Schockmoment während des Spiels, große Gesten nach dem Abpfiff. Ungarn und Schottland lieferten sich das bisher dramatischste Spiel dieser Fußball-Europameisterschaft. Die Konsequenz: Ungarns Fußballer dürfen nach einem Last-Minute-Treffer doch noch auf ein Weiterkommen hoffen, bangen aber um ihren Stürmer Barnabás Varga.
Beim 1:0 (0:0) gegen die „Bravehearts“ wurde der 29-Jährige von Ferencváros Budapest am Sonntagabend in Stuttgart hinter Decken als Sichtschutz vom Rasen getragen. Varga war nach einer Freistoßflanke ohne großen Kontakt mit Torhüter Angus Gunn bewegungslos auf dem Platz liegengeblieben.
Nach Informationen von Magenta TV war er noch vor Schlusspfiff ansprechbar und auf dem Weg ins Krankenhaus. Sein Trainer erklärte später, Varga habe sich einen Wangenknochen gebrochen.
Ungarns Trainer Marco Rossi erklärte nach dem Sieg, dass für Varga für weitere EM-Einsätze nicht mehr infrage käme. Der ungarische Verband teilte derweil in der Nacht zu Montag auf der Plattform X mit, Varga habe eine Gehirnerschütterung und mehrere Brüche im Gesicht erlitten. Höchstwahrscheinlich müsse er operiert werden.
Die Nachspielzeit rettet Ungarn
In der 10. Minute der Nachspielzeit einer packenden Schlussphase traf dann aber Kevin Csoboth zum 1:0 und erlöste damit die Ungarn – wenigstens in sportlicher Hinsicht.
Varga hatte das zuvor einzige Turniertor der Ungarn beim 1:3 gegen die Schweiz erzielt. Der Vorfall in der 68. Minute rückte das sportliche Geschehen aber in den Hintergrund.
Nach der Partie widmeten die Spieler den Sieg ihrem Mannschaftskollegen und zeigten das Trikot von Varga. Kapitän Dominik Szoboszlai zog sich ein Trikot Vargas über.
Für die Schotten und ihre nimmermüden Fans ist die EM-Party nach der Vorrunde dagegen wieder zu Ende. Nach dem letzten Spieltag der Gruppe A haben die Schotten nur ein Pünktchen und dürfen sich im Gegensatz zu den Ungarn (3) keine Hoffnungen mehr machen, als einer der vier besten Tabellendritten doch noch ins Achtelfinale einzuziehen.
In der Warteschleife sind die Ungarn um Liverpool-Star Dominik Szoboszlai, die vor 54.000 Zuschauern lange enttäuschten, aber ihre letzte Chance nutzten. „No Scotland, no party“, sangen die Fans der Schotten lange unbeirrt, nun müssen die Spieler von Trainer Steve Clarke aber abreisen.
Schon bei den vorherigen drei EM-Teilnahmen war die schottische Mannschaft nicht über die Gruppenphase hinausgekommen. Nach der 1:5-Auftaktniederlage gegen Gastgeber Deutschland hatte sie 1:1 gegen die Schweiz gespielt. Die Ungarn haben nun wie zuletzt 2016 noch Hoffnungen aufs Achtelfinale.
Unentschieden verboten hieß es für die beiden bis dato sieglosen Teams. Vor den Augen ihrer Trainerlegende Sir Alex Ferguson legten die Schotten wild los und drängten die Ungarn gleich mal in die Defensive. Große Hoffnungen legten sie in Scott McTominay von Manchester United, der sieben Tore in acht Qualifikationsspielen erzielt hatte.
Späte Erlösung für Ungarn
Doch spielerisch ging sehr, sehr wenig auf beiden Seiten. Der argentinische Schiedsrichter Facundo Tello hatte alle Hände voll zu tun, dass die leidenschaftlich geführten Zweikämpfe einigermaßen im Rahmen blieben. Auf Ungarns Seite lief die Partie zunächst an Offensiv-Star und Kapitän Szoboszlai vorbei. Der Ex-Leipziger konnte in der ersten Halbzeit kaum Akzente setzen gegen die defensiv ausgedünnten Schotten.
Ungarns Trainer Marco Rossi setzte wieder auf viel Bundesliga-Power mit Péter Gulácsi im Tor sowie dessen Leipziger Kollege Willi Orbán, Márton Dárdai von Hertha BSC, András Schäfer von Union Berlin und dem Freiburger Roland Sallai in der Startelf. Erst nach einer halben Stunde starteten die Magyaren vielversprechende Angriffe. Ein Freistoß von Szoboslai hätte dann fast zum 1:0 geführt – der heranstürmende Orbán köpfte aber auf die Latte.
Nach den Niederlagen gegen die Schweiz (1:3) und Deutschland (0:2) versuchten die Ungarn nach der Pause immer verzweifelter, sich auf ihre fußballerischen Möglichkeiten zu besinnen. Die Begegnung aber blieb auf schwachem Niveau, auch wenn die Anhänger beider Kontrahenten einen Höllenlärm veranstalteten. Erst vergab Szoboszlai kurz vor Schluss eine Riesenchance zur Führung, Csoboth traf in der Nachspielzeit dann den Pfosten – und erlöste die ungarischen Fans in Stuttgart schließlich doch noch.
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