF zum Ausdrucken